Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 50.1934-1935

DOI Artikel:
Weigelt, Hilde: Christliche Kunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16482#0067

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Pektoralkreuz

mit handgeschmiedeter goldener Kette, geschmückt mit
Email, Filigran, Perlen und Amethysten. — Bernhard
Wirte, Domgoldschmied, Aachen

rei und Plastik, was man in Rom wieder deutlich
sah; *die anderen Kunstarten schneiden besser ab.
Immerhin liegt die künstlerische Ergriffenheit des
Schaffenden in einer seelischen Ebene, die nicht
weit entfernt ist von jener, innerhalb deren das reli-
giöse Erlebnis sich vollzieht. Ein guter, ja großer
Künstler vermag echt religiöse Erlebnisse auszulö-
sen, auch wenn er selbst nicht gerade kirchenfromm
ist. Zu solchen Überlegungen regte die römische
Ausstellung an. und das ist schon viel, mag sie auch
in Auswahl und Organisation ihre fühlbaren Män-
gel gehabt haben. Selbst streng kirchlich orientierte
italienische Blätter haben dazu manch heftiges Wort
des Tadels ausgesprochen.

Die gewaltige römische Schau, innerhalb deren Ita-
lien den größten Raum einnahm, war von Deutsch-
land, Ungarn. Polen. Osterreich, der Tschechoslo-
wakei. Frankreich und der Schweiz beschickt wor-
den. Wenn Deutschland die größte der ausländi-
schen Abteilungen darbot, die übrigens einen kraft-
vollen und ernsten Eindruck machte, so war die
ungarische, die ihr Ausstellungsgut in einer kleinen
Landkirche vorführte, die von romanischen Formen
bestimmt wurde, die geschlossenste und wurde von
einer gewissen Anmut getragen. Es kann nicht die
Absicht dieser Zeilen sein, eine Übersicht über das
Ganze zu bieten, nur einzelne Beispiele aus der
deutschen und österreichischen Abteilung sollen
hier besprochen werden. Ein plastisch vortrefflicher,

in der Empfindung vielleicht etwas zu weicher Kruzi-
fixus von Henselmann (München) hat Ernst und
Tiefe der Konzeption, und man wird auch von der
Statue des hl. Johannes, des Wüstenpredigers, einen
starken Eindruck mitnehmen (Joseph Heu. W ien1.
Kann man solchen Stücken gegenüber auch nicht
spüren, daß eine allgemein kirchliche Religiosität
liier die Trägerin des Religiösen wäre, so vermag
man doch zu fühlen, wie der Einzelne sein eigenes
religiöses Erlebnis künstlerisch zu formen sucht. —
Im kirchlichen Kunstgewerbe, das ja gerade in
Deutschland seit langem einen anerkannt sehr
hohen Stand technischer Fertigkeit und Präzision
erreicht hat. spürt man erfolgreiche Versuche zu
neuen Formen, findet aber auch immer noch starke
Anlehnung an bewunderte Vorbilder. Das Gotische
besitzt nahezu kanonische Geltung.
Daß im ganzen genommen das kirchliche Kunstge-
werbe der Ausstellung so erfreulich wirkte, liegt ge-
wiß daran, daß es hier zuerst auf gute, solide Arbeit
ankommt, nicht so sehr auf religiöse Einstellung:
so ist hier das Erlebnis nicht das Primäre, vielmehr
ist es der Zweck, aus dem die künstlerische Aufgabe
wächst und die Treue und Gewissenhaftigkeit der
Ausführung; und auch darin liegt ein sittlicher Zug.

Kelch, Silber vergoldet, mit Emails der vier Evangelisten

J.M.Wilm, Hofjuwelier, Berlin. — Internationale Ausstellung
christlicher Kunst, Rom

56
 
Annotationen