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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Schwedeler-Meyer, Ernst: Festspielkunst: das fünfundzwanzigjährige Jubiläum des Leipziger Kunstgewerbemuseums
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0213

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gundischen Hauben mit den wallenden
Schleiern, dazwischen das Blitzen der
Kronen und Funkeln der Edelsteine,
vereinigte sich zu einem farbenstarken,
auf weiss, rot und gold gestimmten Bilde.

Volkstümlicher war das Renaissance-
bild gehalten. Vor den Thoren Nürn-
bergs bewegt sich der lange Zug der
Spaziergänger, Burschen und Mädchen,
Lanzknechte und Studenten, Patricier-
söhne und Patricierinnen, grüssend und
schäkernd ziehen sie vorüber und ver-
gessen auch des Bettlers unter der
Linde nicht, oder drängen sich neugierig um
den Tisch des Bilderhändlers, der seine
Heiligenbilder und Dürerschen Holzschnitte
feilhält; auch der Herr Bürgermeister naht
mit seinem Ehegesponst und wird geziemend
begrüsst. Und nun drängt eine Schar von
Kindern einem Spielmann nach, der erst
leise, dann allmählich lauterund lauter werdend
nach einer Melodie von überquellender Frische
und Lebendigkeit alles zum Tanze zwingt.
War hier auch zum Teil für die Kostüme
Vorhandenes verwandt worden, so hatte doch
Herr Dr. Kurzwelly mit grosser Geschick-

L. v. HOFMANN entw.

L. v. HOFMANN entw.

lichkeit manche echte Figur aus alten Bildern
hervorzuzaubern gewusst; da konnte man
nach den Baseler Zeichnungen Holbeinsche
Figuren sehen oder in das Leben über-
tragene Porträts Cranachs, und auch die lieb-
liche, in weiss mit Gold gekleidete Tochter
des Bürgermeisters Meyr aus dem Holbein-
schen Madonnenbilde fehlte nicht.

„Rokoko ist, wenn ich mir das Haar pudere
und einen Reifrock anziehe." Gerade solcher
Ansicht wollte Dr. Graul entgegentreten und
ein Watteaubild geben, wie es wirklich war.
Freilich erregte der Verzicht auf diese Dinge
viel Trauer, leichte Ansätze zur Empörung
zeigten sich, und, wenn nicht an den Patro-
nessen gerade dieses Bildes, wie an einem
rocher de bronce, alles abgeprallt wäre, was
eigenmächtig vorgehen wollte, hätte die Ein-
heitlichkeit und somit der Erfolg in Frage
kommen können. Die Mühe war aber reich
belohnt als der Vorhang sich hob und in
einem mit Statuen geschmückten Rokoko-
saal graziös gelagerte Gruppen sich zeigten,
und Pärchen, die im leichten Schritt sich
näherten und entfernten. Da treten in schneller
Tanzbewegung zwei Pierretten auf, ihnen folgen
Harlequin und Pierrot und auch der arge Pan-
talon fehlt nicht, die Liebespaare zu stören, bis

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