Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 50.1934-1935

DOI Artikel:
Wolf, Georg Jacob: Julius Diez
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16482#0095

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Julius Diez. Perseus und Andromeda

zu ziehen (die drei Jahrzehnte Unterschied des
Lehensalters ließen sich nicht überbrücken!), aber
es ist bemerkenswert, daß beide von der Graphik
ausgingen, wenn sich auch der ältere Namens-
träger später ausschließlicher als der jüngere der
malerischen Gestaltung zuwandte.
Inmitten seiner Freunde von der „Secession", de-
ren Interessen vorwiegend malerisch, koloristisch
waren, im Strome einer allgemeinen Entwicklung,
die zur Farbe und zum künstlerischen Ausdruck
von Stimmungen und Empfindungen durch far-
bige Mittel drängte, wandte auch Diez sich auf der
Höhe seines Schaffens mehr als in seiner Frühzeit
der Malerei zu. Er tat darin gleich einen entschlos-
senen Schritt: er „übersprang" sozusagen das Ta-
felbild und wandte sich der Monumentalmalerei
zu. d. h. er gestaltete große Gedanken mittels gro-
ßer Formen in großen räumlichen Ausmaßen.
Man denkt dabei an seine Fresken im Ausstellungs-
restaurant auf der Theresienhöhe, wo ihmEmanuel
Seidl schön geschwungene, witzige Perspektiven und
V erkürzungen erlaubende Wände zur Verfügung
stellte, aber man empfindet auch, daß dies nur ein
Präludium war: hohes feierliches Hauptwerk, das für
die Dauer bestehen wird, ist das Deckengemälde im
Ehrensaal des Deutschen Museums, bestimmt durch
den silbergetemperten Grund eines nächtlichen Blau,
vor dem sich in mattem Schimmer große blasse Ge-

stalten absetzen. Intimere Kenner der Kunst von
Julius Diez schätzen eine in der Stimmung ähn-
liche Deckenmalerei in Schloß Wolfsbrunn im Erz-
gebirge nicht weniger hoch und vergessen auch
die zyklischen Gemälde im Starnberger Seerestau-
rant nicht, die die Freuden eines Sommertags am
lieblichen Gewässer zum Gegenstand haben. Diese
Art, zyklische Darstellungen zu einem ideell, the-
matisch, formal und koloristisch geschlossenen
Werk zu ballen, entspricht der geistigen Richtung
des Künstlers, die mitteilsam, erzählend, dichterisch
ist. Wie ein Dramatiker Akt für Akt aufbaut und
steigert und schließlich den Knoten, den er kunst-
voll geschürzt, nach der letzten Spannimg wieder
löst, so hält es auch Julius Diez. Er ist innerlich
so „voll Figur"", die Fülle der Gesichte ist so
sehr sein Teil, daß er das, was ihn bewegt, selten
in einem Bild oder auf einem Blatte zu erschöpfen
vermag. Hätte er in der Zeit der Romantiker ge-
lebt, mit denen ihn gesinnungsmäßig sicher viel
verbindet, so hätte er es oft gemacht wie Schwind
auf seinem bei dem Glaspalastbrand verlorenge-
gangenen Gemälde ,,Ritter Kurts Brautfahrt": er
würde verschiedene aufeinanderfolgende Vorgänge
in ein Nebeneinander verwandeln, er würde sozu-
sagen in die Fläche projizieren, wo ihm die Tiefen-
wirkung zwangsläufig versagt ist. Statt dessen wählt
er, in diese Zeit versetzt und ihr nicht entgegen-

82
 
Annotationen