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Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 15.1935

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Heft 7 (Juli 1935)
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Bernack, F.: Der Bedeutungsgehalt der Farben
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https://doi.org/10.11588/diglit.28171#0160

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dic Reihcnfolgc innehalten, dic Gocthc in sciner Farben.
iehrc aufzeigt.

G e l b.

Gocthc bcginnt mit Gclb. Ich zitierc nur bic Stci.
lcn, die sich auf die symboiischc Erfaffung des Farbc».
iichaltes bczichcn. Er sagt: „Sic (dic gelbc Farbc) fichrt
in ihrcr höchsten Rcinhcit immcr dic lTlatur dcs Hcllcn
mit sich und bcsttzt einc hcitere, muntere,sanftrci.
;cndc Eigcnschaft. In dicscm Grade ist sie als Um>
gcbung, es sei als Dlcich Vorhang, Tapcte, angcnchm.
Das Goid in seincm gan; ungcmischtcn Zustandc gibt
uns, bcsondcrs wcnn dcr Glan; hin;ukommt, cinen
ncucn und hohen Begriff diescr Farbc; so wic ein starkcs
Gcib, wcnn es auf giän;cndcr Scidc, ;. B. auf Atlas, cr-
schcint, einc prächtige und cdle wirkung tut.
So ist es dcr Erfahrung gemäß, daß das Gcibe eincn
durchaus warmcn und behaglichen Eindruck
macht. Daher cs auch in dcr Malcrci der bcleuchtetcn und
wirksamen Scite ;ukommt. Diesen erwärmenden Effckt
kann man am lebhaftcsten bemcrkcn, wcnn man durch cin
gelbes Glas, bcsonders an graucn wintertagcn, eine Land-
schaft ansieht. Das Augc wird erfreut, das Hcr; ausgcdchnt,
das Gemüt erhcitert; einc unmittclbare wärmc
schcint uns an;uwchcn. wenn sic bcschmutzt oder ins Mi-
nus ge;ogen wird, wird der schönc Eindruck dcs Fcuers
und Goldes in dic Empfindung des Rotigcn verwandclt
und dic Farbe der Ehrc und wärmc ;ur
Farbc dcr Schande, des Abscheus und Miß-
bchagens umgckchrt. Daher mögcn die gelbcn Hüte
dcr Lankcrotticrer, die gclbcn Ringc auf den Mänteln
dcr Iudcn entstanden sein; ja, die sogcnannte Hahnreifarbe
ist cigentiich nur ein schmutzigcs Geib."

Randinsky sagt in scinem Buchc „das Geistige in
der Runst" über Geib etwa folgendes: „Gclb ist die
trpisch irdischc Farbe. Betrachtet man einen mit
Gelb gefüllten Rreis, so bemerkt man, daß das Gelb aus-
strahlt, eine Bewegung aus dem Zentrum bekommt und
sich beinahc sichtbar dem Menschcn nähert. Und tatsächlich
die erste Bcwegung von Gelb, das Streben ;um Menschen,
wclchcs bis ;ur A u f d r i n g l i ch k e i t erhoben werden
kann und auch die ;weite Bewegung, das Springen über
die Gren;e, das Zerstreuen der Rraft in die Umgebung
sind gleich den Eigenschaften jeder materiellen Rraft, die
sich unbewußt auf den Gegenstand stür;t und ;iellos nach
allen Sciten ausströmt. Andererseits das Gelb, wenn cs
dirckt betrachtet wird (in irgcnd einer geometrischen Forni)
beunruhigt den Menschcn, sticht, regt ihn auf und
;eigt den Gharakter der in der Farbe ausgedrückten Ge-
walt, die schließlich frech und aufdringlich aus
das Gemüt wirkt. wenn man versucht, Gelb kältcr ;u
machen, so bekommt cs einen grünlichen Ton. Es bekommt
dadurch cincn ctwas kränklichen übersinnlichen
Lharakter, wie ein Mensch von Streben und Energie,
welcher durch äußere Zustände in diesem Streben und der
Anwendung seiner Energic verhindcrt wird. Verglichen
mit dem Gemüts;ustande des Menschen könnte es als far.
bige Darstellung des wahnsinns wirken, aber nicht
der Melancholie, Hypochondrie, sondern eines wutanfal-
les, der blinden Tollheit, der Tobsucht. Dcr
Rranke überfällt die Menschen, schlägt alles ;u grunde
und schleudert seinc physischen Rräfte nach allen Seitcn,
verbraucht sie planlos und grenzenlos, bis er sie vollstän-
dig verzehrt hat.Wei der Erhöhung (der Intensität) klingt
; es wie eine immer lauter geblasene Trompere
oder ein in die H ö h e gebra chter Fanfarenton.
. Die Lußcrungen bcider Autoren zeigen ein Gemisch von
individueller und traditionejller Symbolik, die aber leicht
auseinandergehalten werden können. Die überlieferung
ist jedoch dabei von größcrer Rraft. Daß Gelb als die
^Aarbc dee Eifersucht, jener blinden Tollheit gilt, daß
M die Farbe bes ist, ist bekannt. Doch schon in

Westen Zeiten vei-binden sich nrit Gelb die Begriffe

(Licht undSonne, Dre gelben «nd goldenen Sym-
bole an alten persischen und ägyptischen Tempeln beweisen -

das. Dic Farbc dcs Goidcs, dic Farbc dcr Sonnc, gehört
Ra an, dcm Sonncngott, eincr andcrn Gcstalt dcs großen
Vsiris.

Gcib waren die Gcwändcr dcr Sonncnanbctcr, und noch
jctzt ist Gcib dic Farbc Buddhas und scincr priestcr. Sic
ist die hciiigc Farbc Lhinas, sciner vcrsunkcnen Raiser-
herrlichkcit und von allcm was kaiserlich war, als
Ricidung dcm Voikc verboten. Es war dic Farbe dcs ger-
manischcn Sonncngottcs Baidur. Allc die untcr dem Ein-
fluß dcr Sonnc stchcn odcr im Zcichcn dcs Löwcn oder
Schützcn gcboren sind, wcrdcn Gcib als glückbringend fin-
dcn, währcnd dic Rindcr dcs Rrcbscs daraus vkutzcn ziehen
könncn, wcnn sic cs ais zwcitc Farbc wählen. Dcncn, die
im Stier odcr dcr Jungfrau gcborcn sind, wird Gelb sich
jcdoch cntschicden als unhcilbringcnd erwcisen.

Auf cbenfalls magischcn wcgcn bewegcn sich Speng-
lcrs Gcdankcn übcr dic arabische Goldgrundmo-
saik: „Dic magischc Scelc empfand alles Gewordene und
Ausgedchnte ais Inkarnation rätsclhafter Mächte. Sic
schloß dic Szcnc durch cinen Goldgrund ab, d. h. durch ein
Nlittcl, das jcnscits allcs Farbigen steht. Gold ist übcr-
haupt kcinc Farbe (!). Der Goldgrund ist das Symbol
dcs G c h e i m n i s v o l l e n. Das Leuchten des Goldes
chimmt der Szcnerie ihrc wirklichkeit, und er ist ecfüllt
von dcm wcscn und walten der Gottheit. Hunderte von
Iahren war dcr Goldgrund für Darstellungen aus der
christiichen Legcnde die einzig würdige Form und die in
der Frühgotik auftauchenden „wirklichen" HintergrÜnde
wurdcn als profan empfunden. Mit den Goldgründen dkr
kirchlichen Gcmäide verschwinden aus den abendländisthM
Ronzoiicn jcne magischcn, ontologischen Gottheitsproblcme,
welche allc oricntalischen wie das von Nicäa leidenschaft'
lich bcwegt hattcn."

7>n dcr H c r a l d i k hat Gclb erst spätcr einen play ge.
funden. An scine Stelle tritt das Gold, das Symbol der
fürstlichen Erhabenheit, des Glanzr», d«S
Reichtums, der Machtfülle. Seine Führung bleibt
ein Vorrang der Hrrrscher, denen es i« der F»rm der
Reichsinsignien in die Hand gegeben wird und dir es in
Standarten und Heereszeichen zur Anwendung bringr».
cvrden und Grdensbänder zeigcn ebenfalls die Verwenüyqj
von Gold. warum sich in den letzten hundert Sahren die
post für ihre Fahrzeuge des Gelb bemächtigt hat, jst nicht
einwandfrei erkenntlich. Vielleicht deshalb, um die An-
kunft der Fahrzeuge von weit her zu signalisieren und
sie von der Umgebung lebhaft zu unterscheiden, ähn-
lich wie die Armbinden die Erblindeten im Veckehr leicht
erkenntlich machen sollen, vielleicht auch deshalb, weil Gelb
ais kaiserliche Farbe von einer kaiserlichenGn-
stitution geführt wurde.

l^lach dem Meraner Stadtrecht mußten die Dirnen auf
ihren Schuhen gelbe Schleifen tragen, ähnlich wie die
Iudenfrauen an ihren Röcken und die Männer an ihren
Mäntcln gclbe Säume tragen mußten. In Gndonesien und
in Indicn dient gelb gefärbter Reis als Schutzmittel gegen
böse Geister, und in Lengalen werden Brautleute am Tage
ihres Verspruches mit gclber Erdfarbc angestrichen.

Alles in allem ist

Gelb die Farbe der eppansiven Ge-
walt, der irdischen Machtvollkommen-
heit,der Verehrung von Sonnc, Licht
und wärme,des überquellenden Dran-
gcs nach Bewegung und Betätigung;
aber auch des Aufdringlichen, Ausge-
prangerten, der Intoleran; und Ge.
walttätigkeit- Es ist durchaus aüf die
Realitäten des Lebens gerichtct.

Rot. . V ,

über Rot und Gelbrot lesen wir bei Goethe
(mit Rot meint Goethe Purpux, mit Gelbrot Zinuo»
ber): „Es ist kein wunder, daß energische, ge.
sunde, rohe Menschen sich besonders an dieser Farbe
(Zinnober) erfreuen. Man hat die Neigung zu derselben
bei wikde« Völkern durchaus bemerkt. Und tvenu
 
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