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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Schumann, Paul: Bildhauer-Schmerzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0182

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Bildhauer-Schmerzen. Ban Paul Schumann

iri

Denkmal ernannt worden. Er hat auch am 4. Mai
1898 zur Entscheidung der Platzfrage mit Geh. Rat
Jordan und Professor Prell in Hildesheim einer Be-
ratung beigcwohnt. Am 1. Juni hat er dann seinen
Entschluß kund gegeben, sich selbst am Wettbewerb zu
beteiligen; am 6. und 7. Juli ist den Zeitungen, Künstler-
Vereinigungen und allen Künstlern, die sich bis dahin
zum Wettbewerb gemeldet hatten, mitgeteilt worden, daß
Lessing ausscheide und daß Prof. Hundrieser an seiner
Stelle Preisrichter sein würde. Dabei ist aber versäumt
worden, mitzuteilen, daß Lessing sich an dem Wettbewerb
beteiligen werde. Das war ein Fehler, und ebenso können
wir es nicht billigen, daß Lessing sich überhaupt beteiligt
hat; denn er ist bereits als Preisrichter mit thätig
gewesen und hat sich als solcher die wertvolle genaue
Kenntnis des Standortes für das Denkmal verschafft,
die gewiß die meisten anderen Bewerber entbehren mußten.
Lessing mußte eben vorher das Amt eines Preisrichters
ablehncn oder, nachdem er einmal als solcher vorbereitend
mitgewirkt hatte, das Amt unbedingt auch beibehaltcn.
Alles übrige, was von Hildesheim zur Entlastung Lessings
mitgeteilt wird, ist unseres Erachtens für den Kernpunkt
der Frage belanglos. Allerdings steht leider dieser Fall,
daß Preisrichter später Mitbewerber wurden, nicht ver-
einzelt da.

Endlich beschweren sich die Berliner Bildhauer auch
darüber, daß Gießereien oder technische Anstalten sich
immer wieder an Denkmals-Konkurrenzen beteiligen,
indem sie bereits verwertete Modelle oder entliehene Ent-



würfe in irgend einer Weise anbieten, natürlich zu ent-
sprechend niedrigeren Preisen, da ihnen ja die Herstellung
des Modells nichts kostet. Das Publikum müsse immer
wieder darauf hingewiesen werden, daß es sich zur Er-
langung von Monumentalarbeiten an die Künstler wende
und nicht an die Gießereien.

Auch in diesem Punkte müssen wir den Berliner
Bildhauern unbedingt Recht geben. Es ist überaus traurig,
daß der ohnehin harte Kampf ums Dasein den Bild-
hauern noch auf solche Weise durch kapitalistische In-
dustrie-Unternehmungen und durch einzelne Künstler, die
sich in unkollegialer Weise zu deren Bundesgenossen machen,
erschwert wird. Gladenbecks Bronzegießerei (Inhaber
Walther und Paul Gladenbeck) in Friedrichshagen hat
sich gegen den Vorwurf, der hauptsächlich sie betraf, bereits
zu verteidigen gesucht. Sie beschweren sich namentlich
über unlauteren Wettbewerb durch gegenseitige Unter-
bietung der Bronzegießereien, die sich seit 1871 stark
vermehrt haben. Ob sich die Gladenbecksche Bronzegießerei
selbst von derartigen Unterbietungen frei gehalten hat,
wissen wir nicht. Jedenfalls haben wir aber auch von
Dresdener Bronzegießern die bittere Klage gehört, daß
Berliner Gießereien bei Konkurrenzen Preise anbieten,
die unter die Selbstkosten herabgehen und daß solche
Preise nur bei liederlicher unsolider Arbeit möglich seien.
Daß die Gladenbecksche Bronzegießerei sich gegen die
Schleuder-Konkurrenz anderer Gießereien wehrt, indem
sie die Künstler durch Mitbewerb schädigte, mag rechtlich
zwar unanfechtbar sein, aber ebenso berechtigt sind die
Künstler, sich gegen derartigen Mitbewerb kapitalistischer
Industrie-Unternehmungen und ihrer Söldlinge unter den

iS

Die Kunst für Alle XIV.
 
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