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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 54.1903-1904

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Schur, Ernst: Die dekorative Ausgestaltung unserer Museen
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https://doi.org/10.11588/diglit.7291#0297

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Die dekorative Ausgestaltung unserer Museen.

der einzelne. Die Zeit ist noch nicht gekommen)!
Alle echten Bestrebungen der Kunst treffeit sich hier,
haben hier ihren Ausgangspunkt, mögen sie sonst
hingehen, wohin sie wollen. Denn es ist weiter nichts
als eiil Bezeugen eines Urzusammenhanges und ein
Bekennenwollen ganzer Kraft. (Mögen sonst im
einzelnen Abarten nach anderer Richtung wachsen!)
Diese Bewegung, die — tiefer gesehen und umfang-
reicher genommen, als sie sich bisheb entwickelte —
aus einein umfassenderen und fruchtbareren Boden
wächst, als es den Anschein hat, •— sie ist durch die
erweiterte Wissenschaft und Kenntnis von der Natur
(die Erkenntnis wurde) und durch ein tieferes
Erfassen und Erfühlen unserer Stellung in: 2(11 be-
dingt —■ fängt an, zu begreifen, was eben organisches
Wachsen, was Wirkung im Ganzen ist. Sie wird
immer mehr dahin komnren, diese innere Wahrheit
zu betonen, das einzelne und den einzelnen hinter
die Mannigfaltigkeit des Seins hintanzustellen. Sie
wird lieber verzichten, als ein Überwuchern (wie
früher) dulden, lieber warten, als voreilig zu Ab-
schlüssen kommen, lieber das Werden fühlen, als
über das Sein im einzelnen tüfteln.

Es widerspricht diesem Gefühl für das organische
Ganze, Bilder aufzustapeln, von denen niemand weiß,
für welchen Raum diese Bilder geschaffen wurden,
in dem sie doch wirken sollen. Von hier kommt
dem modernen Bilderbetrieb die Kritik, und zwar
Kritik durch Tat. Das ist die Gesundung in dem
mannigfachen Durcheinander dieser Richtung. Sie
wird und muß säubern, ob die einzelnen wollen
oder nicht und wohl gar Vervielfältigung hoffen.
Eie wird dies fein oder überhaupt aufhören zu
fein. Ein Bekanntes für ein Unbekanntes schaffen,

494 u. 495. Anhänger von Kart Rothmüller, München.
Muster geschützt.

494- Gold. Perlen, Rubine (auf den unteren Zweigen), Glivine
(aus den oberen Zweigen). — 495. Gold, Perlen, Glivin.

496. Anhänger von Karl Rothmüller, München. Must, gesch.
Gold, Perlen, fünf Almandine, in deren Mitte ein Turmalin.

ist ein Undiitg und widerspricht dem einfachsten, durch
Naturwissenschaft in Denken und Erkennen geschultem
Empfinden. Zn der Tat ist dies Erkennen und
Denken unbewußt darin enthalten. Wir erreichen
vielleicht — wie schon einmal angedeutet — durch
das massenhafte Überangebot, das jedeit kleinsten
Wunsch berücksichtigend voraussieht, das gleiche Ziel.
Die Auswahl stellt ■— vielleicht — den gleichen Effekt
her. Doch wie viel Kräfte werden verschwendet, un:
endlich zum Schluß eilt so minimales Resultat
zu ergeben? Reinigen wir unser Empfinden,
so reinigt sich die Darstellungswelt, in der wir
dieses unser Empfinden sichtbar symbolisieren.
Kitd indem wir hinstreben zu einem einheit-
lichen Milieu — gleichviel wie es aussehen
mag, der Möglichkeiten sind viele, und auch
jegliche denkbare Freiheit rechnet hier mit •—,
schneiden wir all den tausend unorganischen
Zufälligkeiten, die den größten Teil unserer
Umgebung bilden — aus Bequemlichkeit, aus
Laune, aus Trägheit und Beharrlichkeit —
die Möglichkeit zur Existenz ab. Sie sterben
einfach an Mangel an Luftzufuhr und Lebens-
möglichkeit. Und rückwirkend befruchtet dann
diese von uns geschaffene Umgebung — die
nicht Zwang ist, sondern Willen —- unser
Innenleben und stellt vielleicht die Möglichkeit
her zur Schaffung ganzer und großer Kunst

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