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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Fitger, Arthur: Aus meinem Leben, [5]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0099

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~s-S=g> A. FITGER. AUS MEINEM LEBEN <ö£-*-

Stationen der jeweiligen Arbeiten. Bremen Klarheit ihres Urteils, die Zartheit ihrer
ist freilich als grosse, blühende Handels- Seele und die goldene Echtheit ihres Charak-
empore in der ganzen Welt berühmt, und ters. Sie war ein bischen verwachsen, aber
wenn je eine Stadt mit Kraft und Klugheit sie trug, wie jene Märchengestalt Leanders,
sich trotz zahlreicher geographischer und unter der Verbildung ihres Rückens Engels-
politischer Schwierigkeiten einen Platz unter flügel verborgen. Sie war die einzige, mit
den Besten erkämpft hat, so ist es Bremen. der ich über Malerei im engeren Sinne des
Dass aber neben seiner grossen kommerziellen Wortes sprechen konnte.
Stellung Bremen auch auf künstlerischem Ausnehmend begabt und mich in mancher-

und wissenschaftlichem Gebiete auf vorge- lei Interessen hineinziehend war der Syndikus
schobenem Posten steht, ist nur Verhältnis- der Handelskammer und nachmalige Minister-
massig wenigen Vertrauten ganz zum Bewusst- resident in Bogota und Lima, der früh ver-
sein gekommen. Ich will hier nicht die lange storbene Dr. H. A. Schumacher, der mir
Reihe klangvoller Namen unserer illustrei. zuerst Mut machte, mit schriftstellerischen
Toten aufzählen, aber man nenne unter den Arbeiten vor die Oeffentlichkeit zu treten, die
Lebenden nur Otto Gildemeister, und jeder, kunstkritischen Feuilletons der Weser-Zeitung,
der Empfindung für das echte Gold wahr- ja sogar eine ziemlich ausführliche Bauge-
hafter Lebensweisheit hegt, das in den edelsten schichte des Bremer Domes zu schreiben und
Formen sprachlichen Stils dargeboten wird, in geselligem Freundeskreise mit Liedern und
wird wissen, dass es sich hier um einen der Festspielen nicht zurückzuhalten.
Besten unserer Zeit handelt, der, wie der Mit aufrichtigem Wohlwollen kam mir

Bildung des ganzen grossen Volkes im all- gleichfalls Carl Reinthaler entgegen, der
gemeinen, so namentlich auch der Kultur Komponist so mancher grossen musikalischen
seiner engeren Vaterstadt einen unvergäng- Werke, deren Erfolg Jahrzehnte überdauerte,
liehen Stempel aufgedrückt hat. Ungeteilte, dessen schöne Lieder noch heute leben. In
bedingungslose Verehrung ist die Form, in seinem gastlichen Hause lernte ich nicht nur
der Bremen ihm die Jahre seines Alters zahlreiche Musikgrössen minorum gentium,
dankbar verschönern möchte. Dass dieser sondern auch Richard Wagner und Brahms
Mann mir vergönnt hat, ihm näher zu treten, kennen. Namentlich aber führte er mich in
wurde nicht unwesentlich durch eine Malerin den Chor der Singakademie ein, wo ich die
von grosser Begabung und strahlendem Geiste, reinsten Freuden geniessen lernte, wenn ich
Amalie Murtfeldt, befördert. Sie war eine unter seiner Leitung die grossen Bach'schen
Schülerin von Carl Sohn und später von und Händel'schen Oratorien mitsingen durfte,
Couture gewesen und leistete als Künstlerin Beethoven's Messe und Neunte Symphonie,
vortreffliches; allein höher noch als ihre Brahms1 Requiem, das Reinthaler aus der
Bilder war ihre Bildung zu schätzen, die Taufe gehoben, oder ein paar grosse Cantaten

von Georg Vierling, zu denen kein
geringerer als ich selbst den Text ge-
schrieben hatte. Nichts lässt sich dem
Gefühl innerster Beseligung vergleichen,
mit dem ich damals von den grossen
Rythmen jener unsterblichen Werke mich
dahinreissen Hess, zufrieden mit der
bescheidenen Mitwirkung im Chor, und
doch begeistert, als ob auf mir die
ganze Verantwortung beruhe. Solches
Gefühl ins Grosse, aus dem ästhetischen
Spiel in den blutigen Ernst übersetzt,
muss den todesmutigen Soldaten, den
fanatischen Glaubensboten erzeugen.
Aber während mir die Singakademie
diese freundschaftliche Aufnahme ge-
währte, ging es mir schlecht bei dem
Verein, zu dem mich mein Beruf natür-
licherweise hinführte, bei dem Kunst-
verein. Als wohlerzogener junger Mann
Edmund harburger Lebensabend verfehlte ich nicht, seinem Vorsitzen-

Freie Vereinigung d.irmstiidter Kiinsrlcr den, dem DR. S., meine Aufwartung zu

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