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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Voll, Karl: Die Frühjahr-Ausstellungen der Münchener Secession und der Luitpoldgruppe
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0257

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t?8

Die Frühjahr-Ausstellungen der Münchener Secession und der knitpoldgruppe.

Strichführung und die klare, dabei höchst
sachliche Frische der Farbe zeigen die Bahnen,
auf denen er einen wohlverstandenen Realis-
mus unentwegt verfolgt.

Viel genannt werden die Waldinterieurs
von Eugen Wolfs; eine sehr detaillierte
Zeichnung und überlaute Kraft der Farbe
verraten den jungen aber zukunftsicheren An-
fänger. R. Breyers weibliches Porträt
vereinigt Reinheit des Tones mit sehr sym-
patischer, wenn auch etwas schwerer Farbe.

Von den Jungen oder vielmehr Jüngsten
seien noch der Stuckschüler Pittzsch ge-
nannt, dessen seltsam stilisirende Landschaften
ein eigentümlich phantastisches Element in die
Ausstellung tragen. Seine Bäume mit den
wunderlich geformteu, wie Zauberschlangen
sich windenden Baumwurzeln, verraten deut-
lich die Ziele, denen ein Teil der jungen
Künstler entgegen strebt; sie liegen nicht gar
fern ab von denen des alten Romantikers
Lugo.

In den Sälen der Kunsthandlung Heine-
mann ander Prinzregentenstraße hat die Luitpoldgruppe
ihre erste und wohlgelungene Frühjahr-Ausstellung ohne
Pomp und in aller Bescheidenheit veranstaltet. Wie viel
solide Tüchtigkeit und strebsame Ehrlichkeit ihr Eigentum
ist, kann man hier besser sehen als im wüsten Gewirr des
allzuweitläufigen Glaspalastes. Neue Namen, wie sie in
der Secession Heuer auftauchen, finden sich hier nicht.
Es sind die alten wohlbekannten Namen und Gebiete.
Vor allem ist die Landschaft reichlich vertreten. Fritz
Bärs starke Farbeneffekte, besonders seine „Getreideernte",
wo die Hitze vom ehernen Himmel herab so schwer her-
niederwuchtet auf die gelben Garbenfelder und das etwas
unruhige rote Kleefeld, lenken den Blick unaufhaltsam auf
sich. Hugo Bürgels"„Sonnenuntergang an der Amper"



erhebt in schweigender Melancholie das anmutige Motiv
beinahe zu einer Art stillen Größe. Willroiders mittel-
große Landschaft behält trotz mancher undurchsichtig schweren
trübgrauen Stellen ihre vornehme ruhige Wirkung. Hey
verzichtete diesmal mit hübschem Erfolg auf die bei ihm
übliche, mehr den Bilderbeigaben illustrierter Zeitungen
entsprechende Staffage und brachte kleine Wiesenstücke
von reiner, erfrischender Farbe. Strützels sichere, lichte
Zeichnung und sein kräftiges Kolorit bewähren sich aufs
neue; überraschend fest, wenn auch ein klein wenig in
Modellpose befangen ist seine anmutige „Feldarbeiterin".
Andersen-Lundby brachte in beinahe traumhaft-zarter
allerdings etwas farbloser Weise die Pracht eines Hoch-
gebirgthales im Winterschnee zur Darstellung. Canal
blieb seiner Vorliebe für die alten
Meister treu; seine „Mühle in
Kärnten" ist in der Art Everdingens
aufgefaßt, nur in bunterem Kolorit,
als man es von diesem etwas schwer-
mütigen Meister gewohnt ist.

Das Figurenbild ist weniger zahl-
reich und weniger glücklich vertreten.
Viele Freude macht uns wie immer
Harburgers drastische Komik. Sein
„Alter Zecher" mit der beträchtlich
roten Nase, der sich eben seinen Krug
am vollen Faße füllt, ist eine sehr
glückliche Erfindung. Nicht ganz rein
ist der Genuß von Louis Corinths
„Lebensfreude". Die Geschicklichkeit
mit der sieben lebensgroße Köpfe und
Halbfiguren, ohne sich im geringsten
gegenseitig zu beengen, in einen ver-
hältnismäßig sehr engen Raum kom-
poniert sind, ist aller Anerkennung
wert; aber daß der technischen Ge-
wandtheit auch Feinheit des Ge-
schmackes entspreche, kann nicht be-
hauptet werden. Derbheit und be-
müh. Slcinhausen u,h°zr. trübliche Süßigkeit verbinden sich in
 
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