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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Schumann, Paul: Arnold Böcklin
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0315

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-*-5Ö> ARNOLD BOCKLIN <2£^-

Scene und sagt am Schlüsse seiner ehrlich anders zu erwarten". Die Krone der Kunst-
bewundernden Kritik: „Nicht vielen ist es kritik erringt aber ein Herr v. L. Er nennt die
vergönnt, die Geheimnisse der Tiefe so zu „Gefilde der Seligen" das blaue, das „Meeres-
erspähen, wie Böcklins spähendes Poetenauge" idyll" das grüne, das „Spiel der Wellen" das
(„Vossische Zeitung" 27.Juni 1883). Dagegen blaugrüne Wunder. „Einige, ich weiss nicht,
lesen wir z. B. im „Reichsboten" (1. Juni): Der wie viele Quadratfuss Leinwand sind mit
edlen Zeit wegen wollen wir nicht noch ein- Wellengewoge erfüllt, in welchem schöne
mal dieses widerliche Phantasiegebilde vor blaue und grüne Farbentöne in allen mög-
unserem geistigen Auge vorüberziehen lassen, liehen oder, wie ich meine, unmöglichen
In der „Volkszeitung" (12. Mai) heisst es: Und Nuancierungen neben und durcheinander ver-
die Poesie, welche den Mythen der Alten treten sind. Wenn der Herr Prof. Böcklin
innewohnt, fehlt auch in Böcklins „Spiel der wüsste, dass ich mehrjährige Schwimm-
Wellen". Das bizarre Gemälde erscheint im anstaltsstudien hinter mir habe, würde er mir
Polytechnikum noch nüchterner als in der nicht zumuten wollen, zu glauben, dass
Gurlittschen Ausstellung und ruft keine Illusion jemand im Schwimmen so untertaucht wie
hervor. In der „Kreuzzeitung" (16.Juni) werden dieses flossenspornige schüchterne Meerjung-
Böcklins Bilder und Gestalten beleidigend fräulein. So taucht man wohl unter, wenn
für das ästhetische Gefühl genannt. „So ist man von hohem Sprungbrett sich mit Kopf-
uns denn dies „Spiel der Wellen" nur ein sprung ins Wasser stürzt, aber wir befinden
Meerfax, das Schaumspritzen einer Kunst- uns hier auf uferloser Flut. Jede Empfindung,
revolution, das künstliche Heraufbeschwören deren das Menschenherz fähig ist, mag der
einer neuen Richtung, welche man Fratze- Maler durch seine Darstellung anregen wollen,
ologie zu nennen versucht wird, einer Rieh- aber die Kunst soll ihm heilig sein, um
tung, die leider auch in unseren Kunstlehr- Schreckpopanze für unartige Kinder oder An-
anstalten zu viel Boden gewinnt, die, wie lässe zu Fehl- und Missgeburten auf die
wir dies wiederholt nachgewiesen, in den Leinwand zu bringen. Ich habe zwei Er-
hier ausgestellten Werken ihren Spuk treibt; klärungen für die Entstehungsgeschichte dieses
dass die ganze Damenwelt über Böcklins Bildes. Die zweite, hoffe ich von ganzem
Wellenspiel indigniert ist, war wohl nicht Herzen, ist die richtige, denn das Zutreffen

GIOVANNI SEGANTINI del.

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