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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 50.1934-1935

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Schinnerer, Adolf: Zu den Bildern von Edvard Munch
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https://doi.org/10.11588/diglit.16482#0128

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Edvard Münch. Die Lebensalter

der Eifersucht, der Auflösung, Bilder, in denen
realste Wirklichkeit und Traumgesicht in einer un-
heimlichen Weise sich mischen oder nach alter Art
germanischer Kunst Gedanken Gestalt gewinnen.
Mit diesen Bildern, deren Stoffe schon in einer ganz
naturalistisch gerichteten Zeit verblüffen mußten,
begann die Laufbahn Münchs. Nur ein junger
Mann hat den Mut, diese verborgenen letzten
Dinge anzugehen, nur wer die Tiefe dieser Wasser
und seine Gefahren nicht kennt, wagt sich kopfüber
dahineinzustürzen. So werden diese Bilder in ihrer
Nacktheit immer etwas Beispielhaftes behalten.
Das ist eine weite Schau von künstlerischen Taten.
Allein die Mittel zu ihrer Gestaltung zu erwerben,
bedeutet eine große Leistung, denn Münch hat es
sich nicht leicht damit gemacht, sein Stil hat sich
oft gewandelt.

Die Bilder aus Paris und Nizza zeigen, wie inten-
siv ihn die Lehre der Impressionisten beschäftigte,

soweit sie die Eroberung der Atmosphäre betraf.
Nicht nur Monet und Pissaro, auch Benoir hat
seine Spuren im Werke Münchs. (Bildnis Frau
Förster Nietzsche.) Dieses Studium hat ihn davor
bewahrt, später, als er die reine statt der tonigen
Farbe brauchte, Plakate statt Bilder zu malen.
Seine Empfindlichkeit für die feinsten Lnterschiede
in den Farbwerten und die Fähigkeit, gelegentlich
mit einem Hauch zu modellieren, stammt aus die-
ser Zeit. Er hat dann die Gegenbewegung zum Im-
pressionismus, die sich aus dem überfeinerten
Tongewoge in die Fläche und den Lmriß rettete,
mitgeführt. Er kam vor allem in der Graphik zu
jenen intarsienhaften, schlagwortartigen Formulie-
rungen (Der Kuß), die zeigen, mit welcher verbis-
senen Konsequenz er eine Möglichkeit zu Ende
dachte. Die Fläche ist vielen Künstlern, namentlich
in Deutschland, zum Verhängnis geworden, aber
Münch fand schnell den Ausgleich zum Baum, in

Kunst f. Alle. Jahrg. 50. Heft 5, Februar 1935

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