Richard Wagner-Denkmal-Comite hat sich einstimmig
für den Entwurf von Max Klinger ausgesprochen, der
mithin ausgeführt werden wird. Der Entwurf stellt den
Meister stehend dar, in einen langen, wallenden Mantel
gehüllt.
Wir bleiben unserm Otto Lessing treu. Er wird im
auftrage des Magistrats eine Büste des verstorbenen
Oberbürgermeisters Zelle anfertigen. Schade, dass sich
unser Magistrat nicht mit Sachverständigen in Ver-
bindung setzt, wenn er Kunstaufträge giebt.
Anton von Werner hat wieder eine von jenen Reden
gehalten, welche unseres Mitarbeiters■ Kessler hellen
Zorn erregen. Er sprach von den technischen Leistungen
des Prof. Miethe in derFarbenphotographie und betonte:
wenn das so weiter ginge, dann würde ein dauernder
Vorteil für das Naturstudium der Künstler gewonnen
werden. „So müssten bei uns Naturstudien stets gemalt
werden", sagte der vor der Natur stets unergriffene
Direktor unserer akademischen Hochschule. Dann ging
er zu einer Darlegung der modernen Monumental-
malerei über. Was man bei uns als monumentalen Stil
bezeichne, hätten die Franzosen im letzten Jahrhundert
wohl nie gepflegt mit Ausnahme vonFlandrin, Puvis de
Ghavannes und — Baudry.
Nicht nur in Preussen, auch im Reich kommen Zurück-
weisungen von solchen Werken vor, die für die öffent-
lichen Sammlungen von den Kunstkommissionen in Vor-
schlag gebracht worden sind. Der König von Sachsen hat
jetzt den Ankauf einer Arbeit von Greiner für den Staat
abgelehnt. Es handelt sich um jenes anspruchslose, keine
Götter und keine Helden darstellende Bild zweier
schwarzgekleideten Frauen, das bei uns im Künstlerhaus
ausgestellt gewesen war und das auch in unserer Zeit-
schrift eine günstige Besprechung gefunden hatte.
Die dresdner Kommission hat sich mit dem Gelde, das
sie nicht verwenden konnte, an Menzel gewendet, um mit
ihm in Unterhandlung für ein Werk für die dresdner
Galerie zu treten.
In Charlottenburg hat sich einBürgerkomite gebildet,
um auf dem Steinplatz einen Brunnen aufzustellen.
Wir hörten von einem Denkmalsplan, der oben eine
thronende „Charlottenburgia", und unten zu beiden
Seiten die Spree und Havel in Form zweier Damen
zeigen soll, wie sie aus Krügen Wasser in ein Becken
giessen. Das würde eine recht anmutige Bereicherung
unserer allegorischen Denkmalsmonstrositäten abgeben.
Wir hoffen, dass ein solcher Entwurf nicht zur Aus-
führung kommt. Wir haben in Gaul, der ein wunder-
volles nicht ausgeführtes Modell eines Elefanten-
brunnens im Atelier hat, und in Tuaillon Bildhauer, von
denen einen Brunnen auf einem öffentlichen Platz zu
sehen eine Freude wäre.
EineausserordentlichschöneEckewirdimNeubaudes
Warenhauses Wertheim am Leipziger Platz entstehen. In
die bekannte Architektur desWarenhauses hatMessel hier
Rundbögen eingefügt. Die Niederlassung der Disconto-
Gesellschaft, an die diese Ecke vermietet ist, wird
architektonisch verherrlicht sein wie kaum ein zweites
Bankgebäude.
*
Der Kampf gegen die Restauration des heidelberger
Schlosses nimmt mehr und mehr agitatorische Formen
an. Die Studenten unterzeichneten ein Schriftstück; die
Professoren der Universität haben sich zusammen-
geschlossen und eine Erklärung erlassen, die unter anderm
die Sätze enthält:
Wir vermögen nach den Aussprüchen hervorragender Tech-
niker nicht zu glauben, dass die Kunst der Architekten oder
besser Ingenieure nicht im stände sein sollte, die Mittel der Er-
haltung der Fassade Zu finden, und erklären es für unbedingt
erforderlich, dass den Fachmännern beider Art Anregung, Mög-
lichkeit und Zeit gewährt werde, Projekte auszuarbeiten und
der Öffentlichkeit bekannt zu machen, bevor irgend ein weiterer
Schritt geschieht. Aber wir protestieren darüber hinaus auf das
schärfste und eindringlichste gegen eine jede Restauration, die,
wie sie auch sei, in viel höherem Masse als irgend eine langsam
und unberechenbar fortschreitende und umbildende natürliche
Zersetzung der Ruine, deren jähe und vorzeitige vollständige,
unwiderrufliche Zerstörung bedeuten müsste. Wir weisen
mahnend auf all das Unheil hin, das ein unhistorischer und
unkünstlerischer Restaurationsfanatismus im letzten
Jahrhundert an so vielen ehrwürdigen Denkmälern angerichtet
hat, indem er an Stelle des Kunstwerkes die Nachbildung, an
Stelle des Echten die Fälschung, an die Stelle des Gewordenen
und Zweckvollen das künstlich Gemachte und die bare Maske
schob. Wer darf aus dem heiligen Reste unseres Ottheinrichs-
baues, aus dem Erbstück einer schaffenden Zeit und dem
sprechenden Gebilde der Jahrhunderte ein Zwitterding machen,
unwahr, weder alt noch neu, oder vielmehr: ein Neues, in dem
das Alte tatsächlich untergeht? Denn mit Bestimmtheit ist es
vorauszusehen, dass, der Ausbau einem Neubau gleichkommen
würde, ein Neubau aber kann auf Grund der vorhandenen ge-
nauen Aufnahmen auch später noch jederzeit wenn es
sein soll, vorgenommen werden. Warum soll es der Ruine nicht
vergönnt sein, sich auszuleben, solange es ihr Geschick erlaubt?
Eine dritte Erklärung endlich beginnt zu zirkulieren:
ein „Aufruf zum Bunde gegen die Wiederherstellung
des heidelberger Schlosses". Der Aufruf ist von
Prof. Sutter in Mainz verfasst. Die redaktionelle Aus-
führung ist einer kleinen Kommission übergeben, die
eben im Begriff ist sich zu konstituieren.
«■
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für den Entwurf von Max Klinger ausgesprochen, der
mithin ausgeführt werden wird. Der Entwurf stellt den
Meister stehend dar, in einen langen, wallenden Mantel
gehüllt.
Wir bleiben unserm Otto Lessing treu. Er wird im
auftrage des Magistrats eine Büste des verstorbenen
Oberbürgermeisters Zelle anfertigen. Schade, dass sich
unser Magistrat nicht mit Sachverständigen in Ver-
bindung setzt, wenn er Kunstaufträge giebt.
Anton von Werner hat wieder eine von jenen Reden
gehalten, welche unseres Mitarbeiters■ Kessler hellen
Zorn erregen. Er sprach von den technischen Leistungen
des Prof. Miethe in derFarbenphotographie und betonte:
wenn das so weiter ginge, dann würde ein dauernder
Vorteil für das Naturstudium der Künstler gewonnen
werden. „So müssten bei uns Naturstudien stets gemalt
werden", sagte der vor der Natur stets unergriffene
Direktor unserer akademischen Hochschule. Dann ging
er zu einer Darlegung der modernen Monumental-
malerei über. Was man bei uns als monumentalen Stil
bezeichne, hätten die Franzosen im letzten Jahrhundert
wohl nie gepflegt mit Ausnahme vonFlandrin, Puvis de
Ghavannes und — Baudry.
Nicht nur in Preussen, auch im Reich kommen Zurück-
weisungen von solchen Werken vor, die für die öffent-
lichen Sammlungen von den Kunstkommissionen in Vor-
schlag gebracht worden sind. Der König von Sachsen hat
jetzt den Ankauf einer Arbeit von Greiner für den Staat
abgelehnt. Es handelt sich um jenes anspruchslose, keine
Götter und keine Helden darstellende Bild zweier
schwarzgekleideten Frauen, das bei uns im Künstlerhaus
ausgestellt gewesen war und das auch in unserer Zeit-
schrift eine günstige Besprechung gefunden hatte.
Die dresdner Kommission hat sich mit dem Gelde, das
sie nicht verwenden konnte, an Menzel gewendet, um mit
ihm in Unterhandlung für ein Werk für die dresdner
Galerie zu treten.
In Charlottenburg hat sich einBürgerkomite gebildet,
um auf dem Steinplatz einen Brunnen aufzustellen.
Wir hörten von einem Denkmalsplan, der oben eine
thronende „Charlottenburgia", und unten zu beiden
Seiten die Spree und Havel in Form zweier Damen
zeigen soll, wie sie aus Krügen Wasser in ein Becken
giessen. Das würde eine recht anmutige Bereicherung
unserer allegorischen Denkmalsmonstrositäten abgeben.
Wir hoffen, dass ein solcher Entwurf nicht zur Aus-
führung kommt. Wir haben in Gaul, der ein wunder-
volles nicht ausgeführtes Modell eines Elefanten-
brunnens im Atelier hat, und in Tuaillon Bildhauer, von
denen einen Brunnen auf einem öffentlichen Platz zu
sehen eine Freude wäre.
EineausserordentlichschöneEckewirdimNeubaudes
Warenhauses Wertheim am Leipziger Platz entstehen. In
die bekannte Architektur desWarenhauses hatMessel hier
Rundbögen eingefügt. Die Niederlassung der Disconto-
Gesellschaft, an die diese Ecke vermietet ist, wird
architektonisch verherrlicht sein wie kaum ein zweites
Bankgebäude.
*
Der Kampf gegen die Restauration des heidelberger
Schlosses nimmt mehr und mehr agitatorische Formen
an. Die Studenten unterzeichneten ein Schriftstück; die
Professoren der Universität haben sich zusammen-
geschlossen und eine Erklärung erlassen, die unter anderm
die Sätze enthält:
Wir vermögen nach den Aussprüchen hervorragender Tech-
niker nicht zu glauben, dass die Kunst der Architekten oder
besser Ingenieure nicht im stände sein sollte, die Mittel der Er-
haltung der Fassade Zu finden, und erklären es für unbedingt
erforderlich, dass den Fachmännern beider Art Anregung, Mög-
lichkeit und Zeit gewährt werde, Projekte auszuarbeiten und
der Öffentlichkeit bekannt zu machen, bevor irgend ein weiterer
Schritt geschieht. Aber wir protestieren darüber hinaus auf das
schärfste und eindringlichste gegen eine jede Restauration, die,
wie sie auch sei, in viel höherem Masse als irgend eine langsam
und unberechenbar fortschreitende und umbildende natürliche
Zersetzung der Ruine, deren jähe und vorzeitige vollständige,
unwiderrufliche Zerstörung bedeuten müsste. Wir weisen
mahnend auf all das Unheil hin, das ein unhistorischer und
unkünstlerischer Restaurationsfanatismus im letzten
Jahrhundert an so vielen ehrwürdigen Denkmälern angerichtet
hat, indem er an Stelle des Kunstwerkes die Nachbildung, an
Stelle des Echten die Fälschung, an die Stelle des Gewordenen
und Zweckvollen das künstlich Gemachte und die bare Maske
schob. Wer darf aus dem heiligen Reste unseres Ottheinrichs-
baues, aus dem Erbstück einer schaffenden Zeit und dem
sprechenden Gebilde der Jahrhunderte ein Zwitterding machen,
unwahr, weder alt noch neu, oder vielmehr: ein Neues, in dem
das Alte tatsächlich untergeht? Denn mit Bestimmtheit ist es
vorauszusehen, dass, der Ausbau einem Neubau gleichkommen
würde, ein Neubau aber kann auf Grund der vorhandenen ge-
nauen Aufnahmen auch später noch jederzeit wenn es
sein soll, vorgenommen werden. Warum soll es der Ruine nicht
vergönnt sein, sich auszuleben, solange es ihr Geschick erlaubt?
Eine dritte Erklärung endlich beginnt zu zirkulieren:
ein „Aufruf zum Bunde gegen die Wiederherstellung
des heidelberger Schlosses". Der Aufruf ist von
Prof. Sutter in Mainz verfasst. Die redaktionelle Aus-
führung ist einer kleinen Kommission übergeben, die
eben im Begriff ist sich zu konstituieren.
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