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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 2.1904

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Heilbut, Emil: Aus der neunten Ausstellung der Berliner Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.3550#0392

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liehen Ingrimms gegen die Schönheit ist
aber doch noch sichtbar.

Das Bild hat darin, wie das Gelb des
Schleiers mit dem Blau der Toilette auf
demFussboden durcheinanderscheint, ein
paar sehr schöne Pinselstriche; wunder-
voll ist das Gesicht, herrlich der Teppich
gemalt. Prachtvoll ist das Stück Stillleben
mit dem Stuhl und dem auf ihn gehäng-
ten Hute, die Atmosphäre, der dunstige
Raum, von Cigarettenrauch erfüllt, der
malerisch behandelte Hintergrund, die
Raumdisposition, das Verhältnis der
Hauptfigur zum Rahmen. Die Marietta
wird, glaube ich, in SlevogtsWerk jedoch
durch den schwarzen Andrade über-
trofFen, der ihr durch glänzende Zeich-
nung — die Marietta hat an der einen
Schulter ein Stück zu viel —, Einheitlich-
keit des Charakters, Interesse des Gegen-
stands noch vorgezogen werden muss.

Ein anderer „Clou" der deutschen
Abteilung — von ganz anderer Art —
ist die Wand mit den Oberländers. Wir
sind hier im Gefilde der Classicität.
Namentlich das Bild mit den Schweinen
ist von einer unglaublichen Schönheit.
Mit bescheidensten Mitteln ist es überaus
expressiv; wundervoll gezeichnet, mit
einer Kunst, die alle Teile beherrscht.
Auch das Landschaftliche auf allen diesen
Bildern Oberländers ist entzückend.
Grüne Blätter und zarte Zweige mit einem flüssigsten
Pinsel gezeichnet und mit Wohllaut gemalt. In dem
Bilde von Amors Sieg ist der Sohn der Venus ein
lebensvoller Knabe voll Schalkheit. Wundervoll
ist der Löwe gezähmt, „frisiert", im Ausdruck
unvergleichlich. Subtil ist Oberländers Malweise,
nicht kleinlich; voller Ausdruck ist sie, niemals
übertrieben.

An der Wand Liebermanns finden wir neben
zwei Bildern mit Motiven, die er bereits wiederholt
behandelte, eine Scene mit badenden Knaben, die
eine glänzende Ausgestaltung erfahren hat. Das Bild
ist ausgezeichnet durch seine Malerei. Helle Knaben-
körper sind mit einer ausserordentlichen Feinheit
des Tons vor einer graugelben Düne in lebhaften
Bewegungen nervös dargestellt.

Unter den deutschen Figurenbildern führen
die Uhdeschen, aus dem Anfang der achtziger Jahre
stammenden, in die Entwickelungsgeschichte des

LUDWIG VON HOFMANN, AM SCHEIDEWEGE BERLINER SECESSIONS-AUSSTELLUNG

deutschen Naturalismus zurück. Man sieht von
Uhde die „Trommler", ein Bild von ausserordent-
lichem Studium, intim gezeichnet, in der Farbe
etwas kraftlos, und als zweites Bild sein „der Leier-
kastenmann kommt" — eine Arbeit, die auch mit
ihrem Titel zeigt, wie der deutsche Naturalismus
vielleicht mehr als man sich zu entsinnen glaubt,
der Genrebildmotive nicht entraten hat. Die beiden
Bilder, von denen die „Trommler" das feinere sind,
werden immer für die Geschichte unseres Natura-
lismus wichtig bleiben.

Ludwig von Hofmann ist mit seinem älteren
Bilde „am Scheidewege" und einem anmutigen
Theatervorhangentwurf erschienen. In Carl Strath-
manns „heiligem Franz von Assisi" ist alles köstlich;
da sind die Vögel köstlich, von denen der Heilige
umringt wird, die Wiese ist köstlich, auf der er
steht und die mit stilisierten Blumen bepflanzt und
in verschiedenen Tinten gefärbt ist, die Bäume sind

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