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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Denkmäler - Kunstlitteratur u. vervielf. Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0203

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Ausstellungen und Sammlungen.


Aarton zum Wandgemälde des Hamburger Rathauses Geselschap keo.

„Aarl der Große gründet die hammaburg" (^897).

und „Anschar führt das Christentum ein".

K. dl. Berlin. In den oberen Räumen der Akademie
gab es eine eigentümliche Ausstellung: die der Werke des be-
kannten italienischen Malers F. P. Michetti. Man darf sich viel-
leicht darüber wundern, daß gerade die Akademie einen Ausländer
und dabei einen, der nicht zu den größten gezählt werden darf,
auf den Schild erhebt; der Zufall, daß eine große Anzahl der
Werke dieses Künstlers sich in Berliner Privatbesitz befindet,
scheint dies bewirkt zu haben. Michetti ist durchaus typisch für
die südländischen, modernen Künstler, deren Talent sich in dem
sprühenden, geistreichen, sarbenglühenden und berauschenden
Vortrag konzentriert. Alle diese Vorzüge vereinigt Michetti in
der vollendetsten Art und Weise. Sein Feld ist die Impression
im kleinen Format und in seinen Pastellen, Skizzen und Studien
findet er Töne, in denen man geradezu schwelgen kann. Es ist
Geschmeidearbeit, die er schafft, alles glänzt und glüht, gleißt
und funkelt und strahlt. Alles ist graziös und geistreich und
von jenem seltsamen Zauber, den das heiße Blut des Südländers
hervorbringt. Seine Arbeiten offenbaren einen Reichtum, den
man kaum glauben möchte, wenn man die Arbeiten nicht vor
Augen hätte. Er ist der souveränste Beherrscher der Technik,
mit der er einen lustigen Tanz aufzuführen scheint; und neben
dem Heer von entzückenden Studien und Skizzen verschwindet
das, womit auf das große Publikum spekuliert ist. Vieles er-
innert an Menzel, ist nur noch mehr malerischer Leckerbissen wie
dessen Arbeiten, die stets mit einem gewissen wissenschaftlichen
Ernst hervorgebracht erscheinen. Auch Michetti scheint alles und
jedes darstellen zu können, und keine Technik scheint ihm zu ver-
sagen. So mag das, was er im Grunde in seinem Werk giebt,
wohl ein Spiegelbild der modernen italienischen Volksseele sein,
wie sie keiner besser gegeben. Allerdings sind auch seinem Talent
Grenzen gesetzt. Da, wo er ins Monumentale hinüberschreiten
will, versagt es vollkommen; er ist der geborene intime Maler,
dessen Werke kleine Pretiosen sind. Sein großes Bild „Die ent-
ehrte Tochter des Joris" ist, so geschickt und gut es sonst ist,
NN ganzen doch verfehlt, denn es trägt die Berechtigung zu
seinem großen Format nicht in sich, sondern ist im Grunde als
kleines Genrebild, nicht als monumentales Werk gedacht. Seine
überlebensgroßen Zeichnungen von Köpfen sind sogar mehr
schlecht als gut und es ist eigentümlich zu beobachten, wie hierbei
mit einem Mal sein Talent, das im kleinen Format keine
Schwierigkeit zu kennen scheint, aussetzt. Wie wenig Sinn er
für das eigentlich Große, Monumentale, Architektonische hat,
zeigt auch ein Blick auf seine mit allerhand Läppischkeiten und
Firlefanz beklebten Rahmen, die man heute mit nichts anderem
als geschmacklos bezeichnen könnte. Mir scheint Michetti ein
Beispiel dafür, wie die Natur, die aus der einen Seite ihre
Gaben so verschwenderisch ausstreut, sich auf der anderen Seite

rächt. Man schwelgt in Entzücken solange man die Arbeit vor
Augen hat. Man schlürft sie wie Austern und Sekt. Aber
einen wirklich tiefen, nachhaltigen Eindruck hat man nicht em-
pfangen, man geht nicht innerlich bereichert fort, sondern vergißt
das Gesehene rasch. Die Hauptsache bei aller Kunst ist doch stets die
wirklich starke Persönlichkeit und die tritt hier nicht in den Vorder-
grund. Wir haben es hier zu thun mit der höchsten Ausbildung,
der des Virtuosentums auf malerischem Gebiet, wie sie das moderne
Italien gezeitigt hat; zu den großen Künstlern wird Michetti nie und
nimmer zu rechnen sein. — Die Ausstellungen des Januar
vereinigt ein ausfallend nivellierender Zug. Die hervorragenden
Leistungen des Dezember sind geschwunden und nirgends wieder
erreicht, dasür zeigen sich aber auch nirgends die ganz dürftigen
Massenvorführungen wie im vorigen Monat. So hat vor allen
Dingen das Künstlerhaus durch etliche sehr interessante Arbeiten, die
eine Art freie Vereinigung scheinbar jüngerer Künstler dort ausstellt,
einen unverkennbaren Aufschwung genommen. Schulte bringt
vielerlei, von eigentlich künstlerischen Interessen jedoch nur eine
große Kollektion von Münchener Malern, die sich die „Vierund-
zwanziger" nennen. Die Perlen daraus stammen von dem be-
rühmten Münchener Meister Ludwig Dill. Es sind zwei in
matten Farben gemalte kleine Werke, von denen man nicht weiß,
was größer ist: ihre entzückende farbige Intimität, oder ihr Zug
zur herben Größe trotz des kleinen Formats. Die Sprache der
Linien giebt der Komposition einen geradezu monumentalen Zug
und das Kolorit ist von einer Verfeinerung, wie man es in
Deutschland so leicht bei keinem zweiten sinder. Und neben ihm
eine Reihe der besten Münchener Namen: Albert v. Keller
mit einer Tänzerin, B. Becker mit einer stimmungstiefen Land-
schaft, Hierl-Deronco, Dürr, Vetter, Habermann,
Volz, Exter und viele andere. Hans Borchardt scheint
die Art seiner früheren unruhigen Impressionen ganz verloren,
und sich an der wundervollen Ruhe der alten Holländer zu be-
deutend verfeinerten Leistungen abgeklärt zu haben. — Bei
Gurlitt waren die neuen Einkäufe der Verbindung für historische
Kunst ausgestellt. Man kann nicht behaupten, daß diese besonders
glücklich in der Wahl gewesen war. Die Betonung liegt zu
sehr aus „historisch", und die Kunst ist oft recht mager dabei
weggekommen. Oberländers „Noahs Weinschenke" ist vielleicht
das beste, obgleich es wohl lange nicht so hoch zu schätzen, wie
die humoristischen Zeichnungen, die er in den achtziger Jahren
in den „Fliegenden Blättern" veröffentlichte. Dann einige
Militärbilder, die rein künstlerisch wenig sagen, ein konventionelles
Heiligenbild und ein schwaches Bild von Leonhard „Die
Sirene", das trotz des anspruchsvollen Titels nicht von innerer
Gestaltungskraft zeugt. Interessanter ist immer noch die Kollektiv-
ausstellung des Zeichners Fidus, der jetzt in eine umfangreiche
illustrative Thängkeit hineinzukommen scheint, die der Vertiefung
seiner Produktion nicht günstig ist. Er ist kein großes, aber ein
im Grunde sympathisches Talent, das leider nicht genug geschult ist.
Er soll Schüler des Sonderlings Diefenbach gewesen sein, und da der
 
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