Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

DOI Artikel:
Personal- u. Atelier-Nachrichten - Ausstellungen und Sammlungen - Vermischtes
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0374

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
«a-feg> VON AUSSTELLUNGEN UND SAMMLUNGEN <ö^-

sowohl dem russischen als auch, dem deutschen
Publikum, das die ihm durch seine Leibfamilien-
blätter vertraut gewordenen Lieblinge, sowie die
tönenden Namen Böcklin und Menzel vermisste,
noch unbekannt war. Dass die deutschen Beschauer
im Gegensatze zu den russischen sich in rücksichts-
loser Meinungsäusserung gefielen, ist für einen
Kenner des deutschen Ausstellungspublikums eigent-
lich selbstverständlich. Da die russische Tagespresse
nicht über berufene, künstlerisch geschulte Mit-
arbeiter verfügt, so wurde sie der Ausstellung nicht
gerecht und auch die in den »Russkija Vjedomcsti<,
dem hiesigen Professorenblatte erschienenen Aus-
lassungen eines vermeintlichen »Connaisseurs-,
V. Sizov, konnten nicht ernst genommen werden.
Gut vertreten waren die deutschen Landschafter,
wenngleich die Bilder StrCtzel's und Pal.mie's
ihres schlechten Platzes wegen gar nicht zur Geltung
kamen. Ort der Ausstellung waren die des Oberlichts
entbehrenden Säle der Strogonov- (Kunstgewerbe)
Schule. Dem Bilde A. v.Werner's > Kaiser Wilhelm I.
auf dem Totenbette-, das in einem verhängten, matt-
beleuchteten Räume ausgestellt war, haben die Bilder
Pal.mie's und Diefenbacher's es zu danken, dass
sie fast als farblose schwarze Flächen erschienen.
Erwünscht wäre für die Aufstellung die Mitarbeit
eines reichsdeutschen Kommissärs gewesen. Dann
hätten auch die Skulpturen nicht die kümmer-
liche Aufstellung auf Fensternischen und in buntem
Durcheinander auf grossen, niedrigen Tischen ge-
funden. Im Sonderraume der »Münchener Secession«
fesselten vor allem Stuck's Plastiken. Der »Athlet*
wurde von L. Gautier erworben. Unter anderem
wurden auch zwei Bilder von Kubierschky und
eines von Krumhaar verkauft. Für das Gute, das
die graphische Abteilung bot, schien das Verständnis
zu fehlen. Den Spott der Deutschen sowohl als der
Russen erregte der beide Sprachen misshandelnde
Katalog. Von Moskau wird die Ausstellung nach
Petersburg übergeführt, wo zur Zeit eine spanische
Kunstausstellung starkes Interesse erregt. 14251

hr. BERLIN. Der Schluss der winterlichen Ber-
liner Kunstsaison hat sich ganz besonders lebhaft
gestaltet. Fast alle Kunstsalons haben neue und
interessante Ausstellungen insceniert und sogar die
Akademie ist nicht zurückgeblieben. Eine äussereVer-
anlassung zu der von ihr veranstalteten Paul Meyer-
heim-Ausstellung liegt allerdings nicht vor. Der
Künstler ist noch nicht siebenzig Jahre alt - er wurde
1842 geboren — und lebt glücklicherweise auch noch.
Es scheint also, dass Meyerheim selbst das Bedürfnis
gefühlt, zu zeigen, dass er — so hart man jetzt auch
über ihn urteilen mag doch einige »Meriten« habe.
Wenn nun seine Ausstellung in dem alten baufälligen
Akademie-Gebäude infclgs von Ueberladung mit
Werken und verständnislosem Arrangement auch in
der Gesamterscheinung wenig günstig wirkt, so ent-
hält sie doch einige so ausgezeichnete Bilder, dass
ihre Existenzberechtigung vollkommen erwiesen wird.
Man hat kürzlich Knaus so laut als grosse malerische
Begabung gefeiert — nun Meyerheim war in dieser
Richtung keine geringere Potenz und hat vor allem
sich die Fähigkeit des Gutmalenkönnens sehr viel
länger zu bewahren vermocht als Knaus. Er hatte
Anfang der sechziger Jahre sein technisches Können
in Antwerpen und Paris erworben und war wirklich
ein Talent. Freilich für die Darstellung von Tieren
besass er immer eine Vorliebe, weil sie ihn malerisch
am meisten reizten. Er gebärdet sich in seinen
ersten Menageriebildern noch nicht als der witzige
Mann, sondern bemüht sich vielmehr, die Natur
möglichst natürlich darzustellen. In seinen frühesten
Bildern ist etwas von dem Geist der Fontainebleauer

und, wenn man will, eine Vorahnung von Lieber-
mann."" Und was für eine tonschöne Malerei! Um
eine Zeit, wo man die Schatten noch bräunlich
lasierte, setzt Meyerheim frisch Lokalton gegen
Lokalton und erreicht die feinsten Wirkungen. Gegen
Ende der siebziger Jahre gewinnt Menzel auf den
Künstler Einfluss. Meyerheims Vortrag wird witziger,
pointierter, aber das Kolorit bunt und barbarisch;
Anfang der neunziger Jahre befällt ihn ein schweres
Augenleiden; die Bilder werden immer flauer, un-
wahrer in der Farbe, und man möchte jetzt fast von
einem künstlerischen Bankrott sprechen. Die Aus-
stellung umfasst weit über zweihundert Werke, da-
runter die bedeutendsten, die der Künstler geschaffen.
Als die besten davon wären die 'Menagerie aus der
Galerie Behrens (1864), das >Affentribunali (1865),
»Savoyardenkinder auf der Wanderschaft c (1867),
• Abend im Walde« und »Kohlernte^ (1868), 'Heu-
ernte im Schwarzwald« (1869), die 'Schafschur« und
»Heuerntet von 1871, das iBildnis des alten Eduard
Meyerheimt (1877)zu nennen. Das sind Schöpfungen,
die zu allen Zeiten für gute Kunst gelten werden
und durch die das erschütterte Ansehen des Künstlers
jederzeit rehabilitiert werden kann. - Im Salon Cassirer
giebt es eine Reihe neuerer Bilder von Wilhelm
TrCbner. Es ist wunderbar, wie sehr die Berührung
mit dem Pleinair diesen originellen Maler erfrischt
hat. Seine Bilder sind tonschön wie früher, nur
freudiger in der Farbe und die luminaristischen
Probleme mit besonderer Feinheit gelöst. Es handelt
sich in der Hauptsache um Landschaften. Die schönste
davon zeigt das - Kloster Frauenwörth.- durch die
grünen Zweige einer mächtigen Platane an einem
hellen Sommertag gesehen. Ein andermal liegt das-
selbe Kloster jenseits einer üppig grünen Wiese
und reckt seinen hübschen weissen Turm gegen
einen lichtblauen Himmel. Das »Schloss Amorbachc
bot dem Künstler Motive zu drei verschiedenen
Bildern, von denen jedes in einer anderen Richtung
Schönheiten besitzt. Josef Block lässt an der-
selben Stelle einige ältere Arbeiten, darunter einige
ganz herrliche diskrete Stilleben, Curt Herrmann
gelungene Bildnisstudien und farbenglänzende Still-
leben sehen. — Ed. Schuttes Salon bringt Kollektionen
von Otto Greiner, Paul Höcker und Heinrich
Hermanns. Man hat die Sachen von Greiner einzeln
freilich sämtlich schon gesehen; aber man freut
sich doch, wie stark sie bei einander wirken. Welche
grosse zeichnerische Begabung! Nur schade, dass
Greiner von Klinger, dem eine seiner schönsten
Lithographien gewidmet ist, nicht loskommt. Höcker
wiederholt eigentlich nur Bekanntes: seine feinen
Interieurs im Empiregeschmack, seinen »Ausklingen-
den Tag« mit den beiden Frauengestalten, seine
»Madonna-, seine »Nonne« im sonnigen Laubgange.
Der fabelhaft geschickte Hermanns zeigt sich von
einer neuen Seite mit den gut gemalten Interieurs
italienischer Kirchen. Das künsterilsch Anregendste
in dieser Ausstellung bilden aber wohl die Bilder
von Otto Reiniger, der nicht müde wird, seine
dem Beschauer entgegenrauschenden Flüsse unter
Winterfrost, kaltem Frühlingshimmel, blendender
Sonnenglut oder Herbstnebeln zu malen, und die
Arbeiten zweier Zügel-Schüler, Eugen Wolff und
H. von Hayek, die beide Landschaften und Tiere
in einer ungewöhnlich frischen Art schildern, ohne
in jenen übertriebenen Impressionismus zu verfallen,
mit dem andere Zügel-Schüler sich nicht immer vor-
teilhaft bemerkbar machen. Die bescheidene und etwas
trockeneMalerei von Charles Wellti wird von einer
so temperamentvollen Kunst natürlich in den Schatten
gestellt. Die Landschaftsfriese von Paul Schultze-
Naumburg für den Speisesaal der Villa Dr. Poppers

358
 
Annotationen