Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

DOI Artikel:
Keyssner, Gustav: Puvis de Chavannes: (gestorben 24. Oktober 1898)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0119

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
88

Puvis de Lhavannes.


(des Bruders von Ary); dann, nach einer zweiten Jtalienreise und
nachdem er nicht mehr und nicht weniger als vierzehn Tage im Atelier
Delacroix und ein Vierteljahr bei Couture gearbeitet, lernte er für sich
weiter und richtete sich 1852 ein gemeinsames Atelier mit Freunden
und Schülern an der Place Pigalle ein. 1850 stellte er zum ersten-
mal im Salon aus, von 1852 an wurde er regelmäßig refüsiert (bis
1859), auf einer Privatausstelluug 1854 ausgelacht. Ganz abgesehen
davon, daß Männer wie Delacroix, Dupre, Barye, Troyon, Rousseau,
Diaz, Millet, Corot gleichzeitig vom Lose des Refüsiertwerdens be-
troffen wurden und es damit zu einem ehrenvollen machten, hat Puvis
in dieser Zeit, da er mit ruhiger Resignation auf Wirkung und Erfolg
nach außen verzichtete, in stiller rastloser Selbsterziehuug, lehrend und
lernend, erst die volle Sicherheit seiner Künstlerschaft erlangt, sein
Können und Wollen befestigt.

sinnier Iss inurailles — dies Losungswort klang in jenen
Jahren zum erstenmal durch seine Seele, als er in einem Landhaus,
das sein Bruder sich erbaut, vor den leeren Wänden des Speisesaalcs
stand. Er schmückte sic mit den Darstellungen der vier Jahreszeiten
und mit vier einzelnen allegorischen Figuren. Von nun an ist der
Drang, derartige Cyklen großer dekorativer Bilder zu schaffen, un-
bezwingbar ihn ihm. 1861 stellt er zwei solche Kompositionen „Krieg"
und „Frieden" im Salon aus; er erhält dafür die zweite Medaille
und der Staat kauft ihm den „Frieden" ab. Aber der Gedanke, daß
die zu einander gehörigen Bilder getrennt werden sollten, ist ihm so
unerträglich, daß er den „Krieg" dem Staat schenkt, und als dieser
die beiden Werke dem neuerbauten kcknsee cie la Licarckie zu Amiens
überwiesen hat, schenkt der selbstlose Künstler auch die nachher ent-
standenen letzten Teile des Cyklus „Arbeit" und „Erholung" (1863),
zu deren Ankauf die Stadt Amiens kein Geld, die Regierung keine Lust
hatte, dem Museum. Man erweist sich dankbar, indem man nun für
das Treppenhaus ein Wandgemälde »7^.ve kicarckia nntrixs von Puvis
malen ließ (1865), und als nach Jahren durch Umbau wieder eine
große Wand für malerischen Schmuck frei wurde, wandte man sich
aufs neue an ihn, den »nmitre ck'Amiens«. Er geht an die Arbeit;
wieder will der Staat knausern, aber Puvis führt trotzdem den Karton
Imckus pro patria aus und dem fertigen Entwurf gegenüber, der
einen großen populären Erfolg hatte, mußten alle finanziellen Be-
denken zurücktreten; der Maler wird mit der Ausführung beauftragt
und im Jahre 1884 ist auch Imckus o patria als Wandgewälde
vollendet und damit die einheitlich-großartige Ausschmückung des
Museums durchgeführt, die zugleich den Entwicklungsgang des Künst-
lers innerhalb eines Vierteljahrhunderts veranschaulicht.

Während dieser weiten Zeitspanne hat er an anderen monu-
mentalen Aufträgen ausgeführt: zwei große Malereien für Marseille:
Marseille, colonie Orecigue und lÄarseille, porte cke I'Orient (1867);
für das Stadthaus in Poiticrs zwei historische Darstellungen (1872)
„Königin Radegunde als Beschützerin des geistigen Lebens"; „Karl
Martcll als Verteidiger der Christenheit gegen die Sarazenen"; für
das Pantheon in Paris die Scenen aus der Kindheit der hl. Genovefa
(1877—80); für das Lrckais ckes T^rts in Lyon zur Ausschmückung
des Treppenhauses: »Im dois sacre ober aux /Vrls et aux Icluses«,
»Im Vision Lntiijue«, »IV Inspiration cbretienns- und die Supra-
porten: »Im 8aone« und »Im Lbone« (1883). Dann folgt das
große Fresko der „Wissenschaften und Künste" für die Sorbonne
(1'llernic)»cl6 cke ta Lordonne); 1889 — 93 für das des Pariser
Hotel cke Ville die Wandgemälde „Sommer" und „Winter", das
Deckengemälde »Victor HuZo okrant sa Ipre ä In Ville cke Laris»
und die Zwickelbilder Ims vertus cke ?aris«; für das Museum von
Rouen 1890—92 ein großes Bild Inter artes et naturain« mit
zwei kleineren Seitendarstellungen Cu cerainicpie und Im poterie»;
endlich 1893 für die Bibliothek in Boston »Ims Kluses inspiratrices
acclarnent le Zenie inessa^er cke luiniere . Die zweite Reihe seiner
Genovefadarstellungen für das Pantheon (St. Genovefa als Be-

Nach dem Entwurf für das lvandgemülde im klusi-e cle la ?>'csr6io zu Amiens.
 
Annotationen