ADOLF MENZEL, INNENRAUM
DÜSSELDORFER AUSSTELLUNG
diesen Figürchen lebt schon der Rhythmus von
Rodins „unendlicher Melodie".
Bartholome erscheint daneben weniger kom-
pliziert, klarer, gesünder, freilich auch nicht so
unergründliche Ewigkeitsperspektiven eröffnend.
Aber wie reich ist auch dieser Franzose in der
wunderbaren Kunst, Menschenformen zu bilden,
Muskeln und Sehnen unter zarter und rauher Haut
spielen zu lassen, Erregungen und Erschütterungen
und Empfindungen unmerklich im Körperlichen
zu spiegeln, und alles doch wieder unter die wohl-
erwogene Ordnung seines Bildnergeistes zu stellen,
vibrierendes Leben durch den sichtenden Willen
seiner Hand zu bändigen. Darin begegnen sich
auch die andern, ob sie, wie Gardet in seinem
machtvollen Pantherkampf, ein Stück primitiven
Naturlebens in seiner Brutalität vornehmen, ob sie,
wie Jules Desbois, das Formenspiel zu kunstgewerb-
licher Zier verwerten, oder ob sie, wie Charpentier
und seine Nebenmänner, einen Kopf oder ein sorg-
samgewähltes plastisches Motiv als Basreliefs auf die
Plakettenfläche projizieren. Es ist für einen Deutschen
geradezu beruhigend, vor Mercies Gounod-Denkmal
zu erfahren, dass man auch jenseits der Vogesen
entgleisen kann. Ja ja, die Denkmäler!
Die Brüsseler haben nicht die enorme „Kultur
der Fingerspitzen", wie man das Wesen der pariser
Plastik vielleicht nennen könnte; das Formgefühl
sitzt bei ihnen mehr in der Handfläche. Sie sind
robuster, zugreifender, sinnlich - derber; der ger-
manische Einschlag ihres Blutes verleugnet sich
nicht. Auch nicht bei Lagae, der den Romanen
noch am nächsten steht. Von Meunier oder gar
Jef Lambeaux zu schweigen.
444
DÜSSELDORFER AUSSTELLUNG
diesen Figürchen lebt schon der Rhythmus von
Rodins „unendlicher Melodie".
Bartholome erscheint daneben weniger kom-
pliziert, klarer, gesünder, freilich auch nicht so
unergründliche Ewigkeitsperspektiven eröffnend.
Aber wie reich ist auch dieser Franzose in der
wunderbaren Kunst, Menschenformen zu bilden,
Muskeln und Sehnen unter zarter und rauher Haut
spielen zu lassen, Erregungen und Erschütterungen
und Empfindungen unmerklich im Körperlichen
zu spiegeln, und alles doch wieder unter die wohl-
erwogene Ordnung seines Bildnergeistes zu stellen,
vibrierendes Leben durch den sichtenden Willen
seiner Hand zu bändigen. Darin begegnen sich
auch die andern, ob sie, wie Gardet in seinem
machtvollen Pantherkampf, ein Stück primitiven
Naturlebens in seiner Brutalität vornehmen, ob sie,
wie Jules Desbois, das Formenspiel zu kunstgewerb-
licher Zier verwerten, oder ob sie, wie Charpentier
und seine Nebenmänner, einen Kopf oder ein sorg-
samgewähltes plastisches Motiv als Basreliefs auf die
Plakettenfläche projizieren. Es ist für einen Deutschen
geradezu beruhigend, vor Mercies Gounod-Denkmal
zu erfahren, dass man auch jenseits der Vogesen
entgleisen kann. Ja ja, die Denkmäler!
Die Brüsseler haben nicht die enorme „Kultur
der Fingerspitzen", wie man das Wesen der pariser
Plastik vielleicht nennen könnte; das Formgefühl
sitzt bei ihnen mehr in der Handfläche. Sie sind
robuster, zugreifender, sinnlich - derber; der ger-
manische Einschlag ihres Blutes verleugnet sich
nicht. Auch nicht bei Lagae, der den Romanen
noch am nächsten steht. Von Meunier oder gar
Jef Lambeaux zu schweigen.
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