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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 15.1935

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Heft 4 (April 1935)
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Braig, Adolf: Kunsterziehung: ein Gespräch
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https://doi.org/10.11588/diglit.28171#0081

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Ihnen gelängc — könncn Sie mich durch Ihr wirkcn
noch übcrzeugen. FUr hcutc aber crlauben Sic mir, noch
gan; im Bereich mcincr Lcobachtungen und Erfahrungcn
;u bleiben und ;ur Aufhellung unscrer Fragc mein Mög.
liches bci;utragen. Sie wiffcn, dafi von unsercn Dindcrn
;wci an der Hochschulc studicren, die anderc» vicr aber
noch verschicdenc höherc Lchranstalten besuchen. wir
habcn in unscrer Familic am Schullcbcn dcr Rindcr immcr
regsten Anteil genommen. Das wahrhaft lebcndige wir.
ken einiger Lchrcr habcn wir umso freudigcr vcrfolgt
und umso dankbarer ancrkannt, als das Auftrctcn solchcr
Begeistcrten und Bcgcistcrnden im gan;cn lcidcr all;u sel-
tcn gebliebcn ist. Ich urtcilc nicht ungerccht, dcnn an scchs
Schulkindern laffen sich schon stichhaltigc Erfahrungen
inachen. Und da in unsercr Familic die künstlerischcn
werte von jeher in besondercr Achtung und pflege stan-
den, haben wir natürlich von dieser Seitc aus die Ein.
wirkung dcr Schulc auf unsere Dinder bcsondcrs ausmerk-
sam vcrfolgt. Abcr — wennglcich Sie kcines von ihncn
unterrichtct haben, scheue ich mich fast cs hcraus;usagen,
wcil ich sürchte, Ihnen wch ;u tun: manchcs unsercr Din-
der haben wohl eincn gutcn Zcichcnuntcrricht genoffcn,
nach dcr Scitc der Dunstcr;ichung aber, wie Sic sic auf-
saffcn, hat keincs lcbcndige Einwirkung crsahren.

B: Zur Erklärung dieser betrüblichen Tatsachcn wäre
viclcs ;u sagen. Dur; nur diescs: haben Sie jemals beob-
achtct wie kärglich die Arbcits;eit schon für den Zeichen-
unterricht allein bcmessen ist, so daß sic kaum hinreicht,
um wenigstens diesc einc Tätigkeit ;u einem bescheidenen
Zicle ;u führcn; Dic hcutigc Schulc ist noch fast vüllig
blind für den Sinn und dic Notwendigkcit der Dunst-
cr;ichung innerhalb dcr gesamtcn Lildungsausgabc.

A: Ich habc auf viclcs gcachtet, was schcinbar äußcr-
lichcr Vlatur ist und dcn unmittclbarcn Untcrricht nicht
betrifst. LasseN Sic mich nur cin wenig davon auf-
decken. Schon bcim Betrcten der Schulgebäude ist mir
fast immer -dic peinlichc Ausstattung ausgefallen, in der
sich das Treppenhaus, die Gänge und Vorplätze darboten.
Gewifi, an schlechten Bau- und Raumsormen ist nichts;u
ändcrn. Und an der äußeren Reinlichkeit hat es nicht ge-
fehlt. Es gibt aber eine innere Reinlichkeit, sie liegt in
der Formgesinnung, und davon habe ich oft ;u wenig
gespürt. wo Iugendleben das Haus erfüllt, wo man 2u-
gendkräste formt und lenkt, müßte ein reinlicher und;ucht-
voller Formsinn alle Umgebung hell durchwirken. Nicht
steife Rälte und Herzlosigkeit, sondern freundlichc wärme
bci gemessener Zurückhaltung müßte herrschen bei der
inneren Ausgestaltung eines Schulhauses. Lassen Sie mich
aus ein;elnes hinweisen. Ich empfinde es beim Betreten
eines Gymnasiums peinlich anspruchsvoll, wenn mir gleich
im Treppenhaus das große bron;egetöntc, behelmte Haupt
der Athena auf marmöriertem höl;ernen Hermensockel
entgegentritt, hintergründet von rinem pompejanisch-
rot gestrichenen wandfeld, das von künstlich vergolde-
tem Laubgewinde eingefaßt ist. Zuviel gipserne Antike
drängt sich aber auf, wenn gleich auf der erstcn Trcp-
penrast vor der eincn Ecke und quergestellt das lockenum-
wallte Haupt des Zeus von Gtricoli prangt und auf der
Zweiten das »es blinden Sängers Homer. Und wenn es

sind Drcppcnlauf und Hausgang kcin Ort für Antike, für
Dürer und Rcmbrandt, Lionardo und Rafael. Damit will
ich nicht lcugnen, daß sich in manchem Schulhaus da und
dort ein ruhiger Vorplatz findcn mag, der eine vornehme
Bctonung durch cin taktvoll gewähltes Dunstwcrk sogar
vcrlangt. Dagcgcn bot sich mir einmal ein schmer;lichcr
Eindruck, als ich in ciner Unterrichtspause durch die Schul-
gängc ging und beobachten mußte, wie das verwirrendc
Gewimmcl dcr Schülcrschar und das Durcheinander der
Stimmen sich unwürdig abhoben von den wandhintcr-
gründcn, die mit Vlachbildungcn gewichtigstcr Runstwcrkc
behängt waren.

Da ich nun schon cinmal kritisch im Zugc bin, laffcn
Sic mich auch von Eindrückcn bcrichten, die ich von In-
ncnräumcn der Schulen aufgcnommcn habe. Da ist das
Sprech;immer, in dcm dic Lehrer Besuche dcr Eltcrn
cmpsangen. Hicr wcrdcn manche Rlages, und Sorgen laut
und dic Stimmung ist oft schwer und gedrückt. Müßtc
cinc mcnschenfreundliche Gesinnung nicht geradc diescn
Raum in seiner Gcstaltung hell und heiter durchwirken;
Liegt auf dem Tisch, an dem man sich gegcnübcrsitzt, einc
frcundlich farbigc Dccke und lcuchtet darauf in schlichter
Vasc ein klcincr Blumcnstrauß, so wird von diesen schcin-
bar unwichtigen Dingcn ein gütig versöhnender Schim-
mer auch noch in dic crnstcstc Besprechung hineinleuchtcn.

Bctretc ich abcr das Vor;immer und das Amtszimmcr
des Schulleitcrs, so gewinne ich durch ihren Eindruck schon
ursprünglichstc Aufklärung. Es gibt Amtsräumc, die allcin
schon in Gestalt und Einrichtung den Besucher erschaucrn
laffen. Jhr formwidriger Hausrat mag aus schlechter Zeit
stammcn. Es mögen dic Mittel fehlen, ihn aus;uschaltcn
und durch gutc Ncuanschafsungcn ;u ersctzcn. Man muß
ihn notgedrungcn beibehalten. Aber darin liegt gar nicht
das wesentlichc. Es gibt so vieles, was sich in der Ein-
richtung des Raumcs mit geringcm Aufwand und gar
nicht auf cinmal, sondcrn allmählich ändern und dabei gut
machcn läßt durch srischcs Tünchen, Erneuerung von Vor-
hängen, Bodenbclag, Tischdeckcn in wohlstimmenden Far-
ben, und weitcr bis in dic letztcn Dleingerätc wic Schrcib-
;eug, wanskalendcr und Blumcnvasc hinein. wenn die
gewählte Gestaltung wenigstens in diesen möglichen Mit-
teln einhcitlich durchdringt, dann ist der Gesamteindruck
trotz schlcchtcr Möbelformen gehoben und gerettet. Ent-
springt diesc vleuschöpfung vor allem aus dcm persönlich
kultiviertcn Formverlangen des Schulleiters und nicht
nur des künstlerischen Gestalters, so ist sic der Schule
würdig und ;um Zeugnis wahrhafter Bildung gcworden.

Und derselbe Geist der wesenhaft echtcn Form müßte
auch in den Schul;immern herrschen. wic lange Zcit ver-
bringt unsere Iugend gerade in den Aahren im Schul-
zimmer, die mit ihrem Erleben für die gan;e Zukunft ent-
scheidend wcrden! Müßtc man darin nicht die Verpflich-
tung schen, dem wachen Iugendsinn nur vorbildlich geklärte
Raumgestalten dar;ubieten; So könntc ich noch auf vieles
Hinweisen. 2ch denke an die Schulfeste und Spielveran-
staltungcn und manch andece Gelegenheiten, dic ihre Dar-
bietung niemals in zweifelhafter oder kitschiger Art, son-
dern immcr aüf einer der wahren Bildung würdigen
Stufe finden sollten. Nun bin ich Ihnen mit meiner

dann so weitevgeht in allcn Gängen und Vorplätzen mit «tuse srnven souren. >,un orn

. der Mischung tzon Schmuck und Delehrung durch Gipsc Dauerrede vrcllercht ungebuhrlrch nahegetretem Aber nrern

Mnd Bilder, diese noch geschmacklos gerahmt, in schlechter ^er; ,st voll und so grng mern Mund über. Darf ,ch a -
Deleuchtung, verworren gehängt, da finde ich die erste merken: ,ch habc nur von außen herund a so «us

Forderung an dir Schule, Vorbild zu geben, nicht crfüllt. Ernblrcke gcnommen, als dies uns Eltern eben moglrch rst.

Von der andeten Vkotwxndigkeit, nur werke von'.«-hr^,..:D»«,B-F drr Schule wwd dem Rundigen daraus schon
haft : künstlerischem We>t, und diese in den erlesensten »B-^offtnbar. Ettvas abcr hedxückt w'ch^ 'ch furchte,

b«nch° ich h,» Mch. ,»-ch-- sk« ÄELV"'«»

-b- _w habeN mirchMW: SesaAt,

stcllung an Grten, wo augen- nichts, was ich an mcinenr platze nicht seit Vahren er-
. kannt und durch mein wrrken in dic Tat überzuführen

^--u-redrn. L

emeineryi
> Stunde

würde ich wünschen, daß
alle Schulbehörden Jhres

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