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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 4.1869

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Der Gesetzentwurf für den Norddeutschen Bund betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.4914#0069

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Stimmurig als auch in der Zeichnung vortrefslich. Das
eine derselben zeigt uns einen Smnpf. Schilf nnd
hohes Gras werden vom Stnrme gepeitscht. Es regnet.
Durch die dichten Wolken, welche den ganzen Bordergrund
tief beschatten, bricht ein Sonnenstrahl, der einen Hngel
und ein Feld im Hintergrunde scharf beleuchtet. Der
Lichteffekt ist außerordentlich schön. Fast ebenso gelungen
ist dem Künstler ein drittes Gemälde: „Eine Küstenland-
schaft". — Professor Bogoljubow, derdurch seineSee-
stücke auch in Deutschland rühmlich bekaunt ist, hatte eine
Ansicht Palermo'ssowie einedes goldenen Horns geliefert.
Die gewandte Darstellungsart, die man an diesem Künstler
gcwohnt ist, macht sich auch hier wieder in angenehmer
Weise geltend; doch sind diese beiden Bilder nicht gcrade
hervorragende Leistungen. — Einen „Fichtenwald" von
Schhschkin möchte ich wegen der naturwahren Schilde-
rung noch erwähnen.

Einige nicht nble Landschaften in Aqnarell hatten
Wereschlagin und Willie geliefert. Hierherrechne ich
namentlich mehrere italienische Landschaften des Ersteren
und einige Städtebilder des Letzteren ans Belgien und von
der Mosel. Die Ansichten des Heidelberger Schlosses von
demselben Künstler sind zwar in der Zeichnung treu, in
der Farbe aber durchaus verfehlt, ja geradezu schmutzig.

Von den sehr wenigen geschichtlichen Bildern nenne
ich: Jacobi's „Kardinalvon Guise", demdas Haupt des
in der BartholomäuSnacht ermordeten Admirals Coligny
gebracht wird. Jn eleganter, etwas theatralischer Haltnng
sitzt der Kardinal da. Vor ihm liegt der Rosenkranz. Mit
mephistophelisch triumphirender Miene schaut er daS Hanpt
seines Freundes an, das ihm ein Krieger soeben in einer
Schatülle abgeliefert hat. Die Komposition des Bildes ist
besser als die etwas flüchtige Ausführnng; eine gewisse
Effekthascherei, die sich namentlich in der grellen Be-
leuchtung kundthnt, schadet dem Bilde entschieden. Viel
gediegener ist H uh n's: „Am Vorabend der Bartholomäus-
nacht". Ein alter Mann in adeliger Tracht näht mit
zitternder Hand das weiße Kreuz an seinen Hut. Dieses
ist das ärmliche Süjet des Gemäldes. Die Ausführnng
aber läßt nichts zu wünschen übrig; Zimmerdekoration
und Kostüm sind historisch treu, die Zeichnnng ist durch-
aus korrekt, die Aufregung und Hast, die sich im Gesichte
und der ganzen Stellnng des Alten ansspricht, ist mit
außerordentlicher Lebhaftigkeit geschildert. Die Farben
zeugen von feinem Geschmack, wie die ganze höchst sorg-
fältige Ausführung von gediegenem Fleiße des Künstlers.
Kurz, es ist ein vortreffliches historisches Genrebild, und
war das am besten gemalte Stllck der ganzen Ausstellnng.
„DerFalkenier" ausdem 17.Jahrh., von Litowschenko
ist eine fleißige Kostumstndie. Auch die Gestalt des jnngen
Mannes ist ansprechend und gnt gemalt. Von ähnlichem
Jnteresse sind die Bilder von Schwarz: ein Eilbote
aus dem 16. Jahrhundert, ein Strelitze und ein Wall-

fahrtszug des Zaaren" (! 7. Jahrh.). Alles nicht eigent-
lich historische Bilder. Ein positives geschichtliches Thema
fehlt ihnen. Es ist, streng genommen, nichts weiter als
historischer Hintergrnnd, Kostüm, Dekorativn, es sind
i gleichsam nur Vorstudien zu einem geschichtlichen Ge-
mälde aus jener Zeit, allerdings aber sehr gründliche
und ausg^ührte Stndien. Auch die vortrefslichen Feder-
zeichnungen von der Hand desselben Künstlers: eine Fal-
keujagd Jwan's deS Schrecklichen und eine Verlobungs-
scene aus jener Zeit, gehören hierher. Auf dem ersteren
Bilde ist es dem Künstler gelungen, den Charakter jenes
grausen Tyranuen, der in den letzten Jahren so vielfach
der geschichtlichen Forschung und der künstlerischen und
poetischen Darstellung znm Gegeustande gedient hat, mit
wenigen Zügen treffend anzudeuten. Ein weiteres histo-
risches Genrestück ist das Gemälde Makowski's: „Aus
dem Leben der Bojaren am Ende dcs 17. Jahrhunderts".
Eine hübsche, schüchtern zu Boden blickende Bojaren-
tochter reicht einem stattlichen Mann einen BecherWeines.
Es ist Leben nnd Frische in der Darstellung.

DiediesjährigenKonkurrenzarbeiten, denen„Diogenes,
der seine Schale zerbricht, da er einen Knaben mit der hohlen
Hand Wasser schöpfeu sieht" und „der verlorene Sohn" als
Themata zu Grunde lagen, haben zukeinen nennenswerthen
Leistnngen geführt. — Eine ruhende Bacchantin von
Tutrjumow machte sich durch guteZeichnnng wie durch
warmes Kolorit bemerkbar. — Unter der verhälnißmäßig
sehr bedeutenden Anzahl von Portraits waren neben vielen
unbedeutendeu Leistnugen uianche gelungene Stücke, doch
nichtS geradezn Hervorragendes, so daß ich diesen Theil
der Ausstellnng mit' Stillschweigen übergehen kann.

Die Abtheilung siir Sknlptnr war hanptsächlich dnrch
! Lawretzky, Brodsky und Kamensky vertreten. Law-
retzky hatte eine allerliebste Kiudergruppe in Marmor
geliefert: ein Knabe zeigt der jüngeren Schwester einen
Vogel, den er in der Hand hält. Beide Kinder sind
nackt. Es ist ein idealer Zug — bekanntlich eine Selteu-
heit bei rnssischen Künstlern — in der Darstellung. Unter
den Brodsky'schen Bildwerken zeichnete sich ein Amor,
welcher der Unschnld (einem schönen Mädcheu) von Liebe
flüstert, dnrch sorgfältige AuSführnng (in Marmor) aus.
Ein Grabdenkmal, einen Engel der Hoffnung darstellend,
von demselben Künstler, ebenfalls in Marmor, schön ge-
arbeitet, ist oberflächlich nnd nianierirt. Kamensky hatte
den vom hiesigen Pnblikum natürlich mit großcr Aner-
kennung aufgenomuienen Versnch gemacht, ein gauz reali-
stisches Werk zu schafsen. Eine jnnge Mutter, iu cin cin-
faches Tuch gehüllt, das über der Brust mit einer Nadel
znsainmengesteckt ist nnd keiuerlei malerische Falten zuläßt,
sieht auf das anf ihren Knien schlafende Kind herab. All-
gemein ward die Einfachheit der Darstellung und der tief
wehmüthige Ausdruck im Gesichte der jungen Mutter ge-
rühmt. Mir scheint, die Leistung werde der so beliebten
 
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