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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Habich, Georg: Alte und neue Akademien
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0440

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von vr. Georg Lcibich. z-^Z

seits löst solche Leidenschaftlichkeit aber auch gelegentlich manche Freundschaftsbande, denn Eifer und Eifersucht
sind nahe verwandt.

Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob die Leichtigkeit des Zutritts zum Kunststudium nicht
für das Anwachsen eines leider nicht wegzuleugnenden Künstlerproletariats verantwortlich zu machen sei.
Gewiß, die Zahl der verunglückten Künstlerexistenzen mehrt sich, aber der Akademie kann das nicht in
die Schuhe geschoben werden. Zwar würde man vielleicht auf Grund statistischer Erhebungen Nachweisen
können, das; die Akademien zur Masse der gescheiterten Existenzen ein größeres Kontingent stellen, als die
allenthalben wie Pilze anfschießenden Privatkunstschulen. Jedoch die Statistik würde sich hier so trügerisch
erweisen, wie auch sonst; denn es ist aus naheliegenden Gründen anzunehmen, daß es gerade die verhältnis-
mäßig minderbemittelten Elemente der kunststudierenden Jugend sind, die sich den Staatsakademien znwenden,
während weitaus die größere Masse der vornehmen nnd begüterten Dilettanten, die sich von der Eigen-
schaft eines Atelierinhabers eine angenehme gesellschaftliche Stellung versprechen, die Privatschulen des Jn-
und Auslandes der größeren Bequemlichkeit und Unabhängigkeit wegen vorziehen. — Im Interesse des Staates
liegt es, für die Erhaltung nnd Ausbildung der manuellen Geschicklichkeit Sorge zu tragen. Zeigt doch der
Riesenerfolg der japanischen Industrie, was die allgemeine Verbreitung einer an Kunst streifenden Handfertig-
keit für ein Volk bedeutet, und es hat etwas Einleuchtendes, was Diderot sagt: ein Volk, welches auf die
zeichnerische Ausbildung der Jugend denselben Wert legen würde wie auf Lesen und Schreiben, werde ohne
Zweifel nicht nur das höchst kultivierte, sondern auch das wohlhabendste der Welt sein. Der heutigen Kunst-
gewerbeschule, die diese Aufgabe zu erfüllen Hütte, haftet (mit Recht oder Unrecht, das bleibe hier dahin gestellt)
in den Angen der Künstler der Begriff des Handwerklichen und der Schablone an. Was Hilst es da, künst-
lerisch gebildete, ja ausgezeichnete Lehrer anzustellen, wenn denselben das rechte Schülermaterial mangelt.
Richte man die Akademien mehr auf das Bedürfnis des neuerdings wieder so mächtig aufstrebenden Kunst-
handwerkes ein, und der Vorwurf, der Staat sorge nicht für das Fortkommen der Künstler, wird gegenstands-
los sein. Mehr Zeichnen und Modelliren als Selbstzweck, etwas von dem Geiste der Schule des Ulolcu-sai
möchte man unseren Akademien wünschen. Auf diesem Wege würde auch der Gefahr jenes geschmackvollen
Dilettantismus, eines gewissen damenhaften Zuges, der sich bereits im modernsten Kunstgewerbe bemerkbar
macht, am sichersten begegnet werden. Auch bei der Kunst im Gewerbe kommt alles auf das Können an.
Ter „gute Geschmack" reicht kaum aus zum Scheinleben der Mode. „Stil" dagegen ist etwas Männliches
und darnach strebt man mit Erfolg nur durch strenge Zucht.

Die Aunst für Alle. XIV
 
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