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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 56.1940-1941

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Lorck, Carl von: Fünf neuentdeckte Bilder von Caspar David Friedrich
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https://doi.org/10.11588/diglit.16489#0301

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Caspar David Friedrich. Fischer am Ostseestrand
Privatbesitz

Berlin, Kat.-Nr. 1805, „Zwei Männer in Betrachtung stalt den besonderen Charakter des Überhangenden
des Mondes", Galerie des 19. Jahrhunderts, Dresden. und Drohenden. Er steigert den Wesenszug des Ein-
Die abgerundeten Granitblöcke am Strande sind he- samen und Unwirtlichen, der über dem Strande liegt,
sonders ähnlich hinsichtlich ihrer Lage in der Bild- Wir berühren den eigentlichen Bildgegenstand des
struktur im „Mondaufgang am Meere" der National- Werkes, jene seelische Schicht, in welcher die Emp-
galerie Berlin. Die Besegelung des Bootes mit drei findungen des Malers, die er vor der Natur hat, im
Segeln ist in genau gleichartiger Auftakelung darge- Gemälde weiterschwingen. Eine unerhörte Fremd-
stellt auf den „Zwei Fischer am Meeresstrand" der artigkeit der Natur ist zum Ausdruck gebracht und
Sammlung Wurster, Berlin. die Erschütterung des Künstlers bei ihrem Anblick.
Der eindringliche Dreiklang der Farben kehrt in dem Das zweite Bild stellt gleichfalls ein Meeresufer dar:
„Mondaufgang am Meere" der Nationalgalerie in „Felsnadeln am Meeresstrande" (Abb. S. 149).
sehr ähnlicher Tonart wieder. Hier wie dort das tiefe, Im Mondlicht am Meeresufer ölfnet sich eine runde
satte Violett der Wolken, das den Orangeton gleich- weite Bucht. Dunkelbrauner Schatten bedeckt den
sam kontrapunktiert. Hier wie dort das warme dunkle Vordergrund. Im Mittelgrunde ragt aus der hellen
Braun, das bei aller Dunkelheit doch nicht schwer ist, See ein schräg nach links ausgezackter Felsen, silber-
sondern leuchtend, in der Pinselschrift ganz leicht grau im Mondhcht. Am Himmel vor dem Monde
und flüssig aufgetragen. Hier wie dort der schmale eine zarte Wolke. Das Mondlicht blinkt auf dem Was-
StreiTen Meeresfläche, der eigenartig nach einem kal- ser in der Ferne und auf kleinen Wellen in der Bucht,
ten Grünblau herüberschimmert, wie es durch Mi- Blaugraue, silbergraue und perlgraue Farbtöne auf
sehen mit Preußischblau erzielt wird. — eine strenge Himmel und Meer.

und höchst naturähnliche Farbe für den Beobachter, Eine runde Bucht, welche den Vordergrund einnimmt,

der die Abende an der Ostsee kennt. kennen wir aus der frühesten Beihe der Tageszeiten,

Die winzigen hellgelben, pastos aufgesetzten Streif- dem „Abend" von 1809, im Privatbesitz (Bild bei

lichter auf dem Wasser sind gleichfalls dort vor- v. Einem. Abb. 27. S. 58). Die Felsnadeln in ihrer

banden. höchst einprägsamen Gestalt sind eine Vorstufe der

Neuartig an dem neuen Bilde ist jedoch die bizarre außerordentlichen Bildkonzeption der verunglückten

Eigenwilligkeit der Granitblöcke. Sie haben in ihrer „Hoffnung" von 1822, in der Kunsthalle Hamburg,

Wucht und unrationalen, gleichsam windschiefen Ge- mit dem Motiv des schräg aufgetürmten Polareises.

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