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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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Vom Christmarkt
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26

den Smn kommen, aber selbst gegen Tony Johannot
gestellt zu werden, verdient der Letztere nicht; auch der hat
den bornirten Enthusiasmus, den Sparren des scharf-
sinnigen Junkers und die Dummpfiffigkeit Sancho's viel
glücklicher getroffen, während bei Dors sich endlich die
ganze Charakteristik auf die Länge und Hagerkeit bei dem
Einen und die Kürze und Plumpheit bei dem Anderu be-
schränkt.

Kein stärkerer Gegensatz ist denkbar als zwischen den
französischen Modebildern zur Bibel und den neuen Zeich-
nungen zu demselben Texte, welche deutsche Meister haben
im Verlage von Alphons Dürr in Leipzig erscheinen lassen:
„Die Gleichnisse des Herrn, nach den Worten der
Schrift" und „Die biblische Geschichte nach den
Worten der heiligen Schrift." Die erstere Publikation

gearbeitet, nur sind für Wislicenus: Diethe und Elster
eingetrcten. Da ist die Würde und der Ernst, die dem
Gegenstande geziemen, strenge, stilvolle Zeichnung nnd
— in dem letzteren Werke — Berücksichtigung des Ma-
terials, für welches gearbeitet wurde. Hier und da be-
geguen wir allerdings einem zu ängstlichen Studium der
alten deutschen Holzschnitte bis zur Nachahmung der steifen
und eckigen Bewegungeu, der unnatürlich gestreckten Glie-
der, der brüchigen Falten. Jndessen bilden solche Ka-
pricen nur Ausnahmen und können nns den Genuß am
Ganzen so wenig trüben wie die verschnörkelte Schrift auf
dem Titelblatte. Eine Zeichnung aus der „Biblischen
Geschichte" möge als Probe diencn für die klassische Be-
arbeitung des Holzschnittes.

Zu dessen Geschichte liefert einen sehr intereffanten

Lot's A lszlig cms sodom. -.>Uls der ,,Biblischen Geschichte". Leipzig, A. Dürr.

bringt sechzehn Blätter nach Jul. Schnorr, Führich,
Grosse, Jäger, Nieper, Seitz, Wislicenus in
Photolithographie, außerdem Jnitialen und Schlußvignet-
ten, von welchen dieser Aufsatz je eine Probe liefert. Die
noch so junge Technik der Uebertragung des Lichtbildes
auf den Stein bewährt sich hier auf's Schönjte und ver-
spricht Unschätzbares für die Zukunft. Welch ein Gewinn,
wenn die Handzeichnung, in welcher das Genie desKünst-
lers den unmittelbarsten Ausdruck gefunden hat, ohne
Dazwischenkunft einer fremden Hand und „ohne den Ab-
fall, welchender widerstrebende Stoffnnvermeidlich macht",
sich vervielfältigen läßt, und ohne daß wir befürchten müß-
ten, das Bild über kurz oder lang erblaffen und ver-
schwinden zu sehen! An der Ausschmückung der „Bibli-
ichen Geschichte" hat im Wesentlicheu derselbe Künstlerkreis

Beitrag die Sammlung Richter'scher Zeichnungen, wslche
gewiffermaßen als Supplement zum allbekannten „Rickter-
Album" bei Otto Wigand in Leipzig schon in dritter Auf-
lage uuter dem Titel „202 Holzschnitte nach Zeich-
nungen von Ludwig Nichter" erschienen ist. Otto
Wigand war, wenu wir nicht irren, derjenige, welcher vor
nunmehr dreißig Jahren in dem Landschaftsmaler Nichter
den Zeichner für den Holzschnitt erkannte und ihm Gele-
genheit bot, das besondere Talent auszubilden. Die von
Wigand herausgegebenen, von Oswald Marbach bearbei-
teten „Volksbücher" sind längst von den Editionen Sim-
rock's, welche philologischen, und Schwab's, welche päda-
gogischenAnforderungen in höheremGrade gerecht wurden,
verdrängt worden; aber die Zeichnungen Richter's zu den-
selben verdienen nicht, mit ihnen in Vergessenheit zu gera-
 
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