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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Habich, Georg: Alte und neue Akademien
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0430

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Line INalerakademie
des sechzehnten Jahrhunderts.


Alte und neue Akademien.

von vr. Georg Habich.


A>ie Anfänge und Vorstufen des Akademiewesens weisen über die Carracci, Lionardo da Vinci und Squarcione
weiter zurück, als man gemeiniglich annimmt, und der schnlmäßige Betrieb der bildenden Kunst ist selbst
im klassischen Altertum nicht ganz ohne Vorbild. Wir wissen von klösterlichen Zeichen- und Malschulen im
frühen Mittelalter, und später zur Zeit der zunftmäßigen Organisation der Kunst und des Kunsthandwerks
dürften einzelne Künstlerwerkstätten gemäß der Anziehungskraft, die dieser oder jener Meister ausübte, mehr
Kunstschulen als Werkstätten geglichen haben.

Lionardos Schule, die als erste Akademie angesehen wird, war eine ganze individuelle Schöpfung des
Meisters; seine Anschauung und Methode hat er schriftlich niedergelcgt in dem berühmten »Irattato ckslla
pittura«; denn nichts anders als ein Lehrbuch sollte dieser Traktat sein. Ein Satz daraus lehrt, wie weit
der Geist seiner Schule von der Schablone späterer Akademien entfernt war: „den Malern rufe ich zu,
daß niemals jemand die Art und Weise eines andern nachahmen solle, da man ihn in Hinsicht
der Kunst nicht einen Sohn, sondern einen Vetter der Natur nennen wird; denn, da die natür-
lichen Dinge in so großem Reichtum vorhanden sind, will und muß er auf diese zurückgehen
und nicht auf die Meister, die von jenen gelernt haben". Die Schule der Carracci zu Bologna
wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gegründet, um dem verblasenen Manierismus der späteren
römischen Schule entgegen zu wirken. Hier finden sich zuerst alle Gegenstände des akademischen Betriebes
vereinigt; außer dem Unterricht in der Malerei las ein Fachmann über Anatomie, daneben wurden mathe-
matische Konstruktionen und die Lehre der Perspektive regelrecht betrieben. Gelehrte Vorlesungen vermittelten
den Schülern die humanistische Bildung der Zeit; der Grundzug der ganzen Schule war der eines gelehrten
Eklekticismus. Durch solche vereinzelte Akademiegründungen wurde im übrigen der zunftmäßige Betrieb der
Kunst in den Städten nicht gestört, vielmehr finden sich bis gegen die Mitte des 17. Jahrhunderts und noch

4;

Die Kunst für Alle XIV, 22. 15. August 1899.
 
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