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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 2.1904

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Osborn, Max: Die Düsseldorfer Ausstellung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3550#0499

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Naturformen nach diesem Rhythmus stilisiert
werden."

Behrens empfindet den Garten nicht als das
Stückchen freie Natur, das sich an das Haus an-
schliesst und grade durch den Gegensatz des Freien,
Ungebundenen, Ursprünglichen zu dem Geregelten,
Kultivierten seinen Reiz und seine eigentümliche
Wirkung hat, sondern als wohnbare Natur, als
Wohnraum unter freiem Himmel, der eine Fort-
setzung der bedeckten Wohnräume des Hauses bildet.

Beide Auffassungen haben gewiss ihre Berech-
tigung und es wird stets auf den persönlichen
Geschmack des Besitzers ankommen, welcher von
beiden er zuneigt und wie weit er nach hier oder
dort rücken möchte. Ein allgemeines Gesetz, wie
es allemal gemacht werden muss, wird sich gewiss
nicht aufstellen lassen. Mit der Einseitigkeit, die
ein Künstler haben darf (oder muss), scheint Behrens
sich auf den Standpunkt zu stellen, dass nur der
architektonische Garten erlaubt sei. Den Ausgangs-
punkt nahm er von einem kleinen Restaurations-
gebäude, in dem es leider, obschon es unmittelbar
am Rheinufer liegt, — o diese
Renegaten! — nur alkohol-
freieGetiänkegiebt.Er hat dies
Haus mit grossem Geschmack
gebaut und eingerichtet, ganz
leicht und frei, ohne die etwas
steife und schwere Feierlich-
keit, die seinen früheren Ar-
beiten oft anhaftete. Der Ein-
fluss des jungwiener Ge-
schmacks mit seiner Vorliebe
für horizontale Abschluss-
linieri und rechtwinklig geo-
metrische Ornamente ist bei
ihm immer stärker geworden.
Er macht sich auch hier deut-
lich bemerkbar; aber es bleibt
doch noch genug, wasBehrens
selbst gehört. Die appetitliche
Sauberkeit des zierlichenTem-
perenzlerhauses klingt wieder
an in der Terrasse des kleinen
Restaurationsgärtchens mit
Laubengängen aus einfachen
Holzstäben, die ebenso wie
Tische und Stühle weiss ge-
strichen sind, und weiter in
dem davon getrennten Zier-
garten.dessenZaundieschlich-

te, ganz billige und doch sehr hübsch wirkende Kon-
struktion jenerLaubengänge mächtiger fortsetzt.Hier
nun ist ebenfalls alles von der rechtwinkligen Gesetz-
mässigkeit beherrscht: zu den Seiten eines graden
Mittelgangesbildenquergestellte,sorgfältig beschnit-
tene niedrige Hecken mehrere Nischen, die Blumen-
arrangements verschiedener Art bergen; in der Mitte
wird diese Nischenfolge hier durch die halbhoch
aus glasierten Ziegeln gemauerte, viereckige Ein-
fassung eines Teich- und Badebassins, dort durch
einen Marmorbrunnen in einfachen Linien unter-
brochen; zwei Marmorbänke am Mittelgange kor-
respondieren damit; viereckige weisse Holzlaternen
mit Glühlichtbirnen sorgen für die Beleuchtung.
Mir erscheint das Ganze ein bischen streng, kühl,
starr und preziös; es hat etwas von dem künstlichen
Garten Stefan Georges. Das organische Leben der
Natur kommt nicht zum Ausdruck und kann nicht
seine tiefe Wirkung üben. Im Restaurantgarten
könnte ich mir diese durchgeführte Stilisierung
eher denken; das leise Ironische, das man dabei
einmischen könnte, würde den Eindruck aparter

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