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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Seidlitz, Woldemar von: Sascha Schneider's Fresko in Cölln bei Meissen
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0087

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SASCHA SCHNEIDER -CSs^

Freskotechnik sie überhaupt nur bei äusserster gen Himmel schwebt, endlich einen Greis in
Anspannung herzugeben vermag; die lockerer den Lüften, neben sich ein Mädchen mit er-
gefügten Gruppen der auferstehenden Erlösten hobenen Händen. Der seelische Inhalt, der
dagegen sind wesentlich in gedämpfte Töne ge- diese Gestalten erfüllt, entschädigt reichlich
hüllt, grau, braun, violett; nur die lebhafte für einzelne Unklarheiten, die hier noch —
Pracht der dem Grase entspriessenden Blumen im Gegensatz zu den Gruppen der Engel —
bringt eine Abwechselung hervor und lenkt in der Komposition herrschen,
den Blick auf die ewig sich verjüngende Kraft Spricht sich die Darstellung auch schon
der Erde herab. deutlich in der Farbengebung aus und be-

Diese beiden unteren Gruppen sind reich kündet diese jene Lust an der äusseren Er-
an einzelnen Schönheiten. Packend erscheint scheinung, welche den echten Maler aus-
auf der rechten Seite vor allem die Gestalt macht, so beruht doch das Gelingen des
eines üppig-blonden, in gelbes Gewand ge- Werkes in noch höherem Grade darauf, dass
kleideten Weibes, das aufschreiend in die der Zeichner die Grundlagen der Komposi-
Tiefe stürzt. Links gewahren wir einen tion, das Knochengerüst seiner Gestalten,
Jüngling auf der Todesbahre, einen Mann, mit sicherer Hand festgestellt und sorgfältig
der seiner Gruft entsteigt, eine Frau, die bis in alle Einzelheiten hinein durchgearbeitet

hat. Hier sieht man, welcher
Segen in der Nötigung zu
monumentalem Denken liegt.
Denn da jeder Hintergrund
fehlt und die Figuren keinen
festen Stand unter sich haben,
musste von vornherein auf
die Erzielung realistischer
Wirkungen verzichtet wer-
den. Um ferner den Raum
vollkommen ausfüllen zu
können, sah sich der Künst-
ler genötigt, die Gestalten
von solcher Grösse zu bilden,
dass sie oben wie unten so
gut wie an den Rand der Mal-
fläche anstossen. Das führte
ihn zu fast doppelter Lebens-
grösse. Bei solchen Verhält-
nissen ist es nicht möglich,
eine armselige Naturstudie
einfach zu vergrössern; da
muss die Gestalt gleich so
ersonnen werden, wie der
Raum es erfordert. Diese
Schaffenskraft hat Schnei-
der, gestützt auf seine ge-
naue Kenntnis des mensch-
lichen Körpers, bewiesen;
auch hat er es verstanden,
die Gestalten in allen Einzel-
heiten durchaus einheitlich
durchzuführen, wodurch
solche Phantasiegebilde erst
ihre reale Daseinsberechti-
gung erlangen.

Der Akademische Rat zu
Dresden hat sich durch die
Erteilung des Auftrags zu
dem Gemälde ein dauerndes
Sascha Schneider Zeichnung zum cöllner fresko Verdienst um die gesunde

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