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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Voll, Karl: Neues von Fritz von Uhde
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0294

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schlossen und es übt eine schwer zn vergessende Wirkung aus. Das erklärt sich vielleicht zum Teil aus der
außerordentlichen Vereinfachung des Sujets und an der Sparsamkeit, die sich nicht nur in der Anwendung
möglichst weniger Mittel, sondern auch in der denkbar einfachsten Ausgestaltung der erzählenden und malerischen
Schilderung kundgiebt. Wir sehen nur das unumgänglich Notwendige, vielleicht sogar etwas weniger; die
Vortragsweise ist beinahe stilisiert.

Die großen biblischen Bilder dürfen nicht als einzige Basis für ein Urteil über Uhdes Kunst genommen
werden. Sie sind nicht eigentlich die Höhepunkte seines Schaffens. Zur Kenntnis so energischer Arbeiter tragen

vielmehr jene Bilder bei, wo sie für sich studieren und wo sie von keiner Rücksicht auf das Publikum beeinflußt sind.

Hier sind vor allem die Porträts seiner Töchter zu nennen, wie sie das gegenwärtige Heft in Abbildungen vorführt.
Die Mädchen sitzen gewöhnlich im Freien an Gartentischen im Hellen Sonnenschein, der verstreut durch die
Zweige bricht. Derartige Bilder Uhdes pflegen ein künstlerisches Leben zu haben, das die Dual des Modell-
studiums nicht ahnen läßt, obwohl ihr Wert gerade in der unendlich gewissenhaften Ausführung liegt. Die beste
der Töchtergruppen scheint mir die a. S. 228 abgebildete zu sein; man kann bei ihr fast von Unmittelbarkeit
und Selbstverständlichkeit der Wirkung reden. Wenn man die frühen, unter französischem Einfluß entstandenen
Gemälde, wie die „Bergpredigt", mit diesem letzten, sonnigen Porträt seiner Töchter vergleicht, so glaubt man
beinahe nicht, daß sie von derselben Hand herrühren und doch ist auch die „Bergpredigt" schon ein echter Uhde.
Der Fortschritt ist ganz auffallend; das ist aber das Zeichen wahrer Künstlerschaft, daß die innere Entwicklung
nie gehemmt werden kann und daß von jedem frisch erreichten Ziele sich schon wieder neue Wege nach

neuen Zielen öffnen.

Eine dritte und vielleicht die anmutigste Seite von Uhdes Kunst bilden die kleinen religiösen Genre-
bildchen, von denen unser Heft den „Abschied des Tobias" bringt. Hier ist er nicht mehr der suchende

Forscher, sondern ein liebenswürdiger Dichter. Der harmlose, aber doch prickelnde Reiz, die Frische, die trau-
liche Stimmung sind lauter Verbindungspunkte mit L. Richter und M. v. Schwind. So viel Uhde sonst nach
den alten Meistern zurück- und zu den französischen Malern hinüberblickt, so ist er dagegen im religiösen
Genrebild ein durchaus deutscher Künstler, in dem sich die hohen gemütlichen und künstlerischen Dualitäten
unseres Volkes aufs liebenswürdigste aussprechen. Es wäre Thorheit, diese leichten Gaben seiner Muse über
die reifen Früchte seiner ernsten Studien zu stellen, aber es wäre auch eine Sünde wider den heiligen Geist
der Kunst, an ihnen achtlos vorüberzugehen. Sie sind ein wichtiger und wesentlicher Bestandteil in Uhdes Werk ;
sie geben Ersatz und Erklärung für manche Schwächen und Starrheiten in seinen großen, biblischen Bildern.

Man hat den neutestamentlichen Cyklus wohl gerne ein gemaltes Epos genannt. Dieser Bezeichnung
liegt das richtige Gefühl zu Grunde, daß Uhde seine Stoffe nie dramatisch behandelt: aber was kein Drama
ist, muß nicht notwendigerweise ein Epos sein. Es giebt noch ein drittes: das lyrisch gestimmte Lied. In der

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