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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Perfall, Anton von: Unter dem Schlapphute!, [1]: Novelle aus dem Künstlerleben
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0020

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Von Anton Freiherrn von Perfall.

d

Jetzt war der große Tag erschienen!

Er war wirklicher, leibhaftiger Akademiker. Durch
rastlose Arbeit, eiserne Selbstzucht war es dem einfachen
Tischlergesellen gelungen sich so hoch zu schwingen.

Der Ankaufspreis für den Hut war längst sorgfältig
zurückgelegt.

Er kannte die ganze Auswahl hinter dem Laden-
fenster und hatte sich längst einen ausgewählt für diesen
traumhaften Fall.

Sein erster Gang von der Akademie galt dem Ge-
schäfte, welches den Auserwählten, Heißersehnten enthielt.

Da hing er noch immer unter dem häßlichen Volk von
Cylindern und steifen, englischen Hüten, als ob er auf ihn
gewartet hätte. Nußbraun von Farbe, mit einem um eine
Nuance helleren Bande, die Krempe breit, jeder Bildung fähig.

Jetzt sah er freilich noch ebenso langweilig aus
wie seine steifen Kameraden, völlig seelenlos. Aber wenn
er ihn nur einmal unter die Finger bekam und die
phantastischen Pläne alle unter ihm sich regten.

Die Ladnerin brachte auf sein Verlangen einen
ganzen Stoß von Hüten zur Auswahl, doch er bestand
auf dem braunen in der Auslage.

Alle Widerrede des Mädchens, er habe bereits in der
Farbe gelitten, sie könne ihm ja viel Schöneres bieten, half
nichts. Was verstand das alberne Ding davon! „In der
Farbe gelitten". Das war ja gerade das Malerische daran.

„Nun, wenn Sie durchaus wollen."

Das Mädchen holte den Hut.

Für Julei war es ein feierlicher Moment, so etwas
wie eine Krönung, als er ihn auf sein blondes Locken-
haupt drückte.

„Bitte, treten Sie doch vor den Spiegel," forderte
ihn das Mädchen auf.

Er folgte der Aufforderung tief errötend.

Meerjungfrauen. Edward ^>urne-Io„c- p,nx.

Das Mädchen genierte ihn mit seinem: „Nein, wie
der Sie kleidet! Charmant!"

Allein wenn er gewesen wäre, er hätte den Anblick
voll genossen, so drückte er nur schüchtern einige Falten
hinein und fragte nach dem Preis.

„Neun Mark, — eigentlich zehn, aber weil er so
lange in der Auslage gehangen."

Das war eine Unsumme, wenn er sie überhaupt
bei sich hatte.

Er zögerte, wollte schon seinem Vorsatze untreu, nach
einem billigeren fragen, da drückte er den Braunen noch
einmal fest in die Stirne, — die linke Seite krümmte
sich dabei schwungvoll und schmiegte sich in weicher Linie
an das goldblonde Gelock — einen Seitenblick in den
Spiegel, neues, tiefes Erröten über seine kindische Eitel-
keit, und er griff nach der Geldbörse.

Es langte bis auf zehn Pfennige.

„Die zahlen Sie von Ihrem ersten Bilde," meinte
lachend das Mädchen.

Da sah er sie ganz betroffen an.

„Woher wissen Sie denn, daß ich ein Maler bin?"

„Ei, das sieht man Ihnen doch auf eine hübsche
Länge an. Ein sehr schöner Maler noch dazu," war die
kokette Antwort.

Es rieselte prickelnd kalt Julei über den Rücken. Jetzt
hätte er den Hut um das Doppelte nicht mehr hergegeben.

Als er auf die Straße trat, bildete er sich nicht
nur ein, daß ihm alles verwundert nachsah, es war dem
wirklich so.

Ein so glückstrahlendes, wie von einem inneren Lichte
erleuchtetes Antlitz, hatte man schon lange nicht gesehen.

perseus.



Die Aunst für Alle XIV.
 
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