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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Lichtwark, Alfred: Die fünfte internationale Ausstellung von Amateurphotographien in Hamburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0191

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1^6 Die fünfte internationale Ausstellung von Ainateurpbotographien in Hamburg.

graphen fand in ihrem Borstande opferbereite Liebhaber, die die erheblichen zu einer Propaganda über alle
Kulturländer unumgänglichen Geldmittel spendeten, und in Herrn E. Juhl einen Leiter der Ansstellungs-
angelegenheiten von seltener Umsicht und Thatkrast. Die Kommission für die Verwaltung der städtischen
Galerie erkannte in dem Unternehmen ein starkes Mittel zur Förderung der künstlerischen Selbsterziehung;
denn daß die Amateurphotographie eine ganz außerordentliche Verbreitung gewonnen hatte, lehrte der Augen-
schein und daß, wenn es gelänge, die neue Liebhaberei künstlerischen Zielen entgcgenzuführen, die dadurch
geförderte Bildung der höheren Kunst den Boden bereiten würde, ließ sich voraussehen.

Aus diesen Gründen bewilligte die Verwaltung der Galerie die Räume für die Ausstellung. Sehr
zur Verwunderung derer, die den Zusammenhang zwischen den Interessen der Amateurphotographie und der
Gemäldegalerie nicht ohne weiteres wahrzunehmen imstande waren.

Die Ausstellung, die als eine Heerschau der vorhandenen Kräfte angelegt war, hat in Hamburg und
durch die Teilnehmer an dem zur Eröffnung cingeladenen Kongreß von Vertretern deutscher Vereine für ganz
Deutschland und darüber hinaus die nachhaltigsten Anregungen gegeben. Ans einen Vorschlag der Hamburgischen
Gesellschaft wurde als Vorort für die nächste Ausstellung die Reichshauptstadt gewühlt.

Was wir alles in dieser Zeit gelernt haben, läßt sich mit kurzen Worten kaum andcuten. Der erste
Eindruck hatte etwas Beschämendes: in England, in Amerika, in Frankreich war mau erheblich weiter als
bei uns. Die ausländischen Amateure kannten den Albumindruck, der bei uns die Herrschaft hatte, nicht mehr.
Ihre Platindrucke trugen einen weit künstlerischeren Charakter allein durch die zarteren Farbentöne. Es war
nicht schwer zu erkennen, daß diese Technik der Photographie erst eigentlich das dekorative Gebiet erschloß.
Man konnte die besten Werke ohne Furcht in einem feingestimmtcn Wohnzimmer an die Wand hängen. Die
Ausländer verwendeten die Photographie offenbar in diesem Sinne, denn ihre Einsendungen waren eingerahmt,
während die Deutschen fast ausnahmslos ihre Ausnahmen ungerahmt gelassen hatten, lind welcher Geschmack
war bei den Franzosen, Engländern und Amerikanern ans die Toilette der Photographie verwendet. Rahmen,
Kartons verrieten eine kritische und schaffende Sorgfalt, von der sich die Deutschen noch nichts träumen ließen,
die fast ausnahmslos einen tristen, magern, grauen Karton verwendeten, der noch mit allerlei albernen, jede
Form im Bilde vernichtenden Ornamenten überladen war.

Aus der Ausstellung von 1893 und den seither in Hamburg, Berlin und Leipzig abgehaltenen be-
obachteten wir die — freilich nur im ersten Moment als neue Erkenntnis überraschende — Thatsache, daß es

in der Amatenrphotographie ausgesprochene nationale
Schulen gäbe, gerade wie in der Kunst.

Die Holländer photographierten mit den Augen
ihrer großen heimischen Künstler. Israels, vor allem
aber Mauve, hatten sie die heimische Landschaft, den
heimischen Menschen sehen gelehrt, ihr Umfang deckte sich
mit dem der holländischen Kunst. Sie suchten den Bauer
und Hirten auf dem Felde, den Gärtner im Garten, den
Schisser und Fischer am Strande auf oder fuhren mit
ihm aufs Meer hinaus, sie besuchten an sonnigen Tagen
die alten Frauen in ihren behaglichen Stuben und stu-
dierten sie, wie sie bei der Handarbeit am Fenster saßen.
Das Leben der Gesellschaft dagegen mieden sie, die Stadt
schien ihnen zuwider zu sein.

Bei den Franzosen war die Schule von Barbizon
die große Anregern: der Landschaftsphotographen, Corot
voran. In seinem Sinn suchten die Liebhaber die Ufer
der nordfranzösischcn Flüsse zu studieren, und mit Millct
im Herzen beobachteten sie den Bauern. Aber ihr Gebiet
reichte weiter. Es umfaßte das ganze Leben der Pariser
Gesellschaft, und sie suchten sogar phantastische und sym-
bolistische Stoffe zu gestalten, indem sie berühmte Modelle
als Nymphen und Nixen in der phantastischen Beleuchtung
einer Fclsengrotte aufnahmen — oft mit sehr großem Ge-
schmack —, oder indem sie sich durch Motive von Boucher
inspirieren ließen. Andere folgten den Pfaden der fran-
zösischen Orientmaler in Algier, und ihre Aufnahmen sind
den Bildern der großen Orientmalcr oft erstaunlich ver
Siudienkopf TI,. «scor yofmoister (kMnl'urgi wandt. Bor allem aber bildete das Weib in allen seinen
 
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