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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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21

meisterhaften Aqnarellstudien erstand der König, und sie
befinden sich jetzt im Besitz der Königin-Wittwe, aus deren
Mappen die jüngst auch an dieser Stelle besprockene Ber-
liner Aquarellenausstellung eine von dem Künstler selber
getroffene Auswahl zur Ansicht brachte. — Die große
Anzahl von Oelbildern, groß und klein, die erbeirastlosem
Schaffen in eiserner Beharrung und nie verminderter
Liebe zur Arbeit aus seinem Atelierhervorgehen ließ, kann
nicht im Einzelnen betrachtet werden.

Mit dem unermeßlichen Reichthum der schon gesam-
melten Anschauungen nicht zufrieden, verlangte er noch
mehr, noch größere Wunder der Schöpfung zu sehen,
und er rüstcte sich im Jahre 1862 zu seiner letzten, der
größten und gefahrvollsten Reise, der Weltumwanderung,
die er in zwei Jahren vollbrachte. Ileber Suez und Aden
nach Bombay, durch Vorder- und Hinterindien, durch die
östlichen Länder Asiens bis nach Japan hinauf, über deu
stillen Ocean, Kalifornien, Centralamerika und die Ver-
einigten Staaten ging sein Weg. Er selbst hat im Ver-
ein mit seincm humoristischen Freunde Ernst Kossak die
Erlebnisse seiner an Abenteuern reichen Reise nach seinen
Tagebüchern für das Feuilleton der Berlincr „Montags-
post" geschildert (des allgemeineren und dauernden Wer-
thes dieser unterhaltenden und lehrreichen Aufzeichnungen
wegen im vorigen Jahre, Berlin bei Otto Jancke, auch
als dreibändiges Buch herausgegeben).

Unmittelbar nach seiner Rückkehr veranstaltete Hilde-
brandt in Berlin eine Ausstellung von dreihundert ge-
sammelteu Aquarellstudien, die sich ungewöhnlichen Bei-
falles zu erfreuen hatten und, von einem Privatmanne er-
worbeu und in Paris und London ausgestellt, dort und
noch mehr hier einen wahren Sturm der Begeisterung
hervorriefen.*) Ein Mann wie Kinkel hielt es nicht für
uuwerth, sich zum Herolde ihrer Vortrefslickkeit zumachen.
Hildebrandt's künstlerisches Jntereffe hatte sich immer mehr
auf die Lichtwirkungen und Farbenspiele auffallender und
außergewöhnlicher Naturerscheinungen koncentrirt und
ihnen zu Liebe alles Detail der Formenwelt aufgeopfert.

So lag der Schwerpuukt auch bei den nach jenen letz-
ten Studien gemalten Stafseleibildern in den wunderbaren
Lichtschauspielen, in deren Darstellung er vor keiner schein-
baren Unmöglichkcit der Lösung zurückschreckte, uud die
er mit staunenswerther Technik und uneingeschränkter Be-
herrschung der modernen Kunstmittel zur Erscheinung
brachte. Dieser Art sind die ihrer Zeit besprockenen Pen-
dants „Benares am Ganges im Frühlicht" und „Sonuen-
uutergang am Chom-Phya-Flusse" (beim Konsul Caro
inBerlin); alsdann „ein heiliger See inBirma"; endlich
die drei Bilder der gegenwärtigen Berliner Kunstausstel-
lung: die Pendants „ein Sonnenblick auf Jersey" und
„ein Abend auf Ceylon" (dem vr. Strousberg in Berlin
gehörig), zwei der schönsten Schöpfungen seines Pinsels,
namentlich das Erstere von jenen Eigenschaften frei, die
so häusig die Kritik selbst in herber Weise gegen die Extra-
vaganzen in Hildebrandt's Kunstrichtnng in die Schranken
gerufen haben; — uud sein letztes vollendetes Werk
„unterm Aequator". Die in Berlin versammelte Kunst-
genossenschast wollte dem Verblichenen dadurch eine Hul-

Eine Auswahl von 24 dieser Aquarellen in chromo-
litbographischer Darstellung von R. Steinbock sollen bei R.
Wagner in Berlin erschcinen. Die 6 ersten Blatt in meister-
hafter Ausführung (Liefg. I. ä 18 Tblr.) sind bereits aus-
gegeben.

digung darbringen, daß sie diese letzten Werke seiner Hand
mit Trauerflören und Lorbeerkränzen dekorirte, wonach
selbst in den Zeitungen eine sehr berechtigte Stimme allso-
bäld verlangt hatte. Jndesseu der mit der Wahrnehmung
der Geschäfte eines Vicedirektors (bekanntlich besitzt die
Akademie seit Jahren uicht einmal einen solchen!) beauf-
tragte Professor Daege verhinderte und verbot dies, und
erst im Ministerium mußte erwirkt werden, was jedem
gesund Empfindenden Bedürfniß schien. — Noch wurde
alsbald von einem unfertig hinterlassenen Bilde berichtet,
welches einen über einem See aus düsteren Wolken her-
vorbrechenden Regenbogen darstellt und wie ein Friedens-
gruß aus dem Jenseits über seinem Sarge leuchtste.
Dasselbe ist gegenwärtig hier ansgestellt. — Wir zählen
diese Hauptbilder der letztvergangenen Jahre auf, weil sie
als Zeugen der rcifsten Kunst des Meisters vor all seinen
anderen Werken von Wichtigkeit bleibcn.

Die Strapazen und Entbehrungen so vieler Reisen
seitab von den bequemen Wegen der Civilisation, die An-
strengungen einer unermüdeten, und bei stets auf's Aeu-
ßerste angespannter Phantasie aufreibenden künstlerischen
Thätigkeit, die Aufregungen eines ausgebreiteten Ver-
kehrs, dem der gefeierte Künstler und der an geselligen
Eigenschaften selten reiche Mensch sich nicht entziehen
konnte und wollte, hatten allmählich seine ursprünglich
harte Gesundheit erschüttert. Schon vor seiner letzten
Reise hatte ihn ein heftiges Nervenleiden befallen. Jetzt
warf ihn ein Gelenkrhemnatismus, mit dem sich ein Ner-
venfieber verband, auf sein letztes Krankenlager, wo danu
ein hinzugetretener Gehirnschlag seinem Leben nach kaum
vollendetem einundfünfzigsten Lebensjahre ein Ende machte.

Die Leiche wurde nach Stettin befördert, wo von bem
Hause des Bruders aus am Freitag den 30. Oktober
unter allgemeiner Theilnahme und mit großem Geleit
die Bestattung erfolgt ist. Der Verein der Berliner
Künstler und die deutsche Kunstgenossenschaft waren dabei
durch Deputationen vertreten. B. M.

Heinrich Brandes, Galerie-Jnspektor desHerzogl.
Museums und Professor der zeichncnden Künste am Col-
legium Carolinum zu Braunschweig, welcher daselbst am
6. Oktober starb, ward in dem braunschweigischen Dorfc
Bortfeld im Jahre 1803 geboren. Seine erste Jugend-
bildung erhielt er in einem herrnhutischen Jnstitute zu
Ebersdorf im Voigtlande, dann kam er nach Braunschweig,
wo er unter Leitung des begabten, tüchtigen Fr. Barthel
in dcr Stobwasser'schen Maleranstalt die ersten Anfangs-
gründe der Malerei crlernte. Um sich in der von ihm mit
Lust und Talent betriebenen Kunst zu vervollkommnen,
besuchte Br. im I. 1823—25 die Akademie in München.
Hier widmete cr sich unter Cornelius anfangs der Hi-
storien-, nachher der Landschaftsmalerei, und lebte nach
Abgang von der Akademie noch fünf Iahre in München,
von wo aus er meistens in den Tiroler Bergen seine
Studien machte. Durch seine Bilder aus dem bayrischen
Hochgebirge, die durch poetische Auffafsung, großartige
Anordnung und wirkungsvolles Kolorit allgemeine Aner-
kennung hervorriefen, erlangte Br. bald den Nuf als
einer der ersten Landsckaftsmaler der Münchener Schule.
Nachdem er seiner künstlerischeu Ausbildung wegen
Deutschland bereist hatte, ging Br. in den Jahren 1830
und 1831 nach Jtalien, wo er sich längere Zcit in Rom
aufhielt und hier seine Natur- und Kunstanschauung aufs
Wesentlichste bereicherte. Nach der Rückkehr ins Vaterland
 
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