Walter Geffken. Aus dem Kreise der Zwanglosen Gesellschaft
Abteilung Bildnis-Ausstellung der Großen Münchener Kunstausstellung 1935
Er zieht die Leiter hin, er klettert darauf.
..Kommen Sie, kommen Sie . .. Donnerwetter! . . .
Ist das schön . . .'"
Die Aufseher laufen herbei, rufen ihm zu.
..Laßt mich in Ruhe ... Ich schaue Courbet an . ..
Hängt es ins Licht, und man wird euch nicht mehr
belästigen.""
Er trampelt auf seiner kleinen Plattform.
.Aber nein, sehen Sie, diesen Hund ... Velasquez!
Velasquez! Der Hund von Philipp ist weniger Hund,
trotzdem er der Hund des Königs war . . . Haben
Sie ihn gesehn? Und der rote pausbäckige Chor-
knabe . . . Renoir kann dahin gelangen."
Er steigert sich, er berauscht sich.
..Gasquet, Gasquet . . . Nur Courbet kann so ein
Schwarz hinsetzen, ohne seine Leinwand zu durch-
löchern. Er ist einzig . . . Hier, wie in seinen Felsen
und Stämmen dahinten. Er konnte in einem Zuge
eine ganze Lebensstufe hinabgleiten, sehen Sie, die
elende Existenz dieser Rettier, und dann kam er
wieder, mitleidsvoll, mit der Güte eines sanften Rie-
sen, der alles versteht . . . Die Karikatur ist in Trä-
nen getaucht . . . Ach, laßt mich in Ruhe, ihr, da
unten. Holt euren Direktor . . . Ich werde diesem
Menschen zwei Worte zurufen . . ."'
Es gibt einen Auflauf. Er hält eine richtige An-
sprache.
„Es ist eine Gemeinheit, in Gottes Namen! . . .
Nein, eigentlich ist es wahr . . . Wir lassen immer
mit uns herumspringen ... Es ist ein Diebstahl. . .
Der Staat sind wir . . . Die Malerei . . . das bin ich . . .
Wer versteht denn Courbet? Man sperrt ihn ins Ge-
fängnis, in dieses Kellerloch . . . Ich protestiere. Ich
werde zu den Zeitungen gehen, Valles . . . . "
Er schreit immer stärker.
„Gasquet, Sie werden einmal eine wichtige Per-
sönlichkeit . . . Versprechen Sie, daß Sie dieses Bild
an seinen Platz bringen lassen. In den Salon Carre.
Zum Donnerwetter, in den Salon der Modernen, in
das Licht . . . Daß man es sieht . . .'"
Die Aufseher heben seinen Lberzieher, seinen
Hut auf.
„Laßt mich in Frieden, ihr da . . . Ich komme
herunter . . . Wir haben in Frankreich ein solches
Rild, und wir verstecken es. Man sollte Feuer an
den Louvre legen, sofort . . . Wenn man Furcht hat
Kunst f. Alle, Jahrg. 50, Heft 11, August 1985
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261
Abteilung Bildnis-Ausstellung der Großen Münchener Kunstausstellung 1935
Er zieht die Leiter hin, er klettert darauf.
..Kommen Sie, kommen Sie . .. Donnerwetter! . . .
Ist das schön . . .'"
Die Aufseher laufen herbei, rufen ihm zu.
..Laßt mich in Ruhe ... Ich schaue Courbet an . ..
Hängt es ins Licht, und man wird euch nicht mehr
belästigen.""
Er trampelt auf seiner kleinen Plattform.
.Aber nein, sehen Sie, diesen Hund ... Velasquez!
Velasquez! Der Hund von Philipp ist weniger Hund,
trotzdem er der Hund des Königs war . . . Haben
Sie ihn gesehn? Und der rote pausbäckige Chor-
knabe . . . Renoir kann dahin gelangen."
Er steigert sich, er berauscht sich.
..Gasquet, Gasquet . . . Nur Courbet kann so ein
Schwarz hinsetzen, ohne seine Leinwand zu durch-
löchern. Er ist einzig . . . Hier, wie in seinen Felsen
und Stämmen dahinten. Er konnte in einem Zuge
eine ganze Lebensstufe hinabgleiten, sehen Sie, die
elende Existenz dieser Rettier, und dann kam er
wieder, mitleidsvoll, mit der Güte eines sanften Rie-
sen, der alles versteht . . . Die Karikatur ist in Trä-
nen getaucht . . . Ach, laßt mich in Ruhe, ihr, da
unten. Holt euren Direktor . . . Ich werde diesem
Menschen zwei Worte zurufen . . ."'
Es gibt einen Auflauf. Er hält eine richtige An-
sprache.
„Es ist eine Gemeinheit, in Gottes Namen! . . .
Nein, eigentlich ist es wahr . . . Wir lassen immer
mit uns herumspringen ... Es ist ein Diebstahl. . .
Der Staat sind wir . . . Die Malerei . . . das bin ich . . .
Wer versteht denn Courbet? Man sperrt ihn ins Ge-
fängnis, in dieses Kellerloch . . . Ich protestiere. Ich
werde zu den Zeitungen gehen, Valles . . . . "
Er schreit immer stärker.
„Gasquet, Sie werden einmal eine wichtige Per-
sönlichkeit . . . Versprechen Sie, daß Sie dieses Bild
an seinen Platz bringen lassen. In den Salon Carre.
Zum Donnerwetter, in den Salon der Modernen, in
das Licht . . . Daß man es sieht . . .'"
Die Aufseher heben seinen Lberzieher, seinen
Hut auf.
„Laßt mich in Frieden, ihr da . . . Ich komme
herunter . . . Wir haben in Frankreich ein solches
Rild, und wir verstecken es. Man sollte Feuer an
den Louvre legen, sofort . . . Wenn man Furcht hat
Kunst f. Alle, Jahrg. 50, Heft 11, August 1985
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