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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 15.1935

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Heft 2 (Februar 1935)
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Parnitzke, Erich: Knoten im Tauende: ein Beispiel des Körperzeichnens, Hochschule für Lehrerbildung, Kiel
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https://doi.org/10.11588/diglit.28171#0041

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Dic llbungcn, dic im Rörperzeichnrn vor einem Oahr-
hundcrt in die Schulen eindrangen, fußten gan; auf dem
akadcmischen, d. h. ianc,e betont klassizistischcn Riistzeux,.
Da;u gchörtcn yroßk,espannte sog. Elcmentarkörpcr (auf
Zylinder, Rugel usw. zurückführend), im weitercn Verfolg
die danach ausgesuchten Vasen und Töpfc und Risten und
Lörbe. Nach dem ausgemeffencn Umriß folgte das Schat.
tieren. Gips war ncutralstc Bedingung dasür, später wur-
den die Dingc immcr noch zuerst wie aus Gips gedacht,
um die Hauptbewcgung der Schatten von „Vrcbcnsächlich-
keiten" untcrschcidcn zu lehrcn. Vlebcnsächlich aber war
alles das, was cigcntlich das Auge band und anregen
konnte, dic Formbcwcgung graphisch ;u faffen.

Die Artfrcmdhcit dieses klassi;istisch aufgebauten Na-
turstudiums wird schlagend dcutlich, wenn man cinmal
dcn Höhepunkten dcutschen Zcichncns nachgeht, da wo es
an dcr wende des Mittelaltcrs dic spe;ialisicrtc Dc-
obachtung voll auslebt und noch aus eigencm Vermögen
gestaltet.

Da finden wir in Füllc geradc die Bcvor;ugung klcin-
teiliger Dinge und eine daran lebendig blühendc Formbc-
schreibung.

Mit unscrem „Rnotcn" im Augc fand ich Reihcn von
graphischcn Llättern, in dcnen gan; im Gegcnsatz ;u der
romanischen Art der großen plastischen Schwellung, dic
gotische Richtungsgestaltung sich hineinbewegt in das Be-
schreiben des Lörpcrrcichtums an Mensch, Tier, Baum,
d. h. wörtlich: graphisch mitgcht und dic rciche Binnen-
;eichnung als gar kcinen Zufall crschcinen läßt, sondern
eben als artgemäßc Vorstellung und Auffaffung.

Hagen und woclfslin haben das hinreichend vcrfolgt.
Mein Rnoten hat schon cinen Hintergrund, von dem er sich
bedeutungsvoll abhebt. Er faßt ;usammen, was ohnehin
mit der Abkehr von den „leeren" Vasen und Döpfcn und
der Hinwendung ;um Zeichnen kleinbcwegten pflan;en-
lebens und ähnlicher „graphischcr" Vorwürfe vor sich gc-
gangen ift.

Er vermag aber vielleicht ;u deutlicherer Dewußthcit
um diese Fragcn bei;utragen, wcshalb ich anschließen
will, was uns an vcrwqndten Anregungen vorkam:

s) die nicht unwesentlichc Variantc: geflochtener Gür-
tel oder dicke Lordel mit unterschiedlichcn Strängen,
d. h. durch;ogen mit bestimmten Fäden oder Farben,
die stch bci der wicdcrkehr (in der Drehung) ver-
solgen lassen. — I«: mehr jeder Gegenstand selber
„führt", um so beffer! . i ,

Da;u ist;usammen;utragen, was Dürer alles aus so Bän-
dern, die Taschen oder Schlüffel tragen oder im Gurt ge-
knotet sind, herausgeholt hat odcr aus Riemenwerk.

d) Die Rahmenaufgabe: Vlähkorb.

Das grofic wollknäuel ist ja Stammaufgabc, dic dcn
Untcrschicd ;ur früher cinmal mit wischer schät-
ticrten Lugcl klar macht. weiter die Garnrollen,
wickel aller Art, das Zentimetermaß (gerollt odee
gewunden). Und — Stofs — Leinenband gewickelt
(die große wäscheleinc gehört noch ;u s), noch vieles
andere und 'dÄ i Rvrb selber. Nicht ;u vergesscn
Stoffrcste. - ^ - s -üM:

Dies sührt weiter ;um Faltenstudium überhaupt

KN

tüchcrn dcr wappen, wic denn hier rin großes Feld aus-
;uwcrten ist in Tüchern und Rleidung.
e) Bcim pslan;cn;cichnen werden dic „plastischen" Ge-
bildc besondcrs wesentlich, wo;u die beliebten kno-
spcndcn Rastanicn;weigc gehören als Beispiel für
saftigc, schwcllcnde Formcn, die viel Binnen;eich-
nung haben. Dahin gehörcn auch die in der deut-
schen Graphik allemal mit besonderer Liebe bedach-
tcn knorrigcn und knolligen und gabeligen Baum-
stämmc, auch das Wur;elwcrk da;u.

Man muß sich allerdings im Rlaren sein, daß hier schon
Altcrsaufsaffungen crhebliche Unterschiede bedingen. 2>n
der sog. Mittelstufc müßten voranstehcn geschloffcnc,
gan;e Thcmcn, die nicht „Ausschnitte" bedingen. Eigent-
lich bcdeutungsvoll werden Naturstudien, wie die an
Baumstämmen, erst in dcr Gberstufc und auch da längft
nicht für/allc Schüler. Bei Dürer finden sich öfter ge-
wundene Stämme, sich drehend wie ein Dau.
ü) Ach crwähne noch Gren;sälle, die von der hier ge-
mcinten Formeinfühlung weitergabeln: halb geschäl-
/tcs L-bst odcr Rartoffeln. Hicr tritt die koloristischc
Bewältigung schon in den Vordergrund, weil die
;cichncrischc Struktur im Sinne des Beschreibens
der Bewegung dem Lharakter: Gbst b;w. Rartofsel
nicht gcrecht wird, d. h. es handelt sich um neuc, so-
;usagcn schwierigerc Ausgaben.

Daß die Auswahl nach „;eichnerischer Führung"
auch bci der Landschast bedeutungsvoll ist, wurde
kür;lich in Hest r (r. Iahrgang) der Zeitschrist „Die
Gestalt" dargclegt von G. Gollwitzer. Davon gehört
bcsondcrs das Beispiel mit der Riesgrube hierher.
Ach süge hin;u: Stciluser mit deutlicher Abbruch-
gliederung. weiter Hügelland mit klar strukturierten
Feldcrn. was sich unschwer wcitcr ergän;en läßt. —

Ach bringe dic Beispicle, weil es an der Zeit ist, daß
wir uns gan; konkrct um die er;ieherische Dat bemühen,
die uns eincn kann und Muß, weil sie sich gründet auf
Leistungcn. wir haben den unendlichen Vor;ug vor andern
Schulungsgebieten, daß wir Bildungsgrad und Bildungs-
gang an unsern Schülern anschaulich aüfweisen können
und deshalb eigentlich eine völlige Verständigung un-
schwer in den eigenen Reihen hrrstellen könnten, die um so
nötiger ist, als unser Feld groß ist, äuf dem unendlich
vieles platz hät und wächsen kann, von jedem betreut in
seinem Vermögen und nach besonderer Vorliebe. was
uns binden muß, ist lapidar in dem wort gegeben:

- /lrs uua, spvcies mille,

;u Deutsch. c in c Lunst, tausend Möglichkeiten!

Runst aber ist nicht denkbar ohne gan;heitliche Ausrich-
tung und ohne das Anfachen des Funkens lebendig anschau-
licher Verarbeitung von „Gesichten" ;ür Gestalt. Die
Schule hat es mit grundlegender Dis;iplinierung
;u tun, da hilst fein Herumflackern mal hier mal dort
und das Herumreiten auf Ausfaffungcn, die sich im Be-
griff widersprechen. Entscheidend bleibt was sich plan-
voll fügt im Bild aus natürlichcn Rräften, die angemeffen
bcansprucht und in Tätigkeit geseyt werdcn. Entscheidend
bleiben dasür Leitbilder, die nicht — Fluch vieler deutscher
Dcmühungen! — nebulos rrdichtet werden, sondern auf
klärer wirklichkeit sußeü. Es geht ja nicht um „Lnter-
effante" Aufgaben, sondern um bcdeutungsvollc,

Die Stoffreste haben es ;unächst in sich, wenn sie im die bis an die wur;eln unseres Erbes an Lildkultur grei
Faden oder in ausgesprochener Musterung verfolgt ftn. wcnn man sich ansieht, was noch im vorigen Iahr
wcrden. Sic sind faßlicher als großc Drapcrien, dic hundert an Studium erforderlich war, um als „gclernter
schon in „Atclferbetrieb" .wegführen können.Aünstler" äuftretcn ;u können, wird man mcht sMtiech

m SpruchbLndern mit dcm betonten Rolli
-egten Fabnen. Die Fl.cken ful'ren ;u dc»
 
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