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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Vollmar, H.: Friedrich Geselschap
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0192

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Friedrich Veseischap.

von H. Kollmar.


rücksichtslose Schicksal, wenn es die reichen

Garben trifft, zerknittert nur das Stroh, die
Körner aber spüren nichts davon, und springen lustig
auf der Tenne hin und wider" — dies Goethesche Wort
wurde einst Meister Geselschap zum Tröste gesagt, als er
sich bitter beklagte, daß die Jahre des Unbeachtetseins, in
denen sich ihm keiner der brennenden Wünsche um Bethä-
tigung seiner Kunst erfüllte, seine Kraft gebrochen hätten.
Und angesichts seines gerade vollendeten Monumental-
gemäldes „Frieden", dieses gewaltigen Accordes, in dem
die Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches ergreifend
ausklingt, war es wahrlich nicht schwer, des Künstlers
Ueberzeugung, daß ihm — trotz alledem — Großes ge-
lungen sei, zu befestigen. Aber es waren Friedrich Gesel-
schap nur wenige solcher Ausblicke von sonnigen Höhen
beschieden, sein Geschick war ein tragisches, seine Lebens-
führung eine ernste; wäre ihm nicht eine kindliche Froh-
natur beschieden gewesen, die aufjauchzend über das Glück
der Stunde, jeden Sonnenstrahl, jedes Zeichen warmer
Freundschaft, jedes Vogels Gesang, jeder Blume Schön-
heit, als eine ihm allein geschenkte Freude dankbar be-
grüßte, er hätte nimmer ausdauernd und kraftvoll den
schweren Lebenskampf bestehen können. Daß ihm Stunden
ernsten Zweifels an seiner Mission, an seiner Begabung
kamen, daß die Einsicht, es nie den von ihm als Größten Erkannten im Reiche der Kunst gleich thun zu
können, oft hemmend und lähmend wirkte — all diese Leiden sind Geselschap ebenso wenig erspart geblieben,
wie jedem ernst ringenden Künstler, der sein Ziel so hoch gestellt, daß sich notwendig eine Kluft zwischen dem
Wollen und Können aufthun muß.

Aber nie wurde Geselschap in jene finsteren Konflikte gebracht, die ihn an der Bedeutung dessen, was
er mit allen Sinnen als das allein Rechte und einzig Verheißungsvolle erkannt, irre werden ließen; bis zum
letzten Tage, an dem sein Geist klar war, fühlte er sich als berufener Apostel, der das Evangelium einer
idealen, allem Trivialen abholden Kunst den Zeit-
genossen verkünden müsse. Obgleich er mit der ganzen
ihm innewohnenden Energie dem wilden Naturalismus
jüngerer und älterer Kunstgenossen entgegentrat, war
ihm doch zu viel echte Künstlerart eigen, um diese
Fehden auszuspinnen, er wollte aussäen, nicht jäten,
und bis zum letzten schaffensfreudigen Augenblick
glaubte Friedrich Geselschap daran, daß das Große
und Edle in der Kunst doch schließlich glorreich über
allen wechselnden Tagesgeschmack siegen müsse. Mitten
in der Arbeit, beglückt durch zahlreiche ihm congeniale
Aufträge, zurücksehend auf bedeutsame Werke deutscher
Monumentalmalerei, die er seinem Volke in großer
Zeit schaffen durfte, ereilte ihn das tragische Geschick,
welches ihm den Stift aus der Hand nahm, seine
Gedanken verwirrte und dem körperlich und seelisch
schwer Leidenden jene bittere Todesstunde am Ufer
des Tiber aufzwang. Jene Kunde, die am 3l. Mai
des vergangenen Jahres von Rom kam, schuf der
Freundesschar Geselschaps tiefe Trauer, aber den Blick,
der sich in jenen Tagen auf des Künstlers ganzes
Leben und Sein richtete, konnte jene Nachricht nicht und der

trüben, denn vor dem geistigen Auge Aller baute sich weise (Aart»n).

F. Geselschap clel.

(1875).

td

Die Kunst für Alle XIV, 10. 15. Februar 1899-
 
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