r. Bemalter Gipsabguß. Schüler 0 II. Größe r) eru
Rindgcmaßcr Ausdruck.
Dcr Barock hat versucht, dcn Arbeitsraum der plastik
auf die Landschaft aus;udehnen. Er mußte erfayren, daß
diescr Weg in die grenzenlose Vielheit ;ur AusdruckslostA«
kcit und damit ;ur Rraftlostgkeit führte. Die plastik ist
motivarm im Verglcich ;ur Malerei; aber das ist anderer«
scits ihrc Stärke. Bluff ist fast unmögljch.
Die Aufgabenstellung in dcr Rlaffc kann daher nicht eng
gcnug gefaßt werden und muß immer die Festlegung der
formalen Durchführung in stch tragen. Doch wird dAS Ent-
scheidende, der Ausdruck, nicht vorher bestimMbnr (^sein,
dcnn er entspringt dem wescn des Rindes/ Man kann
sagcn, daß cr in scincr letztcn wirkung für den Erwach-
senen übcrhaupt nicht mehr voll erfaßbar ist. Er wird
uns im allgemeinen dumps abcr nicht pessimistisch, mytisch
aber nicht rcligiös, rätselhaft aber doch lösbar erscheinen.
Es ist dieselbc wirkung, die von den vorgeschichtlichen
plastiken ausgeht, die der archaischen Runst ihre Monu-
mentalität verleiht, und die stch an manchen Stellen bis
weit in die Runst dcr romanischen Epoche ^hinein;ieht.
Man vergleiche den unmimischen Ausdruck des Ropfes
(Abb. i) mit den Steinmasken am westfries des Duedlin-
burgcr Domes odcr mit dem unergründlich Bäurischen so
vieler Lalkenköpsc -an den Fachwerkbauten in Mittel-
drütschland. Man erkenne die Verwandtschaft der inncren
Haltung der Bauersfrau (Abb. r) mit den archaischen
Göttinnen im Lerliner Museum, mit dcm Jüngling von
Tenea in München oder 'mit der leider fast unbekannten
Mmckmadonna lfm Erfurter Dome,Merall sene Unerschlos-
ßenheit des Ukhäften, jenk dumpfe Statistik des einfachen
Seins und seiner notwendigsten Funktionen sins iros st
Auclio, ohne nechoös ;ugefpiytc Tempcramente und ohne
Täuschcn wir uns nicht darübcr, daß unseren Iungcn
solchc Zcichcnsprachc schwcr fällt. Sic sind längst vorher
gcdanklich übcrschult und gcgcn dic Ausdrucksbewegung
uncmpsindsam gcmacht. Das ist leidcr eine unbekannte,
abcr mit großcm Ersolg crrcichtc wirkung unserer Still-
Sitz-Schuic. Es ist nicht voll wahr, daß die Ausdrucks-
bcwcgung cin Sondcrgut der mittelländischcn Raffe ist.
Sie ist ja in unscrcr Runst crhcblich stärker vertrctcn als
in dcr italicnischcn und in dcr fran;ösischcn. wir findcn
stc manchmal ins Grotcskc gcsteigcrt beim Rlaffcnkaspar.
wcnn stch Aungen die große, cchtc Gestc der Hildes-
hcimcr Domtürcn, dcr Lhorschrankcn in Bamberg, VHaum-
burg, Halbcrstadt oder dcs Aohanncs vom Jsenheimer
Altar erhaltcn haben, dann stnd sic leidcr Ausnahmen,
dcren 2lrbcitsfrcudigkeit man besondcrs pflegen muß. Viel-
Icicht daß cinige von ihnen bis ;um durchseclten Ausdruck
dcr Gotik vorstoßcn. , / I.
wcnn ich hier so cindeutige parallelen ;u kunstgeschicht-
lichcn Epochcn ;iehe, so bitte ich ;u bedenken, daß es slch
nicht um wiedcrholung des äußcren Stils handeln kann,
sondern nur um die Art des Gehalts. Auch nicht UM den
Inhalt; der kann cin ;eitgemäßer srin. Sagen wir: Statt
Apostelstreit — SA.-Mann bringt einer alten Frau da»
Geschenk dcr winterhilfe.
Ehc stch dic Phasc dcr Ausdrucksbewegung und de» i«
dic Obcrfläche vcrlcgtcn innercn Ausdrucks voll au»ltde«
kann, drangt schon dcr wille ;ur bewußten Vkaturbetrach-
tung hecan. Er führt ;um Ranon, ;u drn proportio««UK
Aus Durchseclung macht er vorerst einmal Mimik. A«»
der beseeltcn Form wird die bcdachte Form: drr Natura.
lismus, aus dem erst drr gereifte Rünstler z«r wichre«
Beseeitheit ;urvckfindet. In dcr Luh (Abb. 4) stnb WH
ersten Ansätzc des Naturstudium» ;u findrn. Abtr r» hak
sich noch genügend Sinn für di« Grundwerte erhalten.
Sö etwa tst der V^g de» Av»deu<k^ Sinr-eäaü««« Mb«
grenzung der vexschiedcnrn Au»druck«haltunge« nach^
gängen und Landschaften wird kaum
wenn sich Gruppen hexau-stellen ließe«,
der Linfluß von Stadt oder Land, die
rassischen Anlagen, sowie die VrrschiedenhettHW
Entwicklungswrgr die Aufstellung eine«
dern. Am wrsentlichsten bleibt, der vsrzeittgrn
Lerechnung entgrgen zu arbeiten, und die natürliche
perliche Ausdrucksfähigkeit zu fördeen.
Rindgemäße Form.
W-
Dieser kind- und jugendgcmäfie Ausdruck verdunstet
lejder meist;u schnell, wenn die.Figuren etwas sein follen,
rtwaS bedeuten follen, etwas tun sollen, damit sie „ge-
dankenreich" wcrdcn. D«»n erhalten sic Tenden;, ver-
^ ^rrden unwahr. Es müßte in
. ^ . Mfe darum gehcn, die einfache, ül»er;eu-
nde A«»druckSbewegung ;u formen, nicht «l» Mache,
sondern aus echtnn Empfinden.
' - ----- '-.V - . .
An den Ausdruckswuchs schließt sich die Formentwick-
lung an, dcnn dic Form ist der Träger des Ausdrukk.
Schon die Umrißlinie eines Reliefs, einer lllsnplatte Ust si
entscheidend. Dann die Fragen: Einschneiden oder aufset-
;en, rund oder flach, groß odcr klein, glätten oder batzem.
Für das Rind sind das allerdings vorerst keine probleme.
Es handelt unbewußt nach dem alten, launischen Bild-
hauersatz: wo ;uviel ift, wegnchmcn; wo ;u wenig ist, auf-
setzen. Breite, tiefe Augenhöhlen sind ebenso selbstverständ-
lich wie das kräftige Vorspringen der Vlase. Der Münd
ist wie ein Rrater mit Randgebirgen. Das Haar wird
locker aufgebatzt. So geht es in natürlicher Lechnik ohne
Besinnung voran. - - - .
Ich habe diese Frei;ügigkeit am stärksten an der flächen
Tonplatte, die später in Gips gegossen werden soll, rrlebt.
In die im gan;en gleichbleibende Ebene des Gesichts sind
die plastischen Räume leicht ein;ufügen und behalten ihren
Grundwert. Ein Gesicht wird ;ur Landschaft, die abgewan-
dert werden kann. Und wenn dann nach dem Guß der ganze
knubbelige Ruchen in Gips vor uns liegt, scheint er sich
nach farbiger Ausstattung ;u sehnen. Es ;eigt sich, daß
die Farbe auf dem weißen, porösen Grunde tadellos steht,
und daß die Rindcr sie geschickt als Formcrgän;ung ver-
wenden. Häufig werden die Augen nur gemalt, ebenso
Haare und Zähne (Abb. 1). Das entspricht der kunst-
-- LSä
Rindgcmaßcr Ausdruck.
Dcr Barock hat versucht, dcn Arbeitsraum der plastik
auf die Landschaft aus;udehnen. Er mußte erfayren, daß
diescr Weg in die grenzenlose Vielheit ;ur AusdruckslostA«
kcit und damit ;ur Rraftlostgkeit führte. Die plastik ist
motivarm im Verglcich ;ur Malerei; aber das ist anderer«
scits ihrc Stärke. Bluff ist fast unmögljch.
Die Aufgabenstellung in dcr Rlaffc kann daher nicht eng
gcnug gefaßt werden und muß immer die Festlegung der
formalen Durchführung in stch tragen. Doch wird dAS Ent-
scheidende, der Ausdruck, nicht vorher bestimMbnr (^sein,
dcnn er entspringt dem wescn des Rindes/ Man kann
sagcn, daß cr in scincr letztcn wirkung für den Erwach-
senen übcrhaupt nicht mehr voll erfaßbar ist. Er wird
uns im allgemeinen dumps abcr nicht pessimistisch, mytisch
aber nicht rcligiös, rätselhaft aber doch lösbar erscheinen.
Es ist dieselbc wirkung, die von den vorgeschichtlichen
plastiken ausgeht, die der archaischen Runst ihre Monu-
mentalität verleiht, und die stch an manchen Stellen bis
weit in die Runst dcr romanischen Epoche ^hinein;ieht.
Man vergleiche den unmimischen Ausdruck des Ropfes
(Abb. i) mit den Steinmasken am westfries des Duedlin-
burgcr Domes odcr mit dem unergründlich Bäurischen so
vieler Lalkenköpsc -an den Fachwerkbauten in Mittel-
drütschland. Man erkenne die Verwandtschaft der inncren
Haltung der Bauersfrau (Abb. r) mit den archaischen
Göttinnen im Lerliner Museum, mit dcm Jüngling von
Tenea in München oder 'mit der leider fast unbekannten
Mmckmadonna lfm Erfurter Dome,Merall sene Unerschlos-
ßenheit des Ukhäften, jenk dumpfe Statistik des einfachen
Seins und seiner notwendigsten Funktionen sins iros st
Auclio, ohne nechoös ;ugefpiytc Tempcramente und ohne
Täuschcn wir uns nicht darübcr, daß unseren Iungcn
solchc Zcichcnsprachc schwcr fällt. Sic sind längst vorher
gcdanklich übcrschult und gcgcn dic Ausdrucksbewegung
uncmpsindsam gcmacht. Das ist leidcr eine unbekannte,
abcr mit großcm Ersolg crrcichtc wirkung unserer Still-
Sitz-Schuic. Es ist nicht voll wahr, daß die Ausdrucks-
bcwcgung cin Sondcrgut der mittelländischcn Raffe ist.
Sie ist ja in unscrcr Runst crhcblich stärker vertrctcn als
in dcr italicnischcn und in dcr fran;ösischcn. wir findcn
stc manchmal ins Grotcskc gcsteigcrt beim Rlaffcnkaspar.
wcnn stch Aungen die große, cchtc Gestc der Hildes-
hcimcr Domtürcn, dcr Lhorschrankcn in Bamberg, VHaum-
burg, Halbcrstadt oder dcs Aohanncs vom Jsenheimer
Altar erhaltcn haben, dann stnd sic leidcr Ausnahmen,
dcren 2lrbcitsfrcudigkeit man besondcrs pflegen muß. Viel-
Icicht daß cinige von ihnen bis ;um durchseclten Ausdruck
dcr Gotik vorstoßcn. , / I.
wcnn ich hier so cindeutige parallelen ;u kunstgeschicht-
lichcn Epochcn ;iehe, so bitte ich ;u bedenken, daß es slch
nicht um wiedcrholung des äußcren Stils handeln kann,
sondern nur um die Art des Gehalts. Auch nicht UM den
Inhalt; der kann cin ;eitgemäßer srin. Sagen wir: Statt
Apostelstreit — SA.-Mann bringt einer alten Frau da»
Geschenk dcr winterhilfe.
Ehc stch dic Phasc dcr Ausdrucksbewegung und de» i«
dic Obcrfläche vcrlcgtcn innercn Ausdrucks voll au»ltde«
kann, drangt schon dcr wille ;ur bewußten Vkaturbetrach-
tung hecan. Er führt ;um Ranon, ;u drn proportio««UK
Aus Durchseclung macht er vorerst einmal Mimik. A«»
der beseeltcn Form wird die bcdachte Form: drr Natura.
lismus, aus dem erst drr gereifte Rünstler z«r wichre«
Beseeitheit ;urvckfindet. In dcr Luh (Abb. 4) stnb WH
ersten Ansätzc des Naturstudium» ;u findrn. Abtr r» hak
sich noch genügend Sinn für di« Grundwerte erhalten.
Sö etwa tst der V^g de» Av»deu<k^ Sinr-eäaü««« Mb«
grenzung der vexschiedcnrn Au»druck«haltunge« nach^
gängen und Landschaften wird kaum
wenn sich Gruppen hexau-stellen ließe«,
der Linfluß von Stadt oder Land, die
rassischen Anlagen, sowie die VrrschiedenhettHW
Entwicklungswrgr die Aufstellung eine«
dern. Am wrsentlichsten bleibt, der vsrzeittgrn
Lerechnung entgrgen zu arbeiten, und die natürliche
perliche Ausdrucksfähigkeit zu fördeen.
Rindgemäße Form.
W-
Dieser kind- und jugendgcmäfie Ausdruck verdunstet
lejder meist;u schnell, wenn die.Figuren etwas sein follen,
rtwaS bedeuten follen, etwas tun sollen, damit sie „ge-
dankenreich" wcrdcn. D«»n erhalten sic Tenden;, ver-
^ ^rrden unwahr. Es müßte in
. ^ . Mfe darum gehcn, die einfache, ül»er;eu-
nde A«»druckSbewegung ;u formen, nicht «l» Mache,
sondern aus echtnn Empfinden.
' - ----- '-.V - . .
An den Ausdruckswuchs schließt sich die Formentwick-
lung an, dcnn dic Form ist der Träger des Ausdrukk.
Schon die Umrißlinie eines Reliefs, einer lllsnplatte Ust si
entscheidend. Dann die Fragen: Einschneiden oder aufset-
;en, rund oder flach, groß odcr klein, glätten oder batzem.
Für das Rind sind das allerdings vorerst keine probleme.
Es handelt unbewußt nach dem alten, launischen Bild-
hauersatz: wo ;uviel ift, wegnchmcn; wo ;u wenig ist, auf-
setzen. Breite, tiefe Augenhöhlen sind ebenso selbstverständ-
lich wie das kräftige Vorspringen der Vlase. Der Münd
ist wie ein Rrater mit Randgebirgen. Das Haar wird
locker aufgebatzt. So geht es in natürlicher Lechnik ohne
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Ich habe diese Frei;ügigkeit am stärksten an der flächen
Tonplatte, die später in Gips gegossen werden soll, rrlebt.
In die im gan;en gleichbleibende Ebene des Gesichts sind
die plastischen Räume leicht ein;ufügen und behalten ihren
Grundwert. Ein Gesicht wird ;ur Landschaft, die abgewan-
dert werden kann. Und wenn dann nach dem Guß der ganze
knubbelige Ruchen in Gips vor uns liegt, scheint er sich
nach farbiger Ausstattung ;u sehnen. Es ;eigt sich, daß
die Farbe auf dem weißen, porösen Grunde tadellos steht,
und daß die Rindcr sie geschickt als Formcrgän;ung ver-
wenden. Häufig werden die Augen nur gemalt, ebenso
Haare und Zähne (Abb. 1). Das entspricht der kunst-
-- LSä