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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Keyssner, Gustav: Puvis de Chavannes: (gestorben 24. Oktober 1898)
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Majer, Gustav: Aphorismen
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0125

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puvis de Lhavanncs. von vr. G- Keytzucr.

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seine Lyra darbietet, ist eine leere, srostige Haupt- und
Staatsaktion geworden.

Man begreift es darum, daß Puvis de Chavannes
sich energisch dagegen zur Wehr setzte, wenn seine Auf-
traggeber ihm ein genau spezifiziertes Programm vor-
schreiben wollten. Einst war er aufgefordert worden,
die Börse von Bordeaux mit Wandgemälden zu schmücken.
Der Auftrag schien in jeder Weise lohnend und glänzend;
der Kontrakt zwischen Künstler und Bestellern war nahezu
abgeschlossen, als diese es sich einfallen ließen, dem Maler
einen bestimmten Stoff (der Dichter Ausonius fährt zu
Schiff im alten Burdigala ein), bis in Nebensachen hinab
detailliert, aufbürden zu wollen. Sofort brach Puvis
die Verhandlungen ab; wo es seine künstlerische Freiheit
galt, kannte er kein Feilschen und Paktieren. Andrerseits
scheute er vor materiellen Opfern und künstlerischen
Schwierigkeiten nicht zurück, wenn es darauf ankam, seine
Konzeptionen in würdiger Weise verwirklichen zu können.
So machte er, wie schon erzählt, drei von den vier ersten
Bildern in Amiens dem Staat und der Gemeinde zum
Geschenk; so übernahm er nach langem Schwanken, trotz
des verhältnismäßig sehr niedrig fixierten Preises, trotz
der vielfachen Schwierigkeiten, die aus der architektonischen
Beschaffenheit des zu dekorierenden Raumes und aus der
Natur der gestellten Aufgabe erwuchsen (eben hatte er erst
für Lyon den „Hain der Musen und Künste" gemalt),
doch noch im letzten Augenblick die Ausmalung des
Hemicycle der Sorbonne, als ihm die „Vision", die
künstlerische Gestaltung der undankbaren Aufgabe, jäh und
klar vor dem inneren Auge sich offenbarte: vor dieser
Inspiration verstummten alle Bedenken, der Absagebrief,
den er schon adressiert und versiegelt in der Tasche trug,
wurde (zerrissen und das große Werk mutig begonnen.

So hat er, ein Edelmann der Kunst, stets nur
auf die Stimme seines Berufs, seines Künstlergewissens,
nie auf Beifall oder Widerspruch von außen gehorcht.
Streng gegen sich selbst, blieb er, unverbittert durch die
jahrelange Verkennung, mild und wohlwollend gegen andre
— 1872 trat er aus der Aufnahmejury des Salons
wegen ihres harten und parteiischen Verfahrens aus und
sah sich sofort — 1872! — durch Zurückweisung eines
seiner eigenen Bilder bestraft —; ein treuer Freund seiner
Freunde, teilnehmend und gewissenhaft als Lehrer seinen
Schülern gegenüber. Daß er 1891 zum Präsidenten des
Champ de Mars-Salons gewählt wurde, war nur eine
verdiente Huldigung für den Künstler und für den
Menschen. Eine Art antiker Größe und Schlichtheit
adelte die Lebensführung des Mannes, der seine Unab-
hängigkeit als ein heiliges Gut bewahrte und blieb ihm
bis zum Tode: als er im Sterben lag, hieß er seine
Nächsten das Zimmer verlassen; er wollte allein den
letzten, entstellenden Kampf aussechten. Auf seinen Grab-
stein dürfen die Künstler Frankreichs die Worte schreiben,
mit denen der Kritiker Geffroy eines seiner Bücher dem
Meister widmete: »^.u poete savaut de la liegende
et de l'Histoire, au §rand artiste gui a evoque, en
ima^es siruples et luiniueuses, les rsves et les §rau-
deurs de PUurnauite«.

^ Aphorismen, s-

Die Kunstschreiberei ersetzt dem Publikum oft das Ver-
ständnis. _

viele verwenden Kunstdünger in der Kunst, sie ist dann
auch darnach. Schwabcnmajer.
 
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