Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

DOI Artikel:
Vincenti, Carl Ferdinand von: Wiener Winterausstellung: Secession, Aquarellistenclub
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0220

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
;S8

Wiener Winterausstellungen, von Karl v. vincenti.

werden dürfte. Wien kannte den großen, herben Bildner
bisher nur als Kleinplastiker; diesmal tritt er mit acht-
undzwanzig neuen Nummern auf, worunter nebst Reliefs,
Büsten und Kleinfiguren auch überlebensgroße Figuren:
Säemann, Feldarbeiter. Welche Ausdrucksfähigkeit! Man
beachte die Gebärde des Mähers, der sich den Schweiß
von der Stirne wischt. Ehern schreitet diese seelisch beredte
und beherrschte Bildnerkunst der Arbeitspassion durch die
Zeit. Stolz und Ingrimm, Demut und Resignation
sprechen aus diesen drohenden und tröstenden Bronzen.
Bemerkenswert ist der »Lcce Komo«: ein Uebergang zur
Glaubenspassion. Auch ein Raffaelli-Zimmer mit far-
bigen Radierungen und fein wirkendem Kleinzeug lockt
den Kenner; endlich sind Walter Crane und Grasset
Sonderräume gewidmet, wobei ersterer kaum Anlaß zu
besonderen Bemerkungen bietet, während letzterer mit drei
neuen Originalaquarellen vertreten ist. Hier haben auch
Münchener weibliche Künstlerfest-Typen von Burger
Platz gefunden. Um die modern-dekorative Ausstattung,
insbesondere auch die Sekretariatsräume, hat sich wieder
Architekt Hoffmann verdient gemacht.

Im Künstlerhause haben die Aquarellisten und
andere Specialisten zwei Tage nach den Secessionisten
eröffnet. Arrangement durch Gustav Bamberger über-
raschend hochmodern, keine Spur vom alten Dekorations-
schimmel. Kunstgewerbliches in allen Ecken. Das hat die
Secession gethan, die Thür und Fenster geöffnet hat.
Ein frischer Luftzug kommt herein. Gäste aus England,

München, Worpswede, Berlin, Karlsruhe, zugleich sehr
erfreulich Einheimisches. Die Waffermaler des Londoner
Royal Institute treten hier nicht alle ein für den alten
Ruhm der so nationalen Kunst englischer Aquarellmalerei.
So viel Freude uns Claude Hayes mit seinen Pferden
in der Kälte, Austen Brown mit seiner heiligen schafe-
hütenden Genoveva, Hardy mit seinem Teppichmarkt,
John Neid mit seinen Scheveninger Fischerbooten, Evans
mit seinen Waldbildern und Nisbet mit seinem Fischer-
dorf im Abendschein machen, Johnsons „Faule Gredl",
Wimperis' „Walisischer Landweg" und Weedons
„Limburg" sagen uns nicht mehr als unser Wiener Aqua-
rell schon längst und teilweise besser, flotter, frischer gewußt
hat. Gleichwohl muß die siebenundfünfzig Nummern um-
fassende Kollektion der englischen Wassermaler vom In-
stitute an der schottischen Akademie als höchst dankenswert
bezeichnet werden. Auf ihr deutsches Mitglied R. Meyer-
heim (siehe besonders den „Sonnigen Märzmorgen")
können die englischen Herren übrigens etwas halten.

Ein ganzer Saal voll Münchener „Jugend" —
Originale der bekannten revolutionierenden Wochenschrift!
Verwegene Secession in diesen früher so wohlbehüteten
Hallen. „Jugend"-Leser, die nur die Abdrücke kennen,
kommen da stellenweise zu einem unerwarteten Genüsse.
Verblüffendes an Phantasie und Einfall, frische, unbe-
kümmerte Hast, nicht wenig jugendliche Kunstteufelei schaut
aus diesen allemal eigenartigen, wenn auch nicht allemal
unanfechtbaren 189 Blättern heraus, welche neben vielen
Meistersignaturen rasch flügge gewordene
junge Namen tragen. Die Worpsweder
Mappe bringt einige Eliteblätter (Zeich-
nungen von Modersohn, dann Pracht-
radierungen von Overbeck, Vogeler,
Hans am Ende und dem Münchener
Ubbelohde. Da steckt Poesie drinnen und
herrliche Tonstärke. Zwei weitere Radier-
und Griffelmeister Sattler und Storm
van Gravesande, hier ganz neu, seien
sofort angeschloffen, der erstere mit einem
merkwürdig mittelalterlichen Zug; dann die
so feinen Aquarelle Hans Hermanns und
Strützels Landschaften; Karlsruhe bringt
Kallmorgens ungemein frische Litho-
graphien holländischer und norwegischer
Motive (letztere aus des Künstlers bevor-
stehendem „Im Lande der Mitternachts-
sonne"), dann Architektur-Aquarelle von
Kley und Laage.

Tapfer stehen unsere Clubisten da, die
Aelteren, wie der Nachwuchs. Meisterblätter
nicht wenige: Lichtenfels bringt aquarel-
lierte Federzeichnungen aus Tirol, Darnaut
Plankerberger Herbstwald-Pastelle, Zetsche
besonders ein großes Bild aus Lichtenwörth,
Goltz als bestes ein kleines Pastell: nackte
weibliche Figur im Grünen. Fröschl,
Mehoffer, Pausinger beherrschen das
Pastellbildnis; letzterer bietet in seiner
„Dodo" aufdem Eisbärenfell ein pikantes
Nacktbild. Aufsteigend sind: Bamberger
„Altes Städtchen", Konopa „Marchland-
schaft", Tomec „Wienerwald", Geller
„Praterleben", Germ ela Kohlenzeich-

obert Burns pinx.
 
Annotationen