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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Pauli, Gustav: Die Bibliothek des Kunstfreundes
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0472

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Z72

Die Bibliothek des Kunstfreundes, von Gustav Pauli.

immer läßt sich die Trennung der kunstwissenschaftlichen Bücher nach den beiden angedeutetcn Kategorien so
reinlich besorgen. Vielmehr werden die allermeisten etwas vom Katalogstoff wie von geschichtsphilosophischer
Betrachtung nebeneinander enthalten. Der Fachgelehrte im engeren Sinne neigt, wie überall, so auch hier,
zu einer einseitigen Ueberschätzung des Forschungswertes. Die neuen Gesichtspunkte liefert er sich selber und
braucht die Anregung so wenig wie weiland der Pharisäer die Seelenbuße. Wenn ein Buch eine Menge
neuen kunstgeschichtlichen Materials, gehörig kritisch durchgesiebt und säuberlich geordnet, bringt, so ist es gut,
mag es im übrigen geschrieben sein wie von einem Kohlenbrenner. Wehe aber dem Gelehrten, dem sich in
der Materialkenntnis Lücken oder Ungenauigkeiten Nachweisen lassen oder der sich in der Stilkritik versieht.
Ihm Hilst bei den Kollegen nicht der glänzendste Stil, nicht die Fülle oder die Originalität der Gedanken.
Mit dem „Mangel an kritischer Schärfe" ist sein Opus gerichtet. Ueber einen Mann wie John Ruskin lächeln
schon die kleinen Kinder der Kunstgeschichte im dritten Semester. Was mußte man bei uns sogar über einen
Herman Grimm oder Heinrich Brunn hören.

Wer aber meint, daß die Wissenschaft nicht einem Selbstzweck diene, sondern daß sie nur eines der
Mittel sei zur höheren Kulturentwicklung des Volkes und des Einzelnen, wird einen anderen Maßstab an-
legen. Er läßt die Anhäufung von Kenntnissen noch nicht als Bildung gelten und er wird ein Buch, auch
ein kunstwissenschaftliches, in erster Linie auf seinen Anregungswert prüfen. Von diesem Gesichtspunkte aus
betrachtet, steht beispielsweise Ruskin in einem ganz andern Lichte da. Mag sein, daß er als Kunstforscher
nicht viel taugt, dabei war er jedoch nicht weniger sondern mehr als ein exakter Fachgelehrter. Mit der ein-
seitigen Parteilichkeit eines Künstlers, aber mit der Empfindung eines Dichters und mit der Beredsamkeit eines
großen Predigers wandte er sich an seine Nation und sie hat ihm zugehört, wie keine andere Nation einem Kunst-
gelehrten je zugehört hat. Ein vollständiges kritisch topographisches Verzeichnis der Kunstdenkmüler Venedigs
würde einem Gelehrten wertvoller erscheinen als die -Stories ob Vsnics«. Für die Bildung eines Volkes
würde freilich ein derartiges Register nichts oder nur sehr mittelbar etwas taugen. Die »Ltones ock Vsnice«
dagegen haben das Interesse, ja die Begeisterung von vielen Tausenden für die Kunst Venedigs angefacht.

Der alte geistvolle Wilhelm Riehl sagte einmal, er teile die Bücher ein in solche, die mau im
Walde lesen könne und solche, die man nicht im Walde lesen könne und die erstereu seien die besten. Von
solchen Büchern muß man ausgehen, wenn man sich nicht von vornherein den Geschmack an der kunstwissen-
schaftlichen Litteratur verderben will. Sie sollten zuerst in der Bibliothek des Kunstfreundes stehen. Wenn
erst sein Interesse auf ein besonderes Gebiet gelenkt ist, so wird die spezielle, eingehende Fachliteratur sich
von selbst einstellen. Wenn ich es nun zum Schlüsse wage, zwanzig solcher Bücher anzuführen, so thue ich
es unter all den Vorbehalten, die persönlicher Geschmack und die Grenzen der Belesenheit einem auferlegen.

Taine, pliilosopllis cks 1'urt — Springer,
Handbuch der Kunstgeschichte — Brunn, Geschichte
der griechischen Künstler und griechische Götterideale —
Thode, Franz von Assisi — Ruskin, Ltones ob
Vsnics — Burckhardt, Kultur der italienischen Re-
naissance und Geschichte der italienischen Renaissance —
Springer, Raffael und Michelangelo — Grimm,
Michelangelo — Springer, Dürer — Thausing,
Dürer — Woltmann, Holbein — Vosmaer, Rem-
brandt — Burckhardt, Erinnerungen aus Rubens —
Fromentin, kckuitres cl'autrskois — Justi, Velaz-
quez — Goncourt, O'art cku siscls —

Ruskin, Blockern painters — Justi, Winckelmanu.

-Tarbenstviche. —

Gute Bilder mag man noch so niedrig hängen — den
meisten Beschauern sind sie doch zu hoch.

* *

Wenige Striche genügen oft, um den — Pinsel zu erkennen.

*

Ls giebt viele gute Techniken, aber nur eine gute Kunst.

«-

Der 'Plein-air-Nkensch hat vor dem Plein>air-Naler
das größere Atelier voraus.

gnnthaierin. Karl Haider piux. Peter Sirius.
 
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