Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

DOI article:
Vincenti, Carl Ferdinand von: Das Debüt der Wiener Secession
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0317

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Das Debüt der Wiener Secession.

250

>LS7

ES tI!^L
"INEiEdl ,7^ /

^NlStM I_NNL1tI'Vlö1öc!

stummem Jammer
über den Toten
beugt, ist erschüt-
ternd. Rodin, des
Vorgenannten
Landsmann, sein
jauchzender Anti-
pode, sei hier an-
geschlossen. Seine
Kunst ist Anmuts-
lust, so ganz anders,
Meisterin der unge-
bundenen Bewe-
gung, im Verwe-
genen noch Beherr-
scherin der Grazie.
Göttergeschichtliches
behandelt Rodin mit
meisterlicher Frei-
heit. Seine Bronze-
büste und die Modell-
fragmente zum Vic-
tor Hugo-Denkmal
wirken echt monumental. Mit ihm teilen sich in ein
Sonderkabinett die Pariser Charpentier mit ausdrucks-
vollen Plaquetten und Reliefs in Bronze und Silber,
sowie farbig gepreßten Lithographien, Vallgreen
(Bronzen), Carabin (Serpentintänzerinnen in Bronze,
trotz der Stilwidrigkeit fesselnd), Dampt (Kinderköpfe).
Eine bevorzugte Stellung nimmt im Apsissaale der Pariser
Bartholome mit seinem erschütternden Fragment zum
„Denkmal der Toten" für den Pere-Lachaise ein. Nicht
vergessen sei auch die lebensvolle Büste des Fürsten
Troubetzkoy, welche den Prachtkopf Segantinis darstellt.

Die Fernand Khnopff-Ausstellung umfaßt 21 Num-
mern. Khnopff, ein Mann von 39 Jahren, ist bekannt-
lich Gründer des „Zwanziger-Clubs" in Brüssel. Der
große Haufe stutzt vor der auf sich selbst beruhenden,
vielseitigen Kunst dieses Abseitsgehers, den Kenner aber
läßt der belgische Mystiker nicht mehr los. Sinnbild-
maler, Landschafter, Marmorbildner, Pastellist, Zeichner,

Dekorateur, allemal
ist Khnopff ein merk-
würdig interessanter
Künstler voll Ge-
schmack, Phantasie
und Vertiefung. Man
wird vielleicht nicht
sogleich alles ver-
stehen, aber selbst
schwer Zugängliches,
was seiner Eingebung
entquillt, übt unwider-
stehlichen Reiz. Sein
Oelgemälde „Lieb-
kosung" (Leoparden-
weib einen Jüngling
mit schmeichelnder
Kralle anziehend) ist
eines der beredtesten
Werke der Secession.
... - ° , Und dann welcher

in Leipzig. Kontrast zwischen

ilmMenen.


kberkasil fmkrsr v. vanckrlmann.

Leipzig isss ^ ^

seiner formenreinen
Bildnerei (Mädchen-
büste) und seinen
düstern Stimmungs-
landschaften „Vor
der Entscheidung",

„Stilles Wasser".

„Vivicn" nennt sich
das interessante
Bildnerwerk
Khnopffs. Diese
Frauengestalt ist der
gleichnamigen
Königsidylle von
Tennyson entnom-
men. Sie umtanzt
den Zauberer Mer-
lin. Was den Künst-
ler als Problem
reizte, war die Dar-
stellung der Tanz-
bewegung bei einer
Gestalt ohne Beine
und das ist ihm Richard Scholz c«.

merkwürdig ge-
lungen. Auch der belgische Allegoriker Leon Frederic
ist da und zwar mit einem Sinnbild-Triptychon von
den Mühseligen und Enterbten, „die eines Tages den
Sonnenaufgang sehen werden". Die Wenigsten können
sich in Malweise und Sinn hinein schauen. Ebenso
unverständlich das sonst so anziehende „Wintermärchen"
des Worpsweders Vogeler, dessen entzückende Radie-
rungen ein Stolz deutscher „Moderne" sind. Erfolgreicher
ist sein Genosse Mackensen mit seinem großen, herben
Bilde „Der Säugling". Unter den Franzosen sind
Roll als Porträtist wie Sittenmaler, der eminente Land-
schafter Billotte (Mondaufgang, Schneelandschaft),
Carriere mit seinen technisch so eigenartigen „Passants"
im Nebel, L'Her mitte, der Meister der malerischen
Gegenständlichkeit, der feine Lichtproblemsuchcr Verton am
bemerkenswertesten. Für des Pariser Amerikaner Ale-
xander kühn zusammenfassende Bildnislinie sind die Wiener
noch nicht ge-
nügend secessio-
nistisch geschult;
sehr gefällt indes
die Dame mit der
schwarzen Katze.

Puvis de Cha-
vannes' Geno-
feva-Karton für
das Pantheon
(Speisewunder)
imponiert, Bes-
nards Dame in
Orangegelb inte-
ressiert als Ton-
experiment.

Größten Beifall
findet der Däne
S. Kroyer mit
seinen prächtigen
Bildnissen zweier Fritz Erler sec.
 
Annotationen