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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Schumann, Paul: Bildhauer-Schmerzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0180

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Bildhauer-Schmerzen.

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Nunmehr beschweren sich die Berliner Bildhauer,
daß die Versendung jener Grundsätze gar keinen oder
nur geringen Erfolg gehabt hat. Wir müssen ihnen darauf
entgegnen, daß die Berliner Vereinigung selbst daran die
Schuld trägt, wenn ihre „Grundsätze" so wenig Erfolg
gehabt haben. Erstens fehlt es den Grundsätzen an den
notwendigen Erläuterungen, welche dem Laien klar machen,
warum diese Grundsätze ausgestellt worden sind. Denn
die meisten Preisausschreiber — wenigstens in den Orten,
wo nicht viele Künstler wohnen — haben keine Ahnung,
daß das Modell eines Reiters von 90 cm Höhe — wie
es z. B. für Hildesheim gefordert wurde — ein halbes
Jahr Arbeitszeit und 2000 M. Unkosten verursacht, daß
also in einem solchen Falle drei Preise zu 1000 M. eine
ganz ungenügende Gegenleistung bedeuten. Zweitens hat
die Berliner Bildhauer-Vereinigung unseres Wissens nur
in ganz ungenügender Weise dazu gethan, ihren Grund-
sätzen auch die nötige Anerkennung zu verschaffen. Zunächst
müßte sie versuchen, alle deutschen Bildhauer zur unbe-
dingten Anerkennung dieser Grundsätze, die übrigens im
einzelnen verbesserungsfähig sind, zu bewegen. Die Grund-
sätze müßten einem deutschen Bildhauertag vorgelegt werden,
und die deutschen Bildhauer müßten sich durch ihre Unter-
schrift verpflichten, bei Preisbcwerbungen, die gegen die
Grundsätze verstoßen, sich nicht zu beteiligen. Ferner
müßte ein Ueberwachungsausschuß jede Stadtverwaltung
und jeden Denkmalausschuß, sobald ein Plan zu irgend
einem Denkmal sichtbar wird, auf die Grundsätze auf-
merksam machen. Kommen trotzdem Preisbewerbungen
heraus, welche den Bedingungen nicht entsprechen, so
müßten die Bildhauer vor der Beteiligung gewarnt werden,
wie es bekanntlich die Architekten in ihren Fachblättern
auch thun. (Die „K. f. A." wird gern bereit sein, solche
Warnungen bekannt zu machen. D. R.) Vielleicht könnte
die Beteiligung in einem solchen Falle unter Strafe ge-


stellt werden, falls eine Vereinigung sämtlicher deutscher
Bildhauer zustande käme. Es läßt sich aber erwarten,
daß Denkmalsausschüsse, wenn sie in geeigneter Weise von

ihrem falschen Vorgehen recht-
zeitig in Kenntnis gesetzt
werden, sich meist zur Aende-
rung der Bedingungen ent-
schließen werden. Schließlich
müßte es auch jedem Bildhauer,
welcher der Vereinigung angc-
hört, zur Pflicht gemacht
werden, daß er als Preis-
richter in erster Linie auf
strenge Durchführung der
Grundsätze zu dringen hat.
Der erste Schritt der Preis-
richter müßte allemal sein,
alle Entwürfe, die nicht dem
Preisausschreiben entsprechen,
mögen sie sonst noch so gut
sein, rücksichtslos auszuscheiden.
Alle diese Maßregeln geben
wir der Berliner Bildhauer-
Vereinigung zur Ueberlegung
anheim.

Weiter beschwert sich diese
über ein bestimmtes Vorkomm-
nis in Hildesheim. Dort ist
Professor Lessing in Berlin
ursprünglich zum Preisrichter
im Wettbewerb um das Kaiser-

Adresse des Aölner Dombauvereins
zum 90. Geburtstag Aaiser Wilhelms I.
 
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