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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Wieland, E.: Die Jahresausstellung im kgl. Glaspalaste zu München
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0401

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Von E. lVieland.

SzL


Porträts, wie besonders auch durch seine Neigung zu einer
heroischen Auffassungsweise, die Keller selbst in einem
virtuos gegebenen Moltke-Profil bethätigt. Auch Ritter
hat neben einigen glücklichen Gesellschaftsbildern mehrere
Bildnisse von guten koloristischen Qualitäten ausgestellt.

Ein kurzer Rundgang durch die daran anstoßenden
Säle und Kabinette läßt uns nur selten den Fuß anhalten.
Vor Stoevings großem Idealbild mit nackten Frauen-
leibern in arkadischer Landschaft erinnert man sich nicht
zu Gunsten dieses Bildes an Marrs oben erwähnte
schöne Hüterinnen des hesperidischen Gartens. Nur
Zuber fesselt uns länger mit seinen in den höchsten
dramatischen Accordcn sich bewegenden „Erzählungen aus
dem russisch-türkischen Feldzug", eine sicher und breit
hingemalte Scene in einer halbasiatischen Schenke, deren
von rotflackerndem Herdfcuer halberleuchtete Dämmerung
dem Maler ein eminent malerisches Motiv bot, innerhalb
dessen er zugleich seine drastische Schilderungskunst bestens
bewähren konnte.

Aus den Massen der Schwarz-Weiß-Abteilung sei
in Kürze hier nur auf die sechs Rahmen mit Holz-
schnitten von Henry Wolf (New Jork) hingewiesen, die
an Weichheit jeden Vergleich mit der Radierung aus-
halten und an sauberer Delikatesse jene vielleicht noch
übertrefsen. Als bedeutende Darstellerin des Volkslebens
hat sich Käthe Kollwitz mit dem Cyklus von Radie-
rungen, der durch Hauptmanns „Weber" angeregt ist, in
kurzem einen Namen gemacht. Daß die Sachen als
technische Leistungen standhalten, ist ans den ausgestellten
Arbeiten der Künstlerin jetzt auch zu ersehen.

Mehr durch ihre Quantität als durch hervorragende
Leistungen macht die plastische Abteilung Anspruch auf
Aufmerksamkeit. Am meisten fällt die Porträtbüste von


Siegfried Wagner auf, welche dm Wiener Zerritsch
zum Autor hat, ohne indes sonderlich zu gefallen. Die
allzumalerische Behandlung dieser und anderer Wiener
Arbeiten ist eben doch zu sehr auf eine ganz bestimmte
Beleuchtung berechnet, als daß sie immer künstlerisch
wirken könnte. Christs elegante Bronzestatuette der
„Verführung" scheint unter dem Eindrücke von Hahns
„Eva" entstanden, auch Pfeifers „Siegfried" verrät
dieselbe Tendenz in der formalen Behandlung. Als
Kleinplastiker thut sich ferner Ludwig Dasio mit seiner
„Koketterie" hervor. Die raffinierte Marmortechnik der
Italiener stellt wohl der Mailänder Cassi am charakte-
ristischsten vor Augen. Der in Rom lebende Meirich
vermehrt in seiner Gruppe „Der tote Abel" das klassische
Motiv des sog. „Pasquino" um eine Figur. Bemerkens-
wert ist schließlich vielleicht noch die Menge der ausge-
stellten Plaketten und Medaillen, die erkennen läßt, daß
die von verschiedenen Seiten gegebene Anregung zur
Wiederbelebung dieser fruchtbaren Kleinkunst in den Kreisen
unserer Bildhauer auf keinen schlechten Boden gefallen ist.

F^rbensttichc.

Auch unter den Tharaktereu giebt es pastose und solche,
bei denen alles Lasur.

Der Goldgrund ist veraltet, der Geldgrund ist modern.
Strichler und Tüxfler giebt es nicht nur unter den Malern.

Iahres-Ausftellung im Münchener Gluspalaste.

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Die Annst für Alle. XIV.
 
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