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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Hann, Pauline: Herbstausstellungen in New York
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0182

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Herbstausstellungen in New Hork. von j). Hann.

,zg

Gerbstau^stellungen in Mein Aork.

von p. Hann.

^Alljährlich, wenn unsere reichen Kunstgönner von ihren
Landsitzen nach New Jork zurückkehren, öffnen sich
für wenige Wochen die seit dem Frühjahre festverschlossenen
Thüren unserer Ausstellungsgebäude —, es ist der Weih-
nachtsmarkt der Kunst. Gewöhnlich drückte der Zweck
dieser Herbstausstellungen ihnen auch seinen Stempel auf,
leichtverkäufliche Dutzendware hing an den Wänden, die
ödeste Mittelmäßigkeit machte sich breit. Und dies während
die Kunsthandlungen gerade zur Weihnachtszeit die treff-
lichsten Sonderausstellungen veranstalteten und demgemäß
auch den Löwenanteil an den
Verkäufen der Kunstwerke
davontrugen. Mit einigem
Mißtrauen hatte man sich ge-
wöhnt, um diese Jahreszeit
in die Säle der Akademie und
zu den „Artits" zu gehen. In
diesem Jahre des Heiles fand
man sich nun auf die ange-
nehmste Weise enttäuscht. Wäh-
rend die bedeutenderen unter
unfern Künstlern den letzten
Herbstausstellungen fern blie-
ben, hatten sie, einsehend, daß
es so nicht weiter ginge und
daß ein so niedriges, künstle-
risches Niveau Besucher und
Käufer für immer zu ver-
scheuchen vermöge, sich Heuer
eifrig und mit Bedeutung be-
teiligt, und eine strenge und
gewissenhafte Aufnahmejury
hatte den halb dilettantischen
Beiträgen von ehemals ener-
gisch die Thüre gewiesen. Das
Ergebnis ist nun, wenn auch
nicht Epoche machend, das
Knnstleben durch das Ein-
schlagen einer neuen Richtung
umgestaltend — was man wohl
von keiner Akademie der Welt und am wenigsten
von der Amerikas erwarten darf — so doch äußerst be-
friedigend und harmonisch. Das Figurenbild überwiegt,
und auch in diesem Jahre haben sich die Elendmaler
ferngehalten, das „Friede auf Erden und den Menschen
ein Wohlgefallen" fordert dringend freundliche, sonnige
Scenen, der Weihnachtsmarkt verschließt sich energisch
gegen alle sozialen Probleme. Da muß man es Gilbert
Gaul Dank wissen, daß er mit seinem dramatischen
Sittenbild „Auswechslung der Gefangenen" nahe an die
Größe eines Historienbildes hinanreicht. Das Bild
schildert eine Episode aus dem indianischen Grenzkriege.
Zwei Häuptlinge stehen inmitten einer Gruppe von
Soldaten der Bundesarmee vor einem befestigten Block-
hause, in dessen Innern man verwundete, erschöpfte Krieger
sieht, einer der Indianer im Vordergründe ruft seinen
unsichtbaren Gefährten die Botschaft zu, die ein Soldat
mit einer weißen Flagge erläutert. Das Bild ist lebendig,
trefflich in der Komposition und Zeichnung — aber hart
und kalt in der Farbe. Besser in dieser Hinsicht ist

Earles „Studium der Karte", zwei Schiffsoffiziere, in
enger Kabine, beleuchtet von der Lampe und in die Karte
vertieft. Louis Möllers „Unentschieden", eine Poker-
partie, ist frisch und voll Energie und guter Charakteristik.
Satterlees „Spanischer Schmuggler" strotzt von Leben.
Die Negerbilder Roselands, die mit Humor und Grazie
Vorgänge aus dem Kleinleben der Farbigen schildern,
Moslers lichterfüllte Sittenbilder, ein sehr feines kleines
Gemälde von Percy Moran „Im Vorhof einer alten
Kirche", das von Fortuny stammen könnte, lassen die

Ausstellung gerade auf einem Gebiete, das sonst in New
Jork ziemlich vernachlässigt wird, reichhaltig und gediegen
erscheinen. Aber die-Perle derselben ist ein Gemälde,
von dem mir unentschieden blieb, ob es ein Porträt oder
ein Genrebild sei, es trägt die Bezeichnung „Der Schau-
spieler" und zeigt uns einen Mann mit scharsgeschnittenem
Gesichte in das Studium einer Rolle vertieft. Carroll
Beckwith, einer unserer besten Porträtmaler, hat nie
ein lebenswahreres, charakteristischeres Bild ausgestellt.
Bewunderung erregt Sargents Porträt des großen Im-
pressionisten Monet, im Profil und nur der Kopf, der
sich durchgeistigt vom dunkeln Hintergründe abhebt. Rehn
hat zwei Marinebilder, von welchen besonders eines, das
Meer nach dem Sturme, durch Größe der Auffassung
wirkt. Der Vizepräsident der Akademie James Hart
ist mit einem räumlich und künstlerisch großen Tierstück,
„Kühe nach einem Regenschauer im Walde", glänzend ver-
treten. Dieses bedeutende Bild, das die feuchte schwere
Atmosphäre trefflich wiedergiebt, ist eines der nicht allzu
zahlreichen dieser Ausstellung, das für einen bedeutenden


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