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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Hann, Pauline: New Yorker Kunstbericht
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0240

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New Yorker Aunstbericht.

,8,


Bildern etabliert, Chartran bei Knödlcr, Madrazo bei
Oehme. Hier kann man die so verschiedene Malweise
der beiden Künstler genau studieren: Chartrans schwere
kräftige Pinselführung, Madrazos
lichte, leichte Farbentöne, die an
Porzellanmalerei erinnern. Eben-
so, wie auf verschiedenen Wegen
ein ähnliches Resultat heraus-
kommt r Modedamen, die bei
höchster Vollendung der Stoff-
malerei doch eigentlich nur
oberflächlich charakterisiert sind.

Theobald Chartran allerdings
läßt sich an dieser Putzmacher-
kunst nicht genügen. Zwischen
die reizende, weißgekleidete Frau
des jungen Goldminen-Mackay,
die auf einer Steinbank im Freien
sitzt, einen Korb voll Orchideen
in den Händen und von herrlichen
Blütengewinden umrahmt, und
die aufrechte Gestalt der Frau
des Eisenbahnkönigs Gould in
dunkelrotem Sammt mit Zobel-
boa, stellt er das geradezu ver-
blüffende Bild des an seinem
Gebetpult knieenden Papstes
Leo XIH. hin. Das Licht fällt
von oben auf den, in frommer

Verzückung aufwärts gewandten Greisenkopf und durch-
leuchtet denselben geradezu; die Marmorhalle, das Weiße
Gewand mit dem Purpurkragen, der Ausdruck des Asceten-
kopfes — alles ist unübertrefflich. Chartran zeigte, als er
zum erstenmale nach New Jork kam, ein Porträt des Papstes
in Scharlach, zu welchem ihm derselbe gesessen, aber seit-
dem ist seine Technik eine geradezu stupende geworden,
seine Auffassung, wenn es sich nicht um Modedamen
handelt, hat eine Tiefe bekommen, die man bei dem
Maler eleganter Frauen am wenigsten gesucht hätte.
Nun muß sich zeigen, ob der betende Papst bloß ein
tour cke force ist, oder der Anfang einer Reihe von
Meisterwerken. Madrazo ist ein verspäteter Maler der
Rokokozeit, ein weißhaariges Frauenköpfchen mit jungem
Gesicht bei Oehme könnte man zwischen die Töchter
Louis XV. setzen. Das Hauptbild ist ebenfalls eine
Dame des Hauses Gould, eine reizende Erscheinung im
unvermeidlichen Weiß, eine einzelne Rose an der Brust,
in lauschender Haltung vorgebeugt auf einem Lehnsessel.
Die Pose hat viel Gekünsteltes, doch zeigen zwei Männer-
bildnisse und eine sitzende kleine Frauengestalt in blauem
Sammt, in einer feinbehandelten Herbstlandschaft, daß
er auch einfach und solide malen kann. In der Be-
handlung der feinen nervösen Damenhände ist Madrazo
ein Meister, der unter den Lebenden kaum einen Rivalen
findet.

Den Ehrenplatz unter den altenglischen Bildern der
Porträt-Ausstellung nahm der „Knabe in Blau" von
Gainsborough ein. Es hatten sich Zweifel an seiner
Echtheit erhoben, da dasselbe Porträt in der Galerie
des Herzogs von Westminster zu finden ist. Doch
neigt sich jetzt die Wagschale zu Gunsten des New
Parker Bildes, mit seinen weich abgetönten Farben
und seiner meisterhaften Zeichnung. Vom Hofmaler
Hoppner war eine junge Dame im Kostüme einer
Tänzerin, brillant in der Farbe und sehr lebendig;
unter den Reynolds ragte das Mrs. Knapp bezeichnet?

/Zeichnung auf einem
Brief-Umschlag.
 
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