Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

DOI Artikel:
Fitger, Arthur: Aus meinem Leben, [5]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0098

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
B Kunstuiuliothek
Staatliche Museen
zu Berlin

~b-4Ö> A. FITGER. AUS MEINEM LEBEN -CÖ*^

bis sich die Kunsthalle einen Böcklin an-
schaffte, hat es immerhin einige Zeit ge-
kostet; allein an einer normalen, etwas mas-
siven Gesundheit war nicht zu zweifeln. So
wurde mir denn wenigstens nicht mein Kopf
wirr und mein Herz schwer gemacht durch
den Kultus des Absurden und Kindischen,
der wie augenblicklich in der ganzen Welt, so
auch bei uns heute das grosse Wort führt. Da-
mals wäre ich leicht verrückt darüber ge-
worden; heute begnüge ich mich mit einem
lächelnden Degoüt und denke an Flagellanten-
prozessionen, Hexenprozesse, Puritanerge-
näsel, Sansculottenbestialität, oder, um klei-
nes mit kleinem zu vergleichen, an Pluder-
hosen, Perrücken, Zöpfe, Krinolinen und der-
gleichen Krimskrams mehr, das alles einmal
Mode war und alles wieder zum Teufel ge-
gangen ist, ohne dass die Sonne ewiger
Schönheit einen Flecken davon bekommen
hätte.

Indem ich mich der Quantität meiner
Arbeiten mit einer eigentlich unstatthaften
Selbstgefälligkeit rühme, fühle ich mich je-
doch auch verpflichtet, einiger helfender
Freunde dankbar zu gedenken, ohne deren
rüstige Mitarbeiterschaft mir solche Massen-
produktion nicht möglich gewesen wäre. Ich
will sie nicht alle einzeln mit Namen auf-
führen, zumal auf einen geschickten, wirklich
helfenden in der Regel drei Trottel zu rechnen
waren, deren stupendes Nichtkönnen oft schon

nach wenig Tagen zu sofortiger Auszahlung
des bedungenen Quartalhonorars und einem
Abschiede auf Nimmerwiedersehen führte.
Nur meinem vortrefflichen Freund Heinrich
Fette, einem bremischen Landsmanne, der
seit mehr als fünfzehn Jahren sein eigenes
grosses Talent fast brach liegen lässt, um
mir mit unerschütterlicher Treue beizustehen
und mit seiner künstlerischen Gewissenhaftig-
keit da nach dem Rechten zu sehen, wo meine
Flüchtigkeit nur allzugern bereit wäre, eine
Hand voll Noten unter den Tisch zu werfen,
möchte ich an dieser Stelle mit meinen herz-
lichen Dank aussprechen, dass seine solide,
strenge rechte Hand in zahlreichen Fällen
zum Gelingen des Ganzen ebensoviel gethan
hat, wie meine nervöse, flüchtige linke. Viel-
leicht finde ich später einmal Gelegenheit,
ihm und einer kurzen Reihe anderer gleich-
strebender Freunde und Mitarbeiter eingehen-
der gerecht zu werden.

In der Abfassung einer Selbstbiographie
steckt immer ein Posten Eitelkeit; sogar das
Streben nach möglichst ungeschminkter Wahr-
haftigkeit der confessions bedeutet im Grunde
auch wiederum Eitelkeit: „Wie hübsch sieht
es aus, wenn man so aufrichtig sich selbst
kritisiert!" Ich will, um diesem Verdikt thun-
lichst vorzubeugen, versuchen, mehr die Ver-
hältnisse, die auf meinen Lebensweg Einfluss
gehabt haben, zu schildern, als seine einzelnen
Etappen, oder vollends die einzelnen Leidens-

CARL KÜSTNER THAUViETTER
Freie Vereinigung Darmstädter Künstler

87
 
Annotationen