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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Fitger, Arthur: Aus meinem Leben, [6]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0121

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«b-5^> A. FITGER. AUS MEINEM LEBEN -C^ä=^

von mancherlei Etappen berichten, ehe ich an
solchen Ehrentag gelange; denn chronologisch
befindet sich mein Bericht noch in dem An-
fange der siebziger Jahre.

Als junger, harmloser Bursch, der ich
damals war, gehoben durch das Gefühl, nicht
immer im Kreise von Männern wie Lenbach,
Böcklin, Kugler, Knille Numero Letzt, sondern
auch einmal im Kreise mehr oder weniger
gewöhnlicher Sterblicher eine der besseren
Nummern zu bedeuten, sprühte ich mein
bischen Lebensfeuerwerk fröhlich nach allen
Seiten um mich her, und das Vergnügen, das
ich mit meinen Gelegenheitspoetereien erregte,
steigerte meinen Mut von Jahr zu Jahr. Schon
hatte ich gewagt, förmliche Stücke für ein
Liebhabertheater zu schreiben, dessen Publi-
kum ca. zwölfhundert Köpfe zählte, und auf
dem ich mit Eifer mimte. Ich erinnere mich
noch einer Scene, da ich als geistig und leib-
lich verseuchter Bettler in das Atelier Michel-
angelosgekommen war, mich zu einem Meuchel-
morde an Raphael zu erbieten und der plötzliche
Anblick der Mosesstatue mich von meinem
bösen Vorsatz bekehrte. Es war auf einen
richtigen Theatercoup abgesehen und der furor
dramaticus riss mich dermassen hin, dass
ich mir wütend in die Haare fuhr und die
Perücke mir vom Kopfe riss. Der Moment
wird wohl ziemlich überwältigend komisch
gewesen sein, aber mein Publikum fasste sich
doch und statt schallenden Gelächters wogte
nur ein schnell unterdrücktes Kichern durch
den Saal. Ein anderes Mal hatte ich gewettet,
ich wollte als König Heinrich IV. im Schloss-
hofe zu Canossa auf offener Scene ein Glas
Bier trinken, und es gelang mir wirklich, an
der verschneiten Kirchenthüre so zusammen
zu brechen, dass ich das hinter die Coulisse
geschobene Glas erreichen und mein profanes
Vorhaben bequem ausführen konnte.

Mit der Zeit jedoch genügte dieser Di-
lettantismus mir nicht mehr und ich wendete
mich an das eigentliche Theater. Mein frühestes
Opus: „Adalbert von Bremen" erlebte seine
Premiere auf dem Hoftheater in Oldenburg
und seine bald darauf folgende Derniere auf
dem Stadttheater in Bremen; mein folgendes:
„Die Hexe" bestand 1879 mit der genialen
Marie Geistinger in der Titelrolle in Leipzig
die Feuertaufe und ging von da über zahl-
lose Bühnen des In- und Auslandes; nicht
nur ins Dänische, Schwedische, Holländische,
Ungarische und Englische ist es übersetzt,
nicht nur auf amerikanisch-deutschen Theatern
ist es eine Art Repertoirestück geworden,
sondern sogar das zahme St. James-Theater
in London hat es, allerdings mit nicht un-

erheblichen Beschneidungen, zu bringen ris-
kiert, und augenblicklich erlebt es sogar als
Oper noch einen gewissen Altweibersommer.
Ein folgendes Stück: „Von Gottes Gnaden"
wurde, nachdem es ein paar glückliche Auf-
führungen in Bremen und Hamburg erlebt
hatte, in Berlin von der Polizei verboten,

A. HILDEBRAND KARL THEODOR HER-

ZOG IN BAYERN ■ ■ *

aber in meiner huronenhaften Naivität ver-
schmähte ich die Reklame, die sich aus solchem
Polizeiverbot herausschlagen lässt, und Hess
die Sache laufen, resp. das Stück fallen. Ein
viertes endlich: „Die Rosen von Tyburn"
erlebte seine Premiere im Residenztheater zu
München und ist hernach eine Zeitlang, dank
der meisterhaften Darstellung, ein Repertoire-
stück der Meininger gewesen. Dazwischen
fallen noch ein paar Uebersetzungen nach
Augier und Lord Byron. Auch ein, von vorn-
herein nicht für das Theater bestimmtes Stück:
„Jean Meslier" habe ich seitdem publiziert.

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