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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 15.1899/​1900

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Lichtwark, Alfred: Deutsche Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.12046#0460

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-a-4ö> ALFRED LICHTWARK <^=*-

Die Kunst, die damals geschaffen wurde, Städten wiederum zurückgesunken in die Bande

trug einen kirchlichen und in ihrer letzten des Zunftwesens. Die Wenigen, die als Bild-

Entwickelung einen bürgerlichen Charakter. nis- oder Historienmaler eine freiere Stellung

Fürstenkunst gab es im Grunde nicht oder anstrebten, wurden eifersüchtig bewacht und

nur als Anhängsel an die bürgerliche. Das konnten sich nur retten, wenn sie der Zunft

örtliche Wesen war sehr stark entwickelt, und beitraten.

selbst die höchsten Begabungen wiesen alle Was zur Zeit des aufstrebenden Absolutis-

Merkmale des Stammes auf, in dessen Haupt- mus in Deutschland geleistet wurde, genügte

Stadt sie emporgewachsen waren. nur ausnahmsweise, und häufiger in der

Diese alten Stammeshauptstädte sind in der Architektur und Bildhauerkunst als in der

Kunst des neun- Malerei, dem Be-
zehnten Jahrhun- „^-.gggsg-— vj—tm»1^^^^^^b dürfnisse des Für-

derts nicht wieder .-• •• i - u.-

auf den Schauplatz , zwungen, sich die

getreten. * Kräfte vom Aus-

Zwischen der lande kommen zu

bürgerlichen Kul- - lassen oder sie sich
tur der Reforma- 10»%,

tionszeit und der ' r s i " j^^H siefürdenSchmuck

: h-. f sr ."il. seiner Kirchen und

i: c':e:: K;: J _ , : eci' -.;

neunzehnten Jahr- *'#^*4^>f^ Er erreichte dieses

ir.!". Ziel durch die

Zeitalter, wo die •^%&*$Sr^ --w^F*™ ^ Gründung der Aka-

!:ür<ien demien, die im

■ ■'■ ' siebzehnten und
Lebenskraft ihre- achtzehnten Jahr-
Landes um sich jj hundert nach aus-
gesammelt hatten. T* i^k^ÜVP ländischem Muster

Und als im neun- ,_ überall eingerichtet

zehnten Jahrhun- I jt wurden.

dert das neue ~ -"fflfeff -^^v^faSSly ^as 'n ^en Aka-

Bürgcrtum durch h demien gelehrt

::j r f L-; wurde, stammte

■HH^- • nicht aus der älte-
zur Teilnahme an v v ren bürgerlichen
der Herrschaft ge- * deutschen Kultur,
langte, fand es . "< Jen. sondern aus dem
überall den Regie- Auslande. Durch
rungsapparat des fern, khnopff ein bach in fosset das Bedürfnis der
fürstlichen Zeit- fürstlichen Höfe
alters in Thätigkeit und arbeitete damit war das Antlitz der deutschen Kunst nach
weiter. Der materielle und geistige Zustand Italien, nach den Niederlanden und im acht-
der deutschen Kunst im neunzehnten Jahr- zehnten Jahrhundert nach Frankreich gewandt,
hundert muss von diesem Gesichtspunkt aus So wurde der Inhalt der deutschen Kunst
beurteilt werden. eine Weiterentwickelung italienischer, franzö-
Im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert sischer und niederländischer Gedanken, und
hatten die Fürsten mit allen anderen Auf- die Träger dieser Entwickelung waren ebenso
gaben des Staates auch die Kunstpflege über- oft herbeigerufene Ausländer wie Deutsche,
nommen. Sie bedurften der Kunst als höchsten Das Ergebnis fiel für die drei bildenden Künste
Mittels der Repräsentation. Was dazu nötig sehr verschieden aus. In der Malerei erlag
war, fanden sie nach dem dreissigjährigen die nationale Schöpferkraft, in der Architektur
Kriege im deutschen Bürgertume, das vor und der Bildhauerei kam es zu sehr hohen
ihnen der Träger nationaler Kultur gewesen Leistungen. Die Bauten Friedrichs des Grossen,
war, nicht mehr vor oder doch nur bruch- die Dresdner Architektur, die Bauten in den
stückweise. Der Künstler, der sich zur Re- geistlichen Fürstentümern West- und Süd-
formationszeit mit Mühe und Not vom Hand- deutschlands, Schlüter's Werke und die Klein-
werker getrennt hatte, war in den deutschen plastik des Porzellans bilden eine durchaus

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