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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Springer, Jaro: Berliner Bildhauer
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0033

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^8 Berliner Bildhauer.

Das gute Verständnis für Plastik, das in Berlin zu Hause ist, hat hier auch vor den ärgsten Aus-
schreitungen der farbigen Skulptur bewahrt. Man war sich hier doch bald klar, daß wir unsere Statuen ganz
und gar nicht bemalen sollen. Und sei es aus keinem andern Grund, so schon darum, weil man Farbe nicht
gern anfaßt. Andern Jrrtümern sind die hiesigen Bildhauer freilich nicht ausgewichen.

Der bestimmende Bildhauer war in Berlin für dies ganze Jahrhundert natürlich Rauch. Leider!
möchte ich hinzusetzen oder doch wenigstens sagen dürfen, leider nicht Schadow. Der war manchmal nüchtern,
aber er arbeitete immer mit feinem künstlerischen Sinn und war meist erfreulich im Detail. In Rom hatten
ihn die Antiken gebildet. Aber ihm fehlte doch Wohl das Denkmalmäßige. Das aber wurde verlangt. Und

je kleiner die Zeit war, umso ragender wollte sie ihre
Monumente. So überwand der jüngere Rauch den
alten Schadow. Denn der Zeit galt der posierende
Rauch, der exakte Bildner, als Genie. Noch heute spürt
man die Wirkung Rauchs, bei Rudolf Siemering,
vielleicht auch bei Ernst Herter (Abb. a. S. 21), dem
Schüler Bläsers und A. Wolfs. Wir haben von ihm
eine Antigone, einen ruhenden Alexander, einen sterbenden
Achilles, und wie er antike Gegenstände gern behandelt,
so hält er auch an dem fest, was die Rauchschule von
der Antike absah und was sie aus dieser Kenntnis heraus
als ehernes Gesetz der Plastik erkannt hatte. Rauchfrei
wurde die Berliner Kunst erst durch Reinhold Begas
(Abb. a. S. 17—20, 28 und Bilderbeil.). Ueber Begas ist
manches zu sagen, Gutes und Schlechtes. Aber den
Dank für diese Erlösung schulden wir ihm alle. Er ist
Schüler von Rauch gewesen und in seinem Stil fing er
an zu arbeiten. Dann aber bildete ihn Rom, nicht die
Antike, sondern Michelangelo. Wie jedem späteren, so
gereichte auch ihm das Vorbild nicht durchweg zum
Glück. Aber Michelangelo war doch das sicherste Heil-
mittel gegen Rauch und für die malerischen Ausgaben
der Plastik gewann er auf diesem Umweg Verständnis.
Die malerische Wirkung im Bildwerk, gewiß eine gründ-
liche Absage von Rauch, blieb sein Programm und wird
das zumeist befolgte der modernen Berliner Plastik. In
seinen Porträtbüsten zeigte sich Begas anfangs als rück-
sichtsloser Realist, oft sehr wirkungsvoll, aber oft auch
unruhig durch die Häufung von Kleinarbeit. Neuerdings
ist er im Porträt oft bedauerlich stach. Wesentlich größer
und manchmal ganz groß ist Begas als Dekorateur.
Denn als Dekorationen sind seine Denkmäler aufzufassen
und von ihm für diese Wirkung konzipiert. Flott, keck
und rasch entworfen, dabei ist wohl auch einmal einem
Atelierwitz eherne Monumentalität gegeben. Die ge-
häuften Aufträge der letzten Zeit lassen ihm freilich nicht
mehr die Zeit, zu prüfen, zu überlegen, sorglich vor-
zubereiten. Zur Zeit aber bestimmt er die Richtung der
Berliner Plastik. Eine Reihe unmittelbarer Schüler hat er schon großgezogen. Beim großen Berliner National-
denkmal für Kaiser Wilhelm I. lieh ihm besonders Johannes Götz (Abb. a. S. 21 u. 22) eine wichtige Hilfe.
Die krönende Quadriga Götzens ist eines der wirkungsvollsten Stücke am Denkmal und lehrt, wie dieser
Schüler die dekorative Richtung des Meisters klug weiterführt und es gerade darin oft zu Feinsinnigerem
bringt als der Lehrer selbst. Auch August Kraus (Abb. a. S. 23) zählt zu den Helfern am Kaiserdenkmal.
Der hier gegebene Grabmals-Entwurf berührt sympathisch durch die schlichte Wirkung, welche er erstrebt. Der
Hamburger Harro Magnussen war zuerst Maler, bevor ihn Begas als Schüler übernahm. Die malerische
Herkunft bleibt bei ihm nicht bloß äußerlich in der durchgeführten Bemalung, sondern auch in der plastischen
Arbeit erkennbar. In den großen Porträtbüsten ist er wesentlich von Begas bestimmt (Abb. a. S. 25). Durch
ihre trübe Färbung sind sie wenigstens in unseren Hellen Ausstellungssälen nicht immer vorteilhaft aufgefallen.
Max Klein, ans Ungarn gebürtig, wurde verhältnismäßig spät Schüler der Berliner Akademie. Durch das

Römischer Arieger. . Reinhold Begas lec.
 
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