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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 50.1934-1935

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Tietze, Hans: Piotr Michalowski
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https://doi.org/10.11588/diglit.16482#0040

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B Kunstbibliothek
Staatliche Museen
zu Berlin

Piotr Michalowski. Einzug in die eroberte Stadt

Erscheinung, in der sich Tendenzen ihrer Zeit in
höchster Eigenart erfüllen. Kunstgeschichtlich gehört
Michalowski zu jener Generation, der Goya die For-
men- und Farbensprache gelockert, der die napoleoni-
sche Epopöe den Reiz aktuellen Geschehens nahege-
rückt und die junge Romantik ein leidenschaftliches
Feuer geschenkt hatte. Die Verteidiger der Tradition
haben das Revolutionäre als das Wesentliche dieser
neuen Jugend empfinden und bekämpft: es äußert sich
bei Michalowski in der selbständigen Unbefangen-
heit und Frische, mit der er jede Aufgabe in Angriff
nimmt und in seiner unbedingten Ablehnung jeder
Form von Konvention. Es ist leicht erkennbar, daß
er — nicht nur in der Wahl seiner Stoffe — Geri-
cault nahesteht und in der Malweise eine Kraft und
Kühnheit entwickelt, die Daumier und beinahe den
frühen Manet vorwegnimmt: aber es ist ebenso
leicht ersichtlich, daß ihn etwas von diesen Meistern
und aller berufsmäßigen Malerei trennt, und das ist

der Umstand, daß die Kunst eben nur ein Teil sei-
nes ganzen Wesens und Wirkens ist. Michalowski
ist ein großer Amateur. Nicht im Sinn mangelhaf-
ten Könnens,— denn die Nachwelt macht sich ohne
weiteres das Urteil der Zeitgenossen zu eigen, die
seine unbeschränkte Meisterung alles Beruflichen
rühmten — nicht nur im Sinn, daß er die neue
romantische und naturalistische Konvention, die
sich in Paris an die Stelle älterer überwundener
Formeln setzte, in seiner Losgelöstheit von allem
Kunstbetrieb nicht mitmachte und vielmehr Herr
seiner Malerei blieb, sondern im Sinn weiter ge-
steckter Ziele. Er geht nicht in der Kunst auf, so lei-
denschaftlich er sie liebt; sie ist ihm nur ein Aus-
drucksmittel unter vielen anderen. Das streift alle
handwerkliche Beschränktheit von ihm und berei-
chert sein Kunstvermögen: wenn er militärische
Szenen darstellt, so führen ihm der Organisator und
Revolutionär Feder und Pinsel, die Leistung des

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