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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 2.1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.3550#0163

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Salon gekrönte kleine
Sarkophag, der in mi-
nuziöser Arbeit einen
Triomfo della morte
auf einer Seite zeigt;
wirklich noch eine
Gruppe Herkules und
Minerva im archaisch,
fast barbarischen Stil.
Dieserbegabte ar-
chäologische Cabotin
scheint aber im Ge-
schmack schwach fun-
diert. Er hat nämlich
seineTiarazumHand-
gebrauch als Man-
schettenknopf verar-
beitet. Und ichfürch-
te, er trägt ihn selbst.
Felix Poppenberg.

#

AUS DRESDEN
Während der ver-
strichenen Zeit stan-
den wir unter dem
Zeichen Menzels: es
gab zwei „Sonderaus-
stellungen" seiner
Werke. In der einen
befanden sich eine
Anzahl zusammengewürfelter Handzeichnungen, ohne
besonderes Interesse und als eigentlicher Anziehungs-
punkt das Gemälde von 185-5- „Theltre du Gymnase,
Paris" das vor mehreren Monaten in Berlin zuerst
ans Licht trat. Das wundervolle Bild scheint dort
lange nicht so stark gewirkt zu haben wie hier und alle
dresdner Interessenten sind glücklich darüber, dass es
von einem hiesigen Sammler erworben worden ist.

Die Menzel-Ausstellung bei Ernst Arnold war, ab-
gesehen von dem „Theltre du Gymnase", viel be-
deutender und mit ihren rund 150 Werken auch viel
umfangreicher ausgefallen. Im Mittelpunkt stand hier
das in Einzelmomenten überreiche, berühmte Bild aus
der ehemaligen Galerie Henneberg, die „Piazza d'Erbe,
Verona", umgeben von einer Zahl dazugehöriger Zeich-
nungen. Ein frühes weibliches Bildnis vom Jahre 1845
sprach eigentlich nur durch die Persönlichkeit des Darge-
stellten an,dieMalweisestehtnichtüber der emailleartigen
der Zeitgenossen und die bedenklichen Sprünge v erraten,

dass das Bild auch, was rein äusserliche Gediegenheit
der Technik anbelangt, nicht die Leistungen der Mit-
strebenden überflügelte. Ein Pastellbildnis des etwa
18 jährigen Herrn Arnold aus dem Jahre 1847 glich
einer in matten, gebrochenen Tönen gedruckten Litho-
graphie. Wir sind bei derartigen Pastellen einen herz-

LOVIS CORINTH, RADIERUNG,

SECESSION I903/4

hafteren Strich und bei Menzel sonst an eine festere
Zeichnung gewöhnt.

Dramatisch wirkungsvoll in ihrer tiefen Farbe waren
die Pastelle „Strafbayer", „Engländerin im Sinfonie-
concert", „Louis von Wildenbruch in der Trio-Soiree,
1849", „Erinnerung an Paris 1855". Der Menzel wie
er sich selbst am höchsten schätzt war ausgezeichnet
vertreten unter anderem durch das 1849 er Ölgemälde
„die Bittschrift", das 1851er Aquarell „Seydlitzsche
Kürassiere begegnen einem Brautzug" und das 1890 er
Aquarell „Brunnenpromenade in Kissingen". Einige
seltene Drucke aus den Arbeiten auf Stein und Kupfer
schlössen die Ausstellung gut ab. -

Das Einordnen der Neuerwerbungen auf der säch-
sischen Kunstausstellung hat eine vollständige Um-
gestaltung der linken Seite unsrer Gemäldegalerie,
moderne Abteilung, zur Folge gehabt. Trotzdem die
Überfüllung nun immer störender zu Tage tritt, haben
bei der Neuordnung einige der wichtigsten Werke sehr
gewonnen. Ehedem war gleich der erste Raum eine
Art Schreckenskammer, in der Bilder wie Matthäis
„Ermordung des Aegisth", Bährs „finnische Zauberer
vor Iwan dem Schrecklichen" und Schusters „Schlacht
von Borodino" den Besuchern die Lust zum Weiter-
schreiten nahmen. Diese Bilder kamen ins Parterre zum
achtzehnten Jahrhundert, undder Raum beherbergt jetzt
KlingersPietä, Puvis1 Fischer,Ritters Landschaft,Grethes
Hafenstück etc. Den Klinger und den Puvis erkennt
man kaum wieder, sie heben einander ausserordentlich.
Die im früheren Raum scheinbar matt wirkende Pietä
ist zu einem direkt farbenfreudigen Bild geworden.
Wie es jetzt hängt, dürften auch viele Laien erkennen,
worauf es dem Künstler bei der Fischerfamilie ange-
kommen ist, die ihnen früher unverständlich blieb.

Hans W. Singer.
#

GUSTAV KLIMT IN DER WIENER SECESSION.

Ein stiller Träumer, der weltfern einer blassen Kunst
gedient, wird von seinen Gefährten zum Führer aus-
gerufen und als er, so an die Spitze gestellt, auf offenem
Markte die Visionen ausbreitet, die sich ihm, in der Ein-
samkeit inbrünstiger Ekstase, über öffentliche Dinge
gebildet, da brüllt dem Erschrockenen wütiger Unver-
stand entgegen. So etwa lässt sich heute Gustav Klimts
äusseres Schicksal umschreiben.

Und dieser Linie geht die des inneren Erlebens viel-
fach parallel. Die tragische Geschichte des feinen
lyrischen Empfinders, der episch gross zu schaffen ver-
sucht, sie ist die Geschichte Gustav Klimts.

Klimt ist der einzige Wiener, der ein Grossteil des
Makarterbes bewahrt, indem er es in moderne Werte
umgesetzt hat. Er war zwei und zwanzig Jahre alt, als
der grosse Zauberer starb, dessen genialer Scheinkunst
er den Absolutismus der Farbe und die Vorliebe für
litterarischeVorstellungen, zwei Makartsche Hauptsätze,

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