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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Personal- u. Atelier-Nachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Kunstlitteratur u. vervielf. Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0269

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Kunftlitteratur und vervielfältigende Kunst.


und dabei doch gute Geschichte der deutschen und niederländischen
Kunst zu schreiben. Die Wissenschaft hat noch eine Reihe der
wichtigsten Fragen kaum angeschnitten, geschweige denn gelöst
und Philippe hat sich trotz seiner unleugbaren Bemühungen, die
Ergebnisse der neuesten Litteratur zu benützen, darauf beschränkt,
die nicht immer zuverlässigen, oft recht veralteten Angaben der
Handbücher zu wiederholen; er hat offenbar den weitläufigen
Stoff nicht in dem gleichen Matz in sich verarbeitet, als bei
seiner sympathischen ersten Publikation. Isesq

L. L. Der trojanische Krieg. Französische Hand-
zeichnungen zu Wandteppichen aus dem 15. Jahrhundert. Acht
Tafeln mit erläuterndem Text von Dr. Paul Schumann. (Adolf
Gutbicr, kgl. sächs. Hoskunslhändler, Dresden. 45 M.) Von
der französischen Kunst des 15. Jahrhunderts sind nur wenige
Originalwerke auf spätere Zeiten gekommen; der Hauptsache nach
Kopien: Miniaturen, Glasbilder, Emaille», Wandteppiche u. dgl.
Was einst der Stolz von Schlössern, Kirchen und Klöstern war,
ist zum größten Teile durch Kriege und Revolutionen zerstört
worden. Eifrige und gründliche Forschungen eines Jubinal,
Guiffrey, Müntz und anderer namhafter Gelehrter haben aus
Mangel an glaubwürdigen Unterlagen verhältnismäßig wenig
Bemerkenswertes ergeben. Um so freudiger begrüßen wir das
vorliegende Werk, das uns in Wort und Bild ein Stück dieser
mehr gefeierten als bekannten französischen Kunst vorführt. Der
Gegenstand ist der trojanische Krieg, nächst dem Leben Christi
im Mittelalter der beliebteste Gegenstand für Wand- und Teppich-
bilder. Die vielfach besprochenen und beschriebenen berühmten
Wandteppiche aus Bayard und Aulhac stellen ebenfalls Scenen
aus dem trojanischen Kriege dar. Die von Schumann erläuterten
Zeichnungen sind aber, um es kurz zu sagen, die Vorbilder,
nach denen die Teppiche aus Bayard und Aulhac ge-
webt worden sind. Aus diesem Grunde schon messen die
französischen Kunstforscher der Entdeckung großen Wert bei.
Schumann verlegt auf Grund eingehender Forschungen die Ent-
stehung dieser meist gut erhaltenen, leicht in blaurot und gelb
getuschten Federzeichnungen in das dritte Viertel des 15. Jahr-
hunderts, worin ihm Fachgelehrte wie Simond und Müntz bei-
stimmen. Gründe für diese Datierung sieht er zunächst in
folgendem: Die Zeichnungen sind auf Lumpenpapier ausgeführt,
das in dieser Güte erst Ende des 15. Jahrhunderts fabriziert
worden sei; jedes Blatt trägt ein dem Gebrauche dieser Zeit-
periode emsprechendes Wasserzeichen. Andere Gründe ergeben
sich aus der Komposition der Bilder, aus den wiedergegebenen
Trachten (die Hellenen als Ritter
Karls Vll., 1422— 1461, die
Trojaner als Türken, die Penthe-
silea mit dem dermin der fran-
zösischen Damen) und den abge-
bildeten Fahrzeugen als Schiffe
nach Art derer des Kolumbus.

Auf der Rückseite eines jeden
Kartons stehen auf besonders an-
geklebten Zetteln die betreffende
Scene erläuternde Verse. Da sie
in keiner anderen französischen
Dichtung des Mittelalters Vor-
kommen, scheinen sie eigens zu
diesen Zeichnungen verfaßt worden
zu sein. Den Entstehungsort und
den Schöpfer der äußerst wert-
vollen Zeichnungen genau festzu-
stellen, ist Schumann leider noch
nicht gelungen. Aus der nüch-
ternen Auffassung und dem Mangel
an Schönheit und Eleganz, glaubt
er auf einen nordfranzösischen
Meister schließen zu müssen; die
Zeichnungen können sehr wohl aus
Paris stammen. Mancherlei spricht
dafür, daß sie nicht nur ein und
derselbe Künstler gejertigt hat, daß
eine fremde Hand charaktervoll
individualisierende Frauengesichter
weggekratzt und durch übliche
hübsche Typen ersetzt hat. Auf
jeden Fall ist es ein unbestreit-
bares Verdienst Schumanns (dies
erkennen auch die französischen
Gelehrten rühmendst an), mehr

Lok

Licht in ein Stück französischer Kunstgeschichte gebracht zu haben,
das aus Mangel an Studienmaterial so gut wie dunkel dalag.
Durch ihn isl's möglich geworden, mit mehr Erfolg als bisher
eine Zeit zu erforschen, welche die schönsten Inkunabeln und
wahrscheinlich auch die Schöpfungen der französischen Prärassae-
liten entstehen sah. lssvsf

8. Plastisch-anatomischer Handatlas von vr.
Fritz Schider (Leipzig, Seemann L Cie. 10 M.). Ein
Buch, das mit großer Freude zu begrüßen ist, da die deutsche
Litteratur auf diesem Gebiet noch manche Lücke läßt. Gerade
an billigen und doch dabei anschaulichen Darstellungen der plasti-
schen Anatomie fehlt es recht bei uns. Und das auf diesem
Gebiet mustergültige Werk von Richer ist einesteils etwas kost-
spielig, andernteils bei dem französischen Text doch nicht einem
jeden so zugänglich. Die einen unserer deutschen Lehrbücher ver-
fügen über ein zu spärliches Bildermaterial, das dazu oft der
Anschaulichkeit entbehrt, die anderen verlegen ihren Schwerpunkt
zu sehr in die malerische Wirkung, was wiederum von der Haupt-
sache ablenkt und wie die Erfahrung beweist, zu großen Jrr-
lümern in der Begriffsbildung führt. Schiders Werk gehört auf
jeden Fall zu den besten, die wir besitzen und ist bei seinem billigen
Preis auch wohl allgemein zugänglich. Die meisten der Tafeln
unterrichten in ihrer schlichten und sachlichen Darstellung recht
gut über das Hauvtsächlichste, für den Maler Wissenswerte. Der
beigefügte kurze Text genügt als Hinweis für den, der schon
Anatomie stndiert hat, wenn auch der Text allein zum Studium
nicht ausreichen würde. Doch das beansprucht das Buch ja auch
nicht. Allerdings sind die Tafeln ziemlich ungleichmäßig. Eine
große Anzahl und besonders die vom Verfasser selbst gezeichneten
sind instruktiv und klar. Eine ganz intime Durchbildung kann
man wohl bei einem Werk von so billigem Preis, das nur über
Zinkklischees verfügt, nicht verlangen. Manche Tafeln allerdings
sind mittelmäßig, manche sogar nicht einmal das und blieben
daher zum Vorteil des Ganzen besser weg. So sind die ge-
zeichneten Akte zum größeren 2.eil recht schwache Schülerarbeiten,
die die Physiognomie des Buches beeinträchtigen. Am meisten
Wert haben wohl bei diesen Aklvorsührungen noch die reprodu-
zierten Photographieen, die wenigstens einigermaßen die Vorteile
der direklen Naluranschauung bieten. Trotz der erwähnten Mängel,
die dem Verfasser vielleicht selbst nur zu bekannt sind, ist cs ein
durchaus empfehlenswertes Buch. iMs;

„Gäste beherbergen". wilh. Steinhaufen 6el.

Nach dem Rarton zu den sieben Barmherzigkeiten.
 
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