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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Mortimer, Richard: Die Berliner Kunstausstellung im Landesausstellungsgebäude, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0382

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2Y8

Die Berliner Kunstausstellung im Landesausstellungsgebäude.

den etwas sensationellen Titel „Die Versuchung des
Weibes" führt. Es enthält manches malerisch Gute,
doch wird man nicht den Eindruck los, daß das Ganze
etwas Erkünsteltes, Erklügeltes ist und die Malerin
gerade so gut etwas anderes machen könnte. Die eigent-
liche Inspiration fehlt vollkommen. Es ist derselbe Ein-
druck, den man auch vor ihren graphischen Arbeiten hat,
die alle erquält, aber mit vieler ehrlicher Mühe und Fleiß
gemacht sind. Ottilie v. Geyer bringt ein Figuren-
bild „Perlen", welches trotz manchem Süßlichen aus
einer echt malerischen Empfindung herausgemalt ist und
jedenfalls auf die Künstlerin aufmerksam macht. Auch
von Frau Koner und Traute Steinthal sind Ar-
beiten da, die steigendes Können zeigen. Unter den
Landschaftern ist Hans Herrmann mit drei hollän-
dischen Städtebildern vertreten, wie man sie von ihm
kennt und schätzt. Unter den übrigen ragen als solche,
die eine persönliche Note haben, u. A. hervor Kays er,
Melzer, Antoine, Obronski, Geyer, Wendel,
Heßmert, Hofmann, Obst rc. Kuhnerts große
„Tropenlandschaft mit Elefanten" ist besser gemalt als
seine früheren Bilder. Niemand wird sie für große
Kunst halten, aber man muß diese im Dioramenstil ge-
haltene Arbeit als tüchtig anerkennen.

Zu den Düsseldorfern gehört vor allem der ver-
storbene Karl
Gehrts, dessen
Schaffen durch
eine Kollektiv-
Ausstellung ge-
ehrt wird. Im
übrigen er-
scheint Düssel-
dorf als ein Ab-
leger Berlins.
Zwar herrscht
dort ein Stück
der guten Tra-
dition des be-
nachbarten
Hollands, wie
sie sich in den
ausgezeichneten
Arbeiten von
I ernb erg,
Dirks, Eugen
Kampf rc.
äußert — feine
malerische
Werke, wie man
sie stets gewür-
digt hat. Wille
verlegt seine
Studienplätze
ins Eifelgebiet,
von wo er
große, echt poe-
tische Eindrücke
mitgebracht. Ein
Vertreter der
jüngeren Düssel-

I in Hirschen. Aug. Küble dvrser rUgNkeN-

Berliner Aunslnusjlellung. Malerei scheint

Böninger zu sein. Unter einem tiefblauen südlichen
Himmel liegen nackte Gestalten, junge Männer und Mädchen.
Der Katalog besagt „Idyll" und unter dem Rahmen stehen
die Worte: „Wie ist doch die Erde so schön, so schön".
Es kann kein größerer Gegensatz gedacht werden als
dieses Leitmotiv und dazu diese kalte, nüchtern erdachte
Dekoration, ohne jede Spur von Erdfreudigkeit, von über-
schäumendem Leben. — Die Karlsruher sind sehr spärlich ver-
treten; nur einige bekannte Namen wie Keller, Kanoldt,
Wielandt fallen auf. Die Weimaraner ebenso. Von
Thedy ein gutes Apfel-Stilleben. Aus München sind
eine Anzahl Bilder älteren Datums gekommen. Vor
allem das große Triptychon Exters „Adam und Eva",
welches wohl mit das schönste Stück Malerei ist, was
Exter je gemacht. Von Speyer „Die apokalyptischen
Reiter" aus der Secession (Abb. i. vor. Hefte). Von Land-
singer eine unter Böcklins Einfluß entstandene und gut-
gemalte Quellnymphe. Dann noch die eigentlich halb kunst-
gewerblichen Arbeiten Strathmanns. Der bekannte
Akt mit den Tauben von PaulSchad. Scherers
„Serpentintanz". Ein schönes Stilleben von Kri ckels-
dorf. Von anderen Namen noch Treiber, Marx,
Vogt, Grocholski, Lischke, Lautenschläger,
Schleich. — Mohrbutter in Hamburg malt mit
Vorliebe Porträts im großen Raum und deshalb größten
Formats. Doch hat man die Empfindung, daß trotz der
äußerst talentvollen Malerei noch ein Mißverhältnis
zwischen Größe und Bedeutung besteht. Albrecht ist
ein feinsinniger Landschafter. Leipold ist auf dem
Wege zu großer koloristischer Verfeinerung. KapPstein
malt ein Bild mit Truthühnern und Hähnen in der Art
Hubert v. Heydens. Der bekannte Landschafter Heffner,
der sich lange in England befand, sendet jetzt aus Florenz
vier Landschaften, die viel Schönes enthalten, wenn er
auch zu seinem Wein oft reichlich Wasser mischt.
Johanna Koch in Stuttgart malt eine nackte liegende
Mädchengestalt, die, wenn auch keine Psyche, so doch
eine gute Aktstudie ist.

Fast durchweg gute Leistungen sind die vereinzelten
Arbeiten des Auslandes. Die beiden wundervollen
Porträts von Lavery waren schon erwähnt. Das Ruskin-
Porträt von Her komer zählt mit zu dessen besten
Arbeiten. Sehr anziehend ist ein dunkles Damenporträt
von Frank Daniel l. Das Entzücken des Publikums
bildet „Das Frühlingsfest" AlmaTademas. Und wenn
man es auch nicht gerade zur großen Kunst rechnen
kann, so enthält es doch so viel Feinsinniges, so viel
reizvolles Details, sichere Zeichnung und Inst nor least
Stimmung, daß man hier dem lieben Publikum sein
Vergnügen lassen kann. Zwei Perlen sind die Land-
schaften von Austen Brown. Die beste französische
Leistung ist das Triptychon rl.a Laiser« von Gnil-
lau me Roger vom Salon 98. Allerdings muß man
zugeben, daß diese vom feinsten Geschmack geleiteten Phan-
tasien nur etwas für Feinschmecker sein können. Ein
ausländisches Stillcben von Vollon, ein paar Kleinig-
keiten von Raffaelli und ein schön gemaltes Bild
von Rillet, das Verwandtschaft mit Israels zeigt. Auch
die in diesen Blättern schon erwähnte „Jagd nach dem
Glück" von Roch eg rosse hat man aufgehängt. Von
Holland zwei gute Mesdags und von Sientje Mesdag
ein gutes Dünenbild. Sonst noch von Briet, Potvin
Hyser und Leem Putten beachtenswerte Arbeiten.
 
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