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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 56.1940-1941

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Christoffel, Ulrich: Eine Julius-Diez-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.16489#0113

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Julius Diez. Föhn. 1938

Städtische Galerie, Mönchen

hafte Reise" von 1929 und der Zyklus „Jedermann"
von 1952. Bei allen diesen zeichnerisch ornamentalen
Blättern wird der formale Stil der Linien und Far-
ben mitbedingt durch die inhaltliche Erfindung der
Szenerien. Auftritte. Figuranten, Physiognomien,
die das Bild erst zum Sprechen bringen. Und Julius
Diez versteht sich auf die stumme Beredsamkeit der
Bilder und reiht sich schon darin unter die besten
Münchner Humoristen. Seine Phantasie beherrscht
den ganzen festlichen Apparat des griechischen
Olymp und der mittelalterlichen Hölle, der Götter,
Nymphen, Teufel, Hexen, Riesen, Tiere und Fabel-
wesen, und er kleidet seine freundlich satirischen Be-
merkungen über die kleinen Schwächen der Men-
schen gern in die allegorisch poetische Umschreibung
fremder Masken und Kostüme.

Die Tafelbilder vereinigen die besten Eigenschaften
der monumentalen Kompositionen und der graphi-
schen Illustration, indem sie bei klarer dekorativer
Schaubarkeit immer auch einen erzählerischen Ge-
danken zum Ausdruck bringen. Sie sind Eingebun-
gen der Phantasie, dienen aber durch die Farben

auch der Ausdeutung der Natur, und reizvoll werden
etwa in der Diana, dem Föhn, dem Minotauros oder
der Schlittenfahrt des Hl. Nikolaus malerische Natur-
beobachtungen aus Gärten, von Seen, aus dem Ge-
birge und vom Winter umgedeutet in die Bild-
legende. Frühling, Herbst und Sommer in ihrer land-
schaftlichen Stimmung, Naturfrieden und Natur-
erregungwerden phantasievoll abgewandelt und alle-
gorisiert auch in den Apokalyptischen Reitern, im
Sturmgott, im Bösen Gewissen, oder der Herbstsym-
phonie, und das Naturgeschehen dabei immer hinein-
gezogen in menschliches Schicksal und in das Erleb-
nis der Gegenwart. So hat der Künstler in seinen
phantasievollen, humoristischen und farbenfreudigen
Bildern immer aus der Natur und der Zeit geschöpft,
und gewiß haben alle Strömungen aus dem Münch-
ner Leben der letzten vierzig Jahre in seinen Gemäl-
den und Zeichnungen ihren Niederschlag gefunden.
Die Ausstellung zeugt von der äußern Entfaltung
seiner vielseitigen Begabungen, aber auch von der
stets gleichbleibenden Führung seinerPhantasie,seines
Humors, seiner Betrachtung und seiner Gesinnung.

Kunst für Alle, Jahrg. 56, Heft 3, Dezembsr 1940

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