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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Voll, Karl: Die VII. internationale Kunstausstellung der Münchener Secession
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Ausstellung'der „Secession", München, ^899.

tzans von hayck-pmx.

klarer als gewöhnlich. Stevensons weiche Elegie
behauptet sich dagegen nicht schlecht.

Der Engländer Maurice Greiffenhagen be-
handelt die Verkündigung im Sinne der Symbolisten.
Eine raffinierte, ausgeklügelte Linienführung soll die Idee
des Sinnigen und Reinen in uns hervorbriugen. Der
gewandte Pastellzeichner Muhrmann bleibt sich in
seinen dunstigen Themsestudien seit Jahren so gleich, daß
etwas Neues nicht gut über ihn gedacht und gesagt
werden kann. Bemerkenswert ist die breit und kräftig
gemalte Themsepartie vor der Pauls-Kathedrale von
George Thomson. Fernand Khnopff von Brüssel
schließt sich bei dem Porträt eines Edelknaben in Zeich-
nung und Arrangement bis zur Selbstverleugnung eng an
Antonello da Messina an, im verblasenen und ätherischen
Kolorit ist er allerdings der alte geblieben.

Die plastischen Arbeiten sind im gleichen Saale
untergebracht wie früher, der jedoch durch Einziehung
eines Gewölbes einen viel kräftigeren und klareren Ein-
druck macht. Die Beteiligung ist in Anbetracht der sehr
beschränkten Raumverhältnisse nicht reich; immerhin haben
wir zwei Werke von Adolf Hildebrand zu ver-
zeichnen: ein äußerst zart modelliertes Reliefbildnis des
Hans von Bülow und ein Dionysosrelief in Terracotta,
das archaische Schwere mit dem feinen Linienfluß einer
späteren Zeit allzu geschickt verbindet. Franz Stuck
hat wieder zwei kleine Bronzen ausgestellt: eine Tänze-
rin in sehr verschrobenen Formen, deren Gewand jedoch
recht gewissenhaft ausgeführt ist, und einen verwundeten
Centauren. Bille Vallgrens Blumenkelche, aus
denen schlanke Mädchen aufsteigen, atmen die gleiche
graziöse Frische wie sonst. Von den Münchener Aus-
stellern sind noch Kurz, Dittler und Hahn zu nennen.

Die graphische Abteilung bekommt ihre Physiog-
nomie durch die unglaublich reinlichen Radierungen und
Lithographien Otto Greiners; die Abhängigkeit

von Max Klinger macht sich diesmal besonders "empfind-
lich geltend, zumal Kliugers Stern wenigstens in Süd-
deutschland im Erbleichen ist.

Im Oberstock ist eine kunstgewerbliche Ausstellung
veranstaltet. Ein Herrenzimmer, vollständig entworfen
und ausgeführt von H. van de Velde wird das Haupt-
interesse auf sich lenken. „Schön ist anders" Pflegt der
Berliner zu sagen; aber ich glaube, daß es sich gut
arbeiten und behaglich leben läßt in dem Zimmer, das
eine uns ganz ungewohnte Rücksicht auf Bequemlichkeit
und Bewohnbarkeit zeigt vorausgesetzt, daß die heikle
Farbe immer hell und rein bleibt. Eine Kollektion von
Arbeiten in Edelmetall und von Töpfereien befindet sich
im Saale vor Veldes Herrenzimmer. Hierüber zu be-
richten ist hier nicht der Platz; es geziemt sich nur, den
Dank auszusprechen, daß man trotz der bescheidenen Raum-
verhältnisse der sogenannten angewandten Kunst so viel
Platz zur Verfügung stellte.

-L Aphorismen, ^

Die Hauptsache.

Manch großer Künstler muß entbehren,
Was eigen nennt ein mind'rer Mann,
Mas in der Welt kein Meister lehren,
Und was kein Studium bilden kann:
Das, was kein noch so heiß Bemühen
Mit aller Kraft zum Ausdruck bringt:
Das echte Kunstwerk muß dnrchglühen
Die Seele, die die Seele zwingt.

Die Kunst des Tages ist das heit're Kind,

Das zu der ernsten Mutter Füßen spielt;

Mb toll und wild auch seine Sprünge sind,
lind ob sie ihm auch manche predigt hielt,
verzieh sie endlich jede llnart noch
Und liebt es doch. A. LUer.
 
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